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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Attar - Attentat.

Attar, s. v. w. Rosenöl.

Attâr, Ferîdeddín, einer der größten mystischen Dichter (Sufi) der Perser, wurde in einem Dorf bei Nischapur 1119 n. Chr. geboren. Sein Vater war Gewürzkrämer, und der Sohn wählte denselben Beruf (daher sein Beiname A., "Gewürzkrämer"); doch begann er bereits zu dichten und trieb nur vorübergehend medizinische Studien, um sich dann vollständig der Poesie und der Mystik zu widmen. Nach einer fruchtbaren litterarischen Thätigkeit und mannigfaltigem Verkehr mit mystischen Theologen und Dichtern soll er in sehr hohem Alter bei Dschengischans Andringen (etwa 1230) erschlagen worden sein. Von seinen zahlreichen vorwiegend poetischen Schriften, durchweg theosophischen Inhalts, sind viele frühzeitig verloren gegangen. Unter den erhaltenen sind die wichtigsten: das "Dschewâhir nâme" ("Das Buch von den Wesenheiten") oder "Dschewâhir el-dsât" ("Die Wesenheiten des Seins") in Reimpaaren; das "Mantik et-tair" ("Vogelgespräch"), 1184-87 verfaßt, ebenfalls in Reimpaaren, lehrhafte Geschichten, welche Vögel einander erzählen (herausgegeben und ins Französische übersetzt von Garcin de Tassy, Par. 1863); endlich das "Pend-nâme" ("Buch des Rats"), eine Reihe von kürzern Lehrgedichten und Reimsprüchen (herausgegeben und erläutert von Silvestre de Sacy, mit franz. Übersetzung, Par. 1819; deutsch von Nesselmann, Königsb. 1871). A. zeichnet sich durch Besonnenheit und Ruhe des Stils vor den übrigen mystischen Dichtern der Perser aus. Vgl. Persische Litteratur.

Attavánte, Marco, ital. Maler, geb. 1452 zu Florenz, war seit 1476 in der Ausführung von Miniaturmalereien in Bibeln, Meß- und Evangelienbüchern, Antiphonarien und Manuskripten klassischer Autoren für den Herzog Federigo von Urbino, für die Mediceer, den Dom von Florenz und besonders für König Matthias Corvinus von Ungarn thätig. Er komponierte seine Randverzierungen, Kopfleisten, Initialen etc. mit einem großen Aufwand von Phantasie und Geschmack im Geiste der Frührenaissance und gab ihnen durch Einfügung von Nachbildungen antiker Gemmen, Büsten, Statuen, Edelsteine und von allerlei Tiergestalten einen großen malerischen und stofflichen Reiz. Seine Hauptwerke sind: Meßbuch in der Bibliothek zu Brüssel (1485-87), Handschrift des Marcianus Capella (Markusbibliothek in Venedig), Bibel in der Bibliothek des Vatikans, Bibel von sieben Bänden im Kloster Belem in Portugal. Auch werden ihm drei Manuskripte der Hamiltonschen Sammlung in Berlin zugeschrieben. Er lebte noch 1508.

Attelage (franz., spr. att'lahsch, "Bespannung"), Geschirr- und Gespannwesen der Artillerie.

Attemperātor (neulat., "Mäßiger"), in Bierbrauereien eine Vorrichtung zur Erhitzung der Maische durch Dampf, auch Wärmer genannt.

Attemporieren (lat.), sich in die Zeit, die Umstände schicken, seine Zeit abwarten.

Attemstetter, Andreas, Goldschmied, aus Friesland gebürtig, trat nach längerm Aufenthalt in Italien in den Dienst der Herzöge von Bayern, war zuerst in Friedberg (Oberbayern) und seit 1581 in Augsburg thätig, wo er 1591 starb. Er wurde als Wachsbossierer und Treibarbeiter sehr gerühmt. - Sein Sohn David arbeitete von 1592 bis 1598 neun silberne Kruzifixe für die bayrischen Fürsten, führte 1601 die Silberarbeiten an dem Münchener und später an dem pommerschen Kunstschrank (jetzt in Berlin) aus und siedelte dann nach Prag über, wo er 1610 Kammergoldschmied des Kaisers Rudolf II. wurde. In der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien befindet sich das silberne, mit Email verzierte Gehäuse einer Standuhr mit seiner Marke D. A. F(ecit). Auch wird ihm die sogen. habsburgische Hauskrone (ebendaselbst) zugeschrieben. Besonders geschätzt waren seine schönen, durchsichtigen Emailarbeiten auf Gold und Silber.

Attendorn, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Olpe, an der Bigge (255 m ü. M.) und der Linie Finnentrop-Rothemühle der Preußischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, ein Progymnasium und (1880) 2244 kath. Einwohner, welche Messinggußwaren- und Lederfabrikation treiben. In der Nähe das Fürstenbergsche Schloß Schnellenberg. A. kam nach dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180 an Kurköln, trat dann der Hansa bei, ging aber besonders im 16. Jahrh. in seinem Handel sehr zurück.

Attenénz (lat.), Zubehör.

Attént (lat.), achtsam, aufmerksam. Attention (franz.), Aufmerksamkeit, Achtsamkeit.

Attentāt (lat.), Versuch einer gesetzwidrigen Handlung, insbesondere der Angriff auf das Leben eines Regenten oder einer sonstigen hervorragenden Persönlichkeit. Ein von einem Unterthanen gegen das Oberhaupt des Staats gerichtetes A. wird als Hochverrat bestraft. Übrigens bezeichnet man im gewöhnlichen Leben mit dem Wort A. auch die wirkliche Ermordung einer politischen Persönlichkeit. Politische Morde sind schon im Altertum öfters vorgekommen und wurden, wie die Ermordung des Hipparchos durch Harmodios und Aristogeiton in Athen, oft als Heldenthaten hoch gefeiert; doch gingen die Ermordungen von Monarchen und Regenten im Altertum gleichwie im Mittelalter meistens aus den persönlichen Motiven der Herrschsucht, des Eigennutzes oder der Rachsucht hervor, so auch die Ermordungen zweier deutscher Könige, Philipps von Schwaben durch Otto von Wittelsbach (1208) und Albrechts I. durch Johann Parricida (1308). Mordthaten zum Zweck der Vernichtung des Vertreters einer großen Idee oder Institution durch überspannte, fanatisierte Menschen kommen zuerst in der Zeit der erbitterten Religionskämpfe des 16. und 17. Jahrh. und zwar von seiten der katholischen Partei vor; außer den verschiedenen Mordanfällen auf die Königin Elisabeth von England sind hier namentlich die Ermordung Wilhelms von Oranien durch Balthasar Gérard (1584), Heinrichs III. durch Jacques Element (1589) und Heinrichs IV. durch Franz Ravaillac (1610), ferner die Pulververschwörung des Guy Fawkes in London (1605) zu nennen. Im 18. Jahrh. erregten besonders das A. Damiens' auf Ludwig XV. von Frankreich (1757) und die Ermordung Gustavs III. von Schweden durch Anckarström (1792) Aufsehen. Reich an Morden und Mordversuchen aus politischem Fanatismus, mitunter aber auch bloß aus an Verrücktheit grenzender Eitelkeit und Überspanntheit ist das 19. Jahrh. So geschahen in Frankreich 24. Dez. 1800 das Höllenmaschinenattentat gegen den Ersten Konsul Napoleon, auf den in Schönbrunn 1809 auch ein junger Deutscher, Staps, einen Mordversuch machte; 13. Febr. 1820 die Ermordung des Herzogs von Berry durch Louvel; sieben Attentate gegen Ludwig Philipp, namentlich 28. Juli 1835 das von Fieschi mittels der Höllenmaschine, bei dem 14 Menschen, darunter der Marschall Mortier, umkamen; 28. April 1855 das A. Pianoris, 8. Sept. 1855 das Bellemares, 14. Jan. 1858 das der Italiener Orsini, Rudio und Pieri gegen Napoleon III.,