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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Attila; Attila, kurzer

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Attila.

pentin; beim Vorgebirge Kolias, unweit Phaleron, grub man die feinste Töpfererde. Ein zu architektonischem Gebrauch vorzüglich geeigneter Kalkstein von blauer Farbe brach bei Eleusis; den größten Schatz aber barg das neuerdings oft genannte Lauriongebirge (s. d.) in seinen Silber- und Bleigruben, deren alte Schlacken gegenwärtig mit großem Gewinn von neuem verschmolzen werden. Die Bewohner Attikas zeichneten sich durch schlankere Gestalt, feinere Sinne und größere Beweglichkeit vor andern Stämmen Griechenlands aus. Die Bodenkultur ward mit größter Sorgfalt und Kunst gepflegt; doch konnte das kleine Land die unverhältnismäßig starke Bevölkerung (17,000 Menschen auf 1 QM.) nur mit Beihilfe einer Einfuhr von fast 1 Mill. Medimnen (à 51,5 Lit.) ernähren. Von besonderer Vortrefflichkeit waren Attikas Baumfrüchte, namentlich die Oliven und Feigen. Der attische Wein war nicht vorzüglich, desto köstlicher der Honig vom Hymettos. Das Tierreich lieferte besonders Wolle und Käse. Die Zucht von Ziegen und Schafen war im Hochland bedeutend; Pferde wurden in A. wenig, Esel und Maultiere in großer Anzahl gehalten. Reichen Gewinn gewährte die Fischerei entlang der buchtigen Küste des Landes. Unter dem Geflügel werden Rebhühner und Frankoline gerühmt. Eber- und Bärenjagden wurden auf dem Parnes abgehalten, und auf die Erlegung eines Wolfs war noch in den Solonischen Gesetzen ein Preis von 5 Drachmen gesetzt. Die tiefen Buchten und Ankerplätze weckten frühzeitig die Bewohner Attikas und der nahen Inseln zu Schiffahrt und Handel; der Hafen des Piräeus, der Athens Handelsschiffe wie seine starke Seemacht barg, war einer der belebtesten Seeplätze der Alten Welt. Auch die Industrie Attikas war ansehnlich, namentlich in Wollenstoffen, kunstreich bemalten Thongefäßen und Metallwaren, obschon die Gewerbe nur von armen Bürgern, fremden Ansässigen (Metöken) und Sklaven betrieben wurden.

Das alte A. zerfiel in Demen, d. h. Gemeinden mit abgesonderten Gebieten. Ihre Zahl war wechselnd und betrug in römischer Zeit über 170; von etwa 160 sind uns die Namen erhalten. Meist entsprachen den Demen zusammengebaute Dorfschaften, doch nicht immer, da einzelne Demen im Gebirge über große Räume sich ausbreiteten (vgl. Athen, Geschichte). Jeder Bürger war zugleich Mitglied eines Demos und in dessen Listen eingetragen, obgleich es nicht nötig war, in dem Demos, zu dem man gehörte, zu wohnen. Mehrere Demen, die nicht durchweg räumlich zusammenlagen, bildeten eine Phyle (Stamm), deren es anfänglich 4, seit Kleisthenes (um 510) bis 307 v. Chr. 10, später 12, zuletzt 13 gab. Die ältern 10 Phylen sind: Erechtheis, Ägeis, Pandionis, Leontis, Akamantis, Öneis, Kekropis, Hippothoontis, Äantis und Antiochis. Zu diesen kamen später die 2 Phylen Antigonis und Demetrias (nachher Ptolemais und Attalis genannt), endlich als 13. Phyle Hadrianis, welche die Inseln Attikas umfaßte. Hauptstadt war Athen. Nennenswerte andre Städte waren: Eleusis, Rhamnus mit dem Tempel der Nemesis, das schlachtenberühmte Marathon, Alopeke, der Geburtsort des Sokrates. Von den Inseln an Attikas Küste sind die bedeutendsten: Salamis, dem Piräeus gegenüber, die Patroklosinsel (jetzt Gaidaronisi), an der Südspitze, Belbina (jetzt Hagios Georgios), am Eingang des Saronischen Meerbusens, und Helena (jetzt Makronisi), an der Südostküste.

Die ältere Geschichte von A. s. unter Athen. Im heutigen Königreich Griechenland bildet A. mit Böotien einen Nomos, welcher auf 6426 qkm (nach neuerer Berechnung 6306 qkm = 116 QM.) (1879) 185,364 (1870 erst 136,804) Einw. zählt. Das Land ist gegenwärtig weniger fruchtbar als im Altertum, teils wegen Mangels guter Bebauung, teils wegen der Zerstörung der Wälder, infolge deren dem Boden die nötige Feuchtigkeit fehlt und die kleinen Flüsse noch weniger Wasser enthalten als ehemals. Dazu kommt, daß bei den Landbauern in A. die landwirtschaftlichen Verbesserungen und Erfindungen der Neuzeit trotz der Ackerbauschule bei Athen noch wenig Eingang gesunden haben. Das Klima aber ist noch heute gemäßigt und gesund, und die Oliven, Feigen und der Honig Attikas sind noch so vorzüglich wie ehedem. Vgl. Bursian, Geographie von Griechenland, Bd. 1 (Leipz. 1862); die von der Association littéraire Parnasse herausgegebene "Description physique d'Attique" (Athen 1884 ff.); Curtius, Erläuternder Text der sieben Karten zur Topographie von Athen (Gotha 1868); Curtius u. Kaupert, Karten von A. (aufgenommen von Offizieren des preußischen Generalstabs, Berl. 1881 ff.).

Attila, kurzer, mit Schnüren besetzter Husarenrock.

Attila (Etzel, genannt Godegisel, "Gottes Geißel"), König der Hunnen, Sohn Mundzuks, folgte 433 n. Chr. mit seinem Bruder Bleda seinem Oheim Rugilas als Häuptling der Hunnen und ermordete 445 Bleda, worauf er durch Eroberungszüge sein Reich zu einem Weltreich vergrößerte. Von kurzer, gedrungener Gestalt, dunkler Gesichtsfarbe, mit tief liegenden, kleinen Augen, flacher Nase und spärlichen Barthaaren, machte er doch durch seinen stolzen Schritt und seine strengen Mienen einen imponierenden Eindruck. Trotz seiner Wildheit zeigte er Würde, Ernst und Gerechtigkeitssinn und erschien nicht bloß seinem Volk, sondern auch den fremden Völkern als ein gewaltiger Herrscher, dem sie sich bereitwillig unterordneten. So bildete A. einen gewaltigen Völkerbund, dem die Ostgoten, Gepiden, Thüringer, Heruler, Turvilinger, Rugier, Chasaren u. a. angehörten. Seine Residenz lag in Oberungarn unweit Tokay. Am meisten bedrohte A. zunächst Ostrom. Er erzwang vom Kaiser Theodosius II. die Erhöhung des Tributs von 350 auf 700 Pf. Gold, brachte denselben durch Drohungen schließlich auf das Zehnfache und unterwarf das jenseitige Ufer der untern Donau. Er verwüstete Mösien, Thrakien, Illyricum und dehnte seine Streifzüge bis in die Nähe von Konstantinopel aus. Ostrom erkaufte 447 den Frieden um 2100 Pfd. Gold jährlichen Tribut, zahlte rückständige 6000 Pfd. und räumte das Süddonauland den Hunnen ein. Zwar wurde nach des Theodosius Tode durch die Kaiserin Pulcheria und ihren Gemahl Marcian der Tribut verweigert, aber A. sah sich eben durch die Zurückweisung seiner Werbung um Honoria, die Schwester des weströmischen Kaisers Valentinian III., und durch das Bündnis Westroms mit dem Westgotenkönig Theoderich I. veranlaßt, sich nach Westen zu wenden (450). Mit 500,000 Kriegern durchzog A. unter Mord und Brand Deutschland bis zum Rhein. Bei der Mündung des Neckar setzte er über den Rhein, zerstörte eine Reihe von Städten, wie Trier, Metz, Arras u. a., und bedrohte Orléans, als Aëtius, der Feldherr des Kaisers Valentinian, und der Westgotenkönig Theoderich der Stadt zu Hilfe kamen, worauf A. die Belagerung aufhob und in der weiten Katalaunischen Ebene bei Troyes Stellung nahm. Hier standen (im Herbst 451) die Krieger von der Wolga bis zum Atlantischen Ozean einander gegenüber, und hier kam es zu der riesigen und mörderischen Völkerschlacht. Das Vordringen der Hunnen wurde durch