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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Attische Philosophie; Attitüde; Attius; Attizismus; Attleborough; Attok; Attorney

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Attische Philosophie - Attorney.

Eckwarzen, der letztere unterschneidet die Hohlkehle und gibt den Wülsten schärfere, bisweilen kantige, Profile.

Attische Philosophie, die seit Anaxagoras und besonders seit Sokrates in Athen blühende Philosophie, welcher Platon, Aristoteles, Antisthenes, Aristippos u. a. angehören.

Attitüde (franz.), Haltung, Stellung oder Lage menschlicher Figuren, in künstlerischem Sinn zur Andeutung eines bedeutungsvollen Seelenzustands oder Lebensmoments gewählt, daher für die bildende Kunst (Bildhauerei wie Malerei) von Wichtigkeit. Der günstige Effekt einer glücklich getroffenen A. veranlaßte neuere dramatische Künstler zu dem Versuch, die A. in Darstellung sogen. lebender Bilder (tableaux vivants, s. d.) zu noch selbständigem Kunstakt zu erheben. Die bekannte Lady Hamilton (s. d.) war es zunächst, die zu Ende des vorigen Jahrhunderts das ihr eigentümliche Talent, lebende Personen zu kopieren, bei ihrem Aufenthalt in Italien auf die Nachbildung der Antiken anwendete und bald nachher auch in Deutschland, Frankreich und England öffentliche pantomimische Darstellungen antiker Statuen veranstaltete, welche die allgemeinste Bewunderung erregten. Den artistischen Erfolg machte sie so ausschließlich von der A. abhängig, daß selbst das Material ihres Anzugs zu den verschiedensten Darstellungen wesentlich immer dasselbe war: eine lange, mit einem Band einfach über der Brust zusammengeknüpfte Tunika und ein darübergeworfener Shawl, mit welchem sie alle erforderlichen Bekleidungen und Faltenwürfe leicht hervorbrachte. Ihre Darstellungen wurden in Deutschland von Friedr. Rehberg gezeichnet, von Draggendorf lithographiert und von Rud. Marggraff in München mit Text versehen. Vielfach erhöht und erweitert ward diese Kunsterfindung durch die deutsche Schauspielerin Händel-Schütz (s. d.), welche durch Rehbergs Zeichnungen in Frankfurt angeregt wurde, ihr Nachahmungstalent auf diese belebte Plastik zu richten. Ein gewandter, schön gebauter Körper, eine feine Beobachtung- und eine echt künstlerische Erfindungsgabe vereinigten sich in dieser Darstellerin, um das Höchste in diesem Kunstzweig zu leisten. Die Händel-Schütz blieb nicht bei Nachbildungen einzelner Statuen und Gemäldestehen, sie suchte vielmehr in ganzen Reihen von Attitüden wechselnde Handlung und verschiedene Momente der Leidenschaft zur Anschauung zu bringen. Dabei besaß sie das noch größere Talent, poetische Attitüden zu erfinden und in dem angemessenen Stil darzustellen, so daß sie sowohl in Hinsicht auf Idealität als an Reichtum der Charaktere und Gestalten und in der Kenntnis der moralischen Wirkung, welche sie durch große Leichtigkeit in Handhabung der Gewänder und Anordnung einer sehr passenden Beleuchtung überall an den Tag legte, ihre Vorgängerin weit übertraf. Auch ihre Attitüden sind, obwohl nicht immer glücklich, von Peroux und Ritter (Frankf. a. M. 1809) gezeichnet und gestochen, einige auch in dem Taschenbuch "Urania" für 1812 nachgebildet und von Falk lehrreich besprochen worden. Weniger Glück hat Elise Bürger in Darstellungen dieser Art gehabt; Vortreffliches leistete dagegen Sophie Schröder. Unter den männlichen Künstlern erlangte der in Amerika verstorbene Seckendorf, genannt Patrick Peale, welcher zugleich Vorlesungen über seine Darstellungen hielt, großen Ruf. Dann sind Professor Keller und Rappo in Berlin auf den Gedanken gekommen, mit einer eignen Gesellschaft öffentliche Vorstellungen in der Nachahmung plastischer Kunstwerke zu geben, und haben damit einen großen, wenn auch keineswegs rein künstlerischen Erfolg erzielt; denn es wurde hierbei das sinnliche Element über Gebühr kultiviert. Sie haben bis jetzt zahlreiche Nachahmer gefunden, welche aus dem ganzen Genre eine niedrige Spekulation auf den sinnlichen Reiz gemacht haben. - Im Ballett heißen Attitüden alle Stellungen auf Einem Fuß ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung.

Attius, L., röm. Dichter, s. Accius.

Attizismus (griech.), die Mundart von Attika, speziell von Athen, welche durch die mustergültigen Werke der athenischen Dichter und Prosaisten des 5. und 4. Jahrh. v. Chr. zur herrschenden Litteratursprache der gesamten griechischen Welt wurde (vgl. Griechische Sprache); manchmal in weiterm Sinn s. v. w. athenische Feinheit, edle griechische Ausdrucks- und Anschauungsweise.

Attleborough (spr. ättelborro), Stadt im amerikan. Staat Massachusetts, Grafschaft Bristol, 16 km nordnordöstlich von Providence, bekannt durch seine Juwelierarbeiten, ist gewerbthätig und hat (18880) 11,111 Einw.

Attok (Atok, Atak), befestigte Stadt im nördlichsten Distrikt (Rawalpindi) der Provinz Pandschab des britisch-ostind. Kaiserreichs, am linken Ufer des Indus, über den hier eine Schiffbrücke und seit wenigen Jahren auch eine Eisenbahnbrücke (von Lahor nach Peschawar) führt, und gegenüber dem Einfluß des Kabuls mit (1881) 4210 Einw. einschließlich einer kleinen Garnison aus Engländern und Indern. Der Indus fließt hier zwischen engen, glatten Felswänden hin und hat bei niedrigem Stand eine Tiefe von 9, bei Hochwasser von 20 m. A. ist ein strategisch wichtiger Punkt der Nordwestgrenze Indiens, der zuerst im 16. Jahrh. erwähnt wird. Über hier und durch das Kabulthal führten seit Alexander d. Gr., der wenig nördlich von der Stadt den Fluß überschritt (326 v. Chr.), alle Kriegszüge gegen Indien, so die des Timur 1397, des Schah Nadir 1738 u. a.

Attorney (spr. âttörni), in England der Stellvertreter einer Partei in Rechtssachen. Seit Jahrhunderten bilden nämlich in England die Advokaten (counsels) und die Prokuratoren oder Anwalte (attorneys at law, solicitors) völlig getrennte Berufsstände. Den letztern fallen die Vorbereitung des Prozesses, die Einziehung der Information, die Verhandlungen mit den Parteien, kurz, die ganze Vorverhandlung zu, bis die Sache so weit gediehen ist, daß sie dem Advokaten zum mündlichen Vortrag vor dem Gericht übergeben werden kann. Der Advokat tritt nicht für die Partei als deren Stellvertreter, sondern neben der Partei oder ihrem Anwalt auf, mit welchem er in der Regel allein verkehrt. Seit der Anwaltsordnung von 1843 muß jeder Anwalt bei dem Gericht, bei welchem er praktizieren will, immatrikuliert sein. Zur Immatrikulation ist der Nachweis einer fünfjährigen Lehrzeit und das Bestehen einer Prüfung vor einer hierzu eingesetzten Kommission erforderlich. Die Zahl der Attorneys ist mehr als doppelt so groß wie die Zahl der eigentlichen Advokaten; letztere erscheinen in England allein als gelehrter Stand, was bei den Attorneys nicht der Fall ist. Dagegen ist der A. general oder Generalfiskal (Kronanwalt) ein von der königlichen Regierung aus der Klasse der Sachwalter erwählter und angestellter Beamter, der vor den Gerichtshöfen sowohl in Zivilprozessen in Sachen der Krone auftritt, als auch in deren Namen in gewissen Fällen Verbrechen anklagt. Auch ist der A. general zugleich Mitglied des Geheimen Rats.