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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Audh; Audianer; Audiātur et altĕra pars; Audiencia; Audientes; Audiénz

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Audh - Audienz.

geführt, andre nach der Antike, Mantegna, Domenichino, Guido Reni etc. Dieselben zeichnen sich durch gewandte Radierung in der Weise Marattis aus. Im J. 1722 ging er wieder nach Gent zurück, wo er sich der Malerei gänzlich zugewandt zu haben scheint. Er starb 1743. Seine Vaterstadt besitzt eine Reihe Gemälde von ihm, die mit der Weise Marattis das kräftige vlämische Kolorit vereinigen.

Audh (Oudh), früher die sechste Provinz des engl. Reichs in Vorderindien (s. Karte "Ostindien"), jetzt Teil der Nordwestprovinzen, liegt zwischen Ganges und Nepal und bildet eine große, wenig gewellte Ebene ohne Gebirge mit einem Umfang von 62,093 qkm (1128 QM.) und (1881) 11,397,479 Einw. (davon 7/10 Hindu), die sich der Mehrzahl nach mit Landbau beschäftigen. An 1400 qkm sind mit Wald und zwar vorwiegend mit Hochwald bedeckt, in welchem der wertvolle Salbaum (Valeria robusta) vorherrscht; vom übrigen Areal sind 55 Proz. kultiviert und mit Reis, Weizen und anderm Getreide, mit Gemüsen, Ölpflanzen, Zucker, Baumwolle, Opium, Indigo etc. angebaut. Den Hauptfluß bildet die schiffbare Kauriali (meist Gogra genannt), welche die Provinz von W. nach O. durchfließt; ihr Hauptzufluß ist die Rapti. Schiffbar ist ferner die Gumti, die sich mit dem nicht schiffbaren Saifluß vereinigt und für die Bewässerung des Landes von Wichtigkeit ist. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 25° C.; die jährliche Regenmenge wechselt zwischen 71 und 96 cm. Die Bevölkerung ist von kräftigem Schlag. Unter der arbeitenden Klasse sind die Hindu von gutem Charakter, treu, anhänglich, nicht übertrieben bigott; die Mohammedaner sind sehr fanatisch, unmoralisch und ausschweifend, kriechend gegen Höhere; die Brahmanen sind geweckt und brauchbar im Dienst, bedürfen aber immer der Aufsicht. Gesprochen werden das Urdu (s. d.) und Dialekte des Hindi (s. d.). Eine Unsitte, welche die Engländer unter den Radschputen nur durch strenge Gesetze auf vereinzelte Fälle beschränken konnten, ist das Morden der Mädchen im jugendlichen Alter. Die East Indian-Eisenbahn zieht auf dem Südufer des Ganges; die Rohilkand-A.-Zweigbahn ist über Lakhnau bis Ramnagar an der Gogra fortgeführt; eine das Land von O. nach W. durchziehende Linie ist im Bau begriffen. Die höchste englische Behörde ist der Gouverneur der Nordwestprovinzen, der jedoch seine Erlasse für A. als Oberkommissar zeichnet. A. ist eingeteilt in vier Divisionen, jede von drei Distrikten. Hauptort ist Lakhnau, außerdem zählt man noch 13 Städte mit mehr als 10,000 Einw.

A., das Pantschala in Manus Gesetzbuch, ist beim Beginn indischer Geschichte ein blühendes Königreich und wurde im 7. Jahrh. v. Chr. der Schauplatz der Predigten von Buddha (s. d.) und seiner Schüler. Jahrhundertelang treu dem neuen Glauben, erlitt A. mehrfache Verwüstungen und Drangsale; 1193 n. Chr. erhielt es mohammedanische Könige und blieb bis zum Sturz der Großmoguls in Dehli eine Provinz ihres Reichs; 1760 schwang sich Sudschah ud Daulah, früher Wesir, zum unabhängigen Herrscher auf und vererbte diese Würde auf seine Nachkommen. Zwei Dezennien später wurden Truppen der Ostindischen Kompanie in A. aufgestellt, die Abgaben des Radscha an die Kompanie neu reguliert und 1801 auf 1,35 Mill. Pfd. Sterl. erhöht. Unruhen und Auflehnungen der Großen gegen den Radscha ließen das Land nicht zur Ruhe kommen; nur 1837-42 wurden sie durch Mohammed Alis kluge Regierung vorübergehend beschwichtigt. Dessen Nachfolger waren Amdschad Ali Schah (1842-47) und dessen Sohn Wayid Ali Schah mit dem Titel "Radscha von A." Die Herrscher waren schiitische Moslems, die sonst in Indien nicht häufig sind. Diese beiden letzten Könige lebten nur der Schwelgerei, die Regierung wurde ganz vernachlässigt, das Land von der Umgebung des Hofes ausgesogen. Solche Zustände mußten dem englischen Nachbarstaat lästig werden. Im Januar 1856 wurde General Outram nach Lakhnau gesandt, um dem Radscha einen Vertrag vorzulegen, nach welchem er gegen eine jährliche sehr hohe Pension sein Reich der Kompanie überlassen sollte. Der Radscha weigerte sich, den Vertrag zu vollziehen; da proklamierte der englische Generalgouverneur Lord Dalhousie 7. Febr. 1856 die Auflösung und Annexion des Königreichs. Die Bevölkerung nahm diesen Eingriff in die Rechte ihres Fürsten ganz gleichgültig hin; folgenschwerer wurde jedoch die Willkür, mit der die englischen Beamten die Grundabgabe der großen Grundbesitzer, der Talukdar, an die Regierung regelten, ohne mit diesen selbst zu unterhandeln. Infolgedessen wurde mehr als der Hälfte ihr Besitz abgesprochen und den Dorfbewohnern zugewiesen. Die Talukdar waren aber eine reichbegüterte Aristokratie mit vollen Eigentumsrechten. Ihre Maßregelung erregte den größten Unwillen; der Bauer, hier ohnehin kriegerischer als in andern Teilen Indiens, hielt zu seinem Herrn, und der Militäraufstand von 1857 (s. Ostindien), der hier am religiösen Fanatismus weniger Stütze gefunden hätte, trat in A. mit größter Heftigkeit auf. Es war eine der weisesten Maßregeln von Lord Canning, daß er im März 1858, nach Wiederherstellung der Ruhe, die ganze Grundrentenfixierung von 1856 widerrief, die Bereitwilligkeit der Krone, die Ansprüche der Talukdar zu prüfen, verkündete und diese im Juni 1858 nach Lakhnau entbot. In den hier gepflogenen Unterhandlungen wurde die Hälfte der ganzen ermittelten Grundrente den Talukdar zurückerstattet und dem wiederhergestellten Frieden 1859 im feierlichen Empfang (Darbar) ein würdevoller Ausdruck gegeben. Vgl. Orlich, Indien, Bd. 2 (Leipz. 1861); C. Irwin, The garden of India. History and affairs of A. (Lond. 1880).

Audianer (Audeaner), die Anhänger des Audius oder Udo aus Mesopotamien, der, wegen seiner Angriffe auf das weltliche Treiben der Geistlichen aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen und nach Skythien verbannt, sich um 350 einer schwärmerisch-asketischen Missionsthätigkeit hingegeben zu haben scheint. Seiner bald erloschenen Sekte wurden roher Anthropomorphismus und quartodezimanische Praxis vorgeworfen.

Audiātur et altĕra pars (lat.), "Man höre auch den andern Teil"; Rechtsgrundsatz, wonach man bei Anschuldigungen vor der Urteilsfällung auch den Beschuldigten hören soll: "Eines Mannes Rede ist keines Mannes Rede, man soll sie billig hören beede".

Audiencia (span.), höherer Gerichtshof, Tribunal, namentlich in Südamerika.

Audientes (lat., "Hörende"), die erste Klasse der Katechumenen (s. d.), welche beim öffentlichen Gottesdienst stehend die Predigt und biblischen Vorlesungen anhören, aber nicht dem daraus folgenden Abendmahl beiwohnen durften. Auch hießen so die im zweiten Grade der Kirchenbuße Stehenden, weil sie mit den vorigen gleich beschränkt waren.

Audiénz (lat.), Gehör, Vorlassung bei Fürsten und sonstigen hochgestellten Personen (daher A. erhalten). In der frühern Gerichtssprache verstand man darunter eine Gerichtssitzung, insbesondere bei dem deutschen Reichskammergericht und den franzö-^[folgende Seite]