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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Auersperg

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Auersperg.

er Reisen durch Italien, Frankreich und England, übernahm 1831 die Verwaltung der ererbten Güter, verheiratete sich 1839 mit der Reichsgräfin Maria v. Attems und lebte, ohne ein öffentliches Amt zu bekleiden, abwechselnd auf seiner Besitzung Gurkfeld und in Wien. Wegen der liberalen Haltung seiner Gedichte zu den Führern der freisinnigen Partei Österreichs gerechnet, ward er im April 1848 in das deutsche Vorparlament und bald darauf vom Kreis Laibach in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, aus der er jedoch schon zu Ende September wieder ausschied. Erst nach dem Sturz des Ministeriums Bach (1859) erschien A. wieder im öffentlichen Leben und wandte sich nun, als Österreich in konstitutionelle Bahnen einlenkte, entschieden der Politik zu. Er wurde 1860 von der Krone in den "verstärkten Reichsrat" für Krain berufen und 1861 unter Schmerlings Ministerium zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt, wo er in allen Fragen der Gesetzgebung auf liberaler Seite, in allen Verfassungsdebatten auf seiten der entschiedensten Gegner des Föderalismus stand und insbesondere als regelmäßiger Berichterstatter und Verfasser der Adressen eine ebenso glänzende wie einflußreiche Thätigkeit entwickelte. Nicht geringer war seine Wirksamkeit im Krainer Landtag 1861-67, indem er hier mit seinen wuchtigen Reden für die Verfassung und das deutsche Element eintrat, aber dadurch auch die Wut der Gegner dermaßen erregte, daß er es vorzog, sich 1867 in den steiermärkischen Landtag (Graz) wählen zu lassen. Die Stadt Wien ernannte A. zum Ehrenbürger, die Wiener Universität zum Doktor, der Kaiser Franz Joseph (1863) zum Geheimrat. Er starb 12. Sept. 1876 in Graz. Als Dichter ist A. eine hochbegabte und eigentümliche Erscheinung. Er ist vorzugsweise "Gedankenpoet", d. h. er läßt die Reflexion in seinen Dichtungen vorwalten und liebt die Häufung glänzender Bilder und Metaphern, wobei es ihm nicht immer auf Kongruenz des Gedankens und des Bildes ankommt. Aber auch von dem schillernden Prunk entkleidet, erweisen sich seine Gedanken als klar, tief und kraftvoll, und oft brechen auch die Innigkeit und Wärme echt dichterischer Begeisterung hervor. Noch besonders zeichnen A. ein inniges und gemütvolles Verhältnis zur Natur und reinste Sittlichkeit aus. Der Hauptinhalt seiner Dichtungen ist die Ahnung einer neuen und freien Zeit, als deren Prophet er mit feuriger Begeisterung auftritt, und der feste Glaube daran läßt nirgends eine dauernde schmerzliche Stimmung in ihm aufkommen. Nachdem er, wie die übrigen österreichischen Dichter, seine Schule in den Almanachen etc. durchgemacht hatte, trat er zuerst mit erotischen Liedern ("Blätter der Liebe", Stuttg. 1830) hervor, die Heinesche Manier verraten, aber bei ihrem keuschern und edlern Geiste die Leichtigkeit ihres Vorbildes vermissen lassen. Größere Teilnahme erwarb ihm "Der letzte Ritter" (Stuttg. 1830; 8. Aufl., Berl. 1860), ein Romanzencyklus im Nibelungenversmaß, der den ritterlichen Kaiser Maximilian I. feiert und den Untergang des Mittelalters zeigt, dem die neue Zeit mit ihren Geisteskämpfen folgt. Sodann erschienen (anonym) die "Spaziergänge eines Wiener Poeten" (Hamb. 1831; 7. Aufl., Berl. 1876), worin A. einen poetischen Ton für die politische Lyrik anschlug, den man bis dahin noch nicht vernommen hatte. Diese Lieder, eine Reihe großartiger Metaphern auf den Sieg des Frühlings und des Lichts, bald blumenreich, spielend, fast tändelnd, bald ernst und feierlich, voll Glut und Begeisterung, machten ungemeines Aufsehen und waren in ihrem Ankämpfen gegen die Hemmnisse des Geisteslebens im damaligen (Metternichschen) Österreich ein bedeutsames Zeichen der Zeit. Tiefsinniger in der Anlage sind die folgenden Dichtungen: "Schutt" (Leipz. 1836; 13. Aufl., Berl. 1877), allegorische Schilderungen von glänzendem Kolorit, worin der Dichter den provinziellen Boden verläßt und unter den Trümmern einer zerfallenden Welt die Keime einer neuen sucht, die ihm in Amerika aufzublühen scheint, und deren Morgenrot ihm weder Kerker noch Kloster verdecken kann. Auch seine kleinern Dichtungen, die gesammelt als "Gedichte" (Leipz. 1837; 15. Aufl., Berl. 1877) erschienen, durchklingt der nämliche Grundton wie die größern Werke; dabei enthalten sie manche köstliche humoristische Gabe, prächtige Naturschilderungen und sinnige Naturdeutungen. A. wurde so das Haupt der modernen österreichischen Dichterschule und ein Vorläufer der spätern politischen Lyriker, obschon er deren radikale Tendenzen niemals geteilt hat. Nach längerer Pause erschienen die "Nibelungen im Frack" (Leipz. 1843; 2. Aufl., Berl. 1853), eine humoristische Dichtung, welche den Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen-Merseburg (1688-1731) und dessen Leidenschaft für die Baßgeige zum Gegenstand hat; endlich das ländliche Gedicht "Der Pfaff vom Kahlenberg" (das. 1850, 3. Aufl. 1877), das sich an eine alte geschichtliche Volkssage anlehnt und namentlich in der idyllischen Schilderung der Feste, der Jahreszeiten und des Volkslebens von großem poetischen Wert ist. A. ließ noch "Volkslieder aus Krain" (Leipz. 1850) und "Robin Hood" (Stuttg. 1864) erscheinen, letzteres eine vortreffliche Bearbeitung der englischen Volksballaden. Auch besorgte er die Herausgabe von Lenaus "Nachlaß" (Stuttg. 1852). Nach seinem Tod erschien: "In der Veranda. Eine dichterische Nachlese" (Berl. 1876). Seine "Gesammelten Werke" wurden von L. A. Frankl (Berl. 1877, 5 Bde.) herausgegeben. Vgl. Radics, A. G. und seine Heimat (Stuttg. 1876); Derselbe, Anastasius Grün. Verschollenes und Vergilbtes aus dessen Leben und Wirken (Leipz. 1878).

2) Karlos (Karl Wilhelm), Fürst, österreich. Staatsmann, geb. 1. Mai 1814, Haupt der fürstlichen Linie des Hauses A., lebte, durch Studium und Reisen trefflich gebildet, nachdem er eine Zeitlang im Militärdienst gestanden, auf seinen Gütern seinen ästhetischen und litterarischen Neigungen. 1846-47 schloß er sich im böhmischen Landtag der deutsch-böhmischen Fortschrittspartei des Adels an. Das neue politische Leben, das in Österreich mit der Februarverfassung begann, nahm auch A. seit 1861 in Anspruch. Der Ministerpräsident Schmerling, der ihn einmal den "ersten österreichischen Kavalier" nannte, berief ihn zum erblichen Mitglied und Präsidenten des Herrenhauses, in welcher Stellung er ebenso wie im böhmischen Landtag sich als unerschütterlicher, gewandter und schlagfertiger, dabei edler und ritterlicher Vorkämpfer der Verfassung und der Staatseinheit erwies, namentlich aber seinen feudalen Standesgenossen und den Anmaßungen der Tschechen mit Festigkeit entgegentrat. Der Hort der deutschen Verfassungspartei, namentlich in Böhmen, blieb A. auch während der Sistierungspolitik Belcredis. Nach dem Sturz desselben unterstützte er als Präsident des Herrenhauses anfangs die Beustsche Politik, von der er sich jedoch bald lossagte. Anfang 1868 wurde er Präsident des sogen. Bürgerministeriums Herbst, Giskra, Berger etc., als welcher er mit den Ränken Beusts vielfach zu kämpfen hatte. Als Beust im Januar 1868 nun gar hinter Auerspergs Rücken über einen Ausgleich mit den