Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Aufnahme, topographische

63

Aufnahme, topographische.

pläne zu bearbeiten. Erst der von Prätorius im 16. Jahrh. in Bayern erfundene, allmählich, namentlich durch Lehmann in Dresden 1790, Breithaupt in Kassel und durch die topographischen Abteilungen der Landesaufnahmen, verbesserte Meßtisch erlaubte eine korrekte A. Heute wird zur Landesaufnahme in fast allen Staaten der Meßtisch meist in Verbindung mit der Kippregel als dem eigentlichen Apparat zum Projizieren angewendet, daher Meßtischaufnahme, Kippregelaufnahme genannt. Der Maßstab für die im Feld zu erzielende "Originalaufnahme" variiert um 1:25,000, d. h. 1 km Weg = 4 cm Papier. Die Meßtischplatte mit dem Papier gibt die horizontale, sehr fest und stabil aufgestellte Projektionsebene, die Kippregel die Mittel zum Absehen (Visieren) der Richtungs- (Visier-) Linien mittels Fernrohrs, zum Messen der Länge sowie der Böschung, der Visierlinien und zum Auftragen derselben in der Projektion auf das Papier in dem geforderten verjüngten Maßstab, ferner auch zum "Orientieren" der Meßtischplatte, d. h. Einrichten derselben nebst der Zeichnung auf die Himmelsrichtungen, so daß jede Seite der quadratischen Platte einer Himmelsrichtung entspricht, oder auf eine bestimmte sichtbare Richtungslinie im Terrain. Demnach besteht der Kippregelapparat aus einem Lineal, über dem auf einer kurzen Säule oder Bock ein Fernrohr so befestigt ist, daß es in gleicher Ebene mit der Ziehkante des Lineals auf- und abgekippt werden kann. Das Fernrohr ist mit einem Visierkreuz im Innern versehen, welches zum Fixieren der anvisierten Terrainpunkte und in Verbindung mit einer eventuell dort aufgestellten Distanzlatte (Maßstab) zur sofortigen Ermittelung der Lattendistanz konstruiert ist. Das Fernrohr kann mittels einer an demselben angebrachten Röhrenlibelle (Niveau) horizontal eingestellt und jede Abweichung von der Horizontalen mit Hilfe eines mit dem Fernrohr verbundenen, an einer Kreisteilung entlang gehenden Zeigers, Alhidade oder Kreisbogen, Vertikalkreis, in kleinen Winkelteilchen gemessen werden. Außerdem ist an dem Apparat ein genauer Transversalmaßstab für die geforderte Verjüngung angebracht (gewöhnlich auf dem Lineal eingraviert) und eine Bussole (Kastenbussole) angeschraubt, deren Nordlinie parallel der Ziehkante gestellt ist. Die Kippregel, deren Urbild das Diopterlineal ist (ein Lineal mit zwei an den Enden der Ziehkante zu dieser senkrecht errichteten Visierrahmen ["Diopter"] mit Löchern oder aufgespannten Pferdehaaren), wurde von Reichenbach in München zuerst konstruiert, dann von Breithaupt wesentlich verbessert, auch in Dänemark als "dänische Kippregel" oder "Universaldiopter" gebräuchlich und ist augenblicklich in besonders vervollkommter Fassung bei der deutschen Landesaufnahme im Gebrauch.

Der Meßtisch (Mensel) besteht aus einem hölzernen dreifüßigen Stativ (zusammenlegbar), auf welchem mittels Schraube und Feder der messingene Aufsatz für die Platte aufgesetzt und befestigt ist. Der Aufsatz hat den Zweck, der Meßtischplatte, die über ihm aufgeschraubt, eine genaue seitliche Drehung mit der Hand oder mittels Mikrometerschrauben zu verleihen sowie eine sichere Horizontalstellung, die mittels des Niveaus kontrolliert wird. Hierzu besteht der Aufsatz im Prinzip aus einem kleinen Dreifußtischchen, in dessen Mitte sich senkrecht eine Zentralachse erhebt; um diese dreht sich eine Hülse, feststellbar und dann auch mikrometrisch drehbar, welche nach oben zu dem unmittelbar die Meßtischtafel, eine parkettartig zusammengesetzte Holztafel, tragenden Teller sich erweitert. Der Aufsatz ist vielfach auch anders konstruiert, jedoch immer unter Festhaltung des Zwecks: Horizontalstellung, Horizontaldrehung, Festklemmung der Platte, so von Bauernfeind, Pistor, Baumann, Starke, Jähns u. v. a.

Verfahren bei der topographischen Aufnahme.

In der Regel geht, wie bei der zusammenhängenden Landesaufnahme, der Meßtischarbeit des Topographen (Aufnehmers) eine trigonometrische Netzlegung (vgl. "Triangulierung" bei Geodäsie) voraus. Dann werden vor der "Feldarbeit" die "trigonometrischen Netzpunkte", ihrer geographischen Lage entsprechend, auf das Meßtischblatt übertragen (eingestochen) und erhält der Topograph ein Positions- und Höhenverzeichnis dieser im Terrain durch "Steinpfeiler- oder Holzpyramidensignale" weit sichtbar gemachten Punkte mit.

Fehlt die trigonometrische Netzlegung, und erstreckt sich das aufzunehmende Gebiet nur über den Erdraum eines Meßtischblattes, so muß der Topograph zur geometrischen oder graphischen Triangulierung oder Netzlegung schreiten: es wird zuerst eine Standlinie markiert (durch Flaggen, Jalons oder Fluchtstäbe) und, mit Maßstäben oder der Kette gemessen, verjüngt eingezeichnet und beginnt die Netzlegung, indem man durch "Vorwärtsabschneiden" eine Anzahl für die A. wichtiger, gut sichtbarer, bez. markierter Punkte festlegt, die auch eine Aufstellung des Meßtisches zum "Stationieren" zulassen müssen, als Weg-, Wald-, Wiesen-, Grabenecken, Türme, Giebel und andre Orientierungspunkte. Dies geschieht durch "Visierlinienziehen" von den beiden Endpunkten und einem dritten Kontrollpunkt der Basis (Standlinie) aus.

Ist eine trigonometrische Netzlegung vorhanden (in Preußen über zehn Punkte pro Quadratmeile), so dienen diese als Orientierungs- und Kontrollpunkte; der Aufnehmer "stationiert" sich entweder an einem Netzpunkt oder außerhalb dieser Punkte, sich "nach denselben stationierend". Die A. des Terrains um den Stationspunkt ist die Stationsarbeit. Die Gesamtaufnahme des Meßtischblattes besteht aus der allmählichen Zusammenfügung aller nötigen Stationsarbeiten.

Die Stationsarbeit beginnt damit, daß man den Meßtisch, auf ihm die Kippregel, horizontal aufstellt, die Platte durch Drehung unter Beobachtung entweder einer schon eingetragenen Orientierungslinie oder der Bussole orientiert und den "Stationspunkt" nun auf der Meßtischplatte festlegt. Die Operation, eigentliches Stationieren, muß, wenn der Standpunkt nicht gerade auf einem Netzpunkt liegt, gewöhnlich mittels "Rückwärtseinschneidens nach drei Netzpunkten" (unter Zugrundelegung der geometrischen "Pothenotschen Aufgabe") und Korrektur der Orientierung vor sich gehen. Zur Festlegung der Umgegend der Station wird die Distanzlatte verwendet; jeder Punkt von Wichtigkeit wird nach Richtung und Entfernung abgemessen und aufgezeichnet. Sind genügend "Lattenpunkte" eingetragen, so verbindet der Aufnehmer diese zu den Terrainlinien, als Wegen, Bächen, Gräben, Dorf-, Waldgrenzen, und erhält so einen Grundriß der "Situation" in Blei. Mit der Situationsaufnahme wird heute die Terrainaufnahme verbunden (Terrain hier s. v. w. Relief, Unebenheiten), indem von jedem wissenswerten Punkt mittels der Kippregel auch die Höhe gemessen wird. Hierzu bedient man sich der Formel h = e tang. α, d. h. Höhenunterschied zwischen der