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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Augustinisten; Augustinus

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Augustinisten - Augustinus.

Italien, den Johann-Boniten, Brittinianern, Sackbrüdern, Einsiedlern von Toscana u. a., denen Innocenz IV. 17. Jan. 1244 die Regel des heil. Augustin gab. Die weitere Organisation des Ordens ward 1256 auf einem Kapitel zu Rom beschlossen, von Alexander IV. (13. April 1256) bestätigt und auf mehreren Generalkapiteln weiter ausgebildet. Die Regel des heil. Augustin, die übrigens in keinem Fall von diesem herrührt, sondern, ungewiß wann, unter Berücksichtigung der Reden und Briefe des Augustin aufgestellt wurde, ist weit milder als die der Franziskaner und Dominikaner und die der spätern Orden. Obgleich dieselbe dem Orden den Besitz liegender Gründe gestattet, versetzte ihn Pius V. 1567 doch unter die Bettelorden; andre Päpste gestanden ihm andre Vorrechte zu, so Alexander IV. 1257 die Exemtion von der bischöflichen Gewalt. Der Verfall der Zucht rief auch hier Reformen und die Bildung neuer Kongregationen hervor. Im 16. Jahrh. zählte der Orden 28 Provinzen, im 17. sogar 40, neben welchen 13 Kongregationen bestanden. Zu den letztern zählte die sogen. sächsische, welcher Staupitz und Luther angehörten, und die infolge der Reformation sich auflöste. Mit der französischen Revolution wurde der Orden, der Einfluß und Bedeutung verloren hatte, in Frankreich, Spanien, Portugal und Deutschland aufgehoben.

Die Augustinerinnen sind älter als der Männerorden und leiten sich her von der Nonnengesellschaft zu Hippo, welcher Augustins Schwester vorstand. Ein Kloster derselben mit besondern Vorrechten bestand seit 1177 zu Venedig. Als weiblicher Zweig des Ordens der A. aber sind zu betrachten die barfüßigen Augustinerinnen, von denen es in Spanien vier Kongregationen gibt, die von Ende des 16. bis gegen Schluß des 17. Jahrh. gegründet sind. Sie tragen einen weißen Rock mit ledernem Gürtel und Skapulier, an den Festen ein schwarzes Kleid und einen schwarzen Schleier über dem weißen. Auch einen Tertiarierorden des heil. Augustinus gibt es. Diese A.-Tertiarier tragen ein Skapulier von schwarzer Serge und einen ledernen Gürtel. Außerdem folgen der Regel Augustins noch einige weibliche Orden, so die Annunciaten, Salesianerinnen, Ursulinerinnen, Hospitaliterinnen u. a. Vgl. Kolde, Die deutsche A.-Kongregation (Gotha 1879).

Augustinisten, schwärmerische Fraktion der jansenistischen Appellanten in Paris um 1731, so genannt, weil sie einen Bruder Augustin für den rechten Elias hielten. Vgl. Jansenisten.

Augustinus, 1) Aurelius A., der hervorragendste Kirchenvater des Abendlandes, geb. 12. Nov. 353 zu Tagaste in Numidien. Von seiner frommen Mutter Monika in christlicher Frömmigkeit erzogen, versank der 17jährige Jüngling, der in Karthago Rhetorik studierte, in Wollüste, bis Ciceros "Hortensius" die Sehnsucht nach etwas Höherm in ihm wieder anfachte. In der Askese der Manichäer hoffte er Selbstüberwindung, in ihrer Geheimlehre helle Erkenntnis zu finden (374); der auf die Enttäuschung folgenden Verzweiflung an aller Wahrheit entriß ihn die Bekanntschaft mit Platonischer und neuplatonischer Philosophie. Seit 383 in Rom, seit 384 in Mailand Beredsamkeit lehrend, erfuhr er an letzterm Ort zu seinem Heil den Einfluß des Ambrosius (s. d.), bekehrte sich und ward in der Osternacht 387 mit seinem natürlichen Sohn Adeodatus von Ambrosius getauft. Im folgenden Jahr kehrte er über Rom in seine Vaterstadt zurück, wo er als Haupt eines asketischen Vereins in strenger Abgeschiedenheit lebte, bis ihn 391 die Gemeinde von Hippo Regius (Bone) wider seinen Willen zum Presbyter wählte. Sofort erregte sein Talent allgemeine Aufmerksamkeit, und Valerius, Bischof von Hippo, ließ ihn 395 zu seinem Mitbischof weihen. Seitdem wurde die afrikanische Kirche durch die Macht seines Geistes und Worts regiert. Er bekämpfte mit großem Erfolg alle bereits bestehenden oder neuauftauchenden Häresien, so die Donatisten (s. d.), Manichäer (s. d.), Arianer (s. Arianischer Streit), Pelagianer (s. d.) und Semipelagianer (s. d.), deren Niederlage zugleich den Sieg des afrikanischen Geistes über das übrige Abendland entschied. Augustins Ruhm hatte sich über die ganze Kirche verbreitet, als er 28. Aug. 430 in Hippo, während der Belagerung dieser Stadt durch die Vandalen, starb. Seine Gebeine, erst in der Peterskirche zu Pavia aufbewahrt, wurden im Oktober 1842 mit Genehmigung des Papstes nach Algerien gebracht, wo sie neben dem von französischen Bischöfen auf den Ruinen von Hippo errichteten Denkmal des A. niedergelegt wurden. Die römische Kirche verehrt ihn als Heiligen. Unstreitig ist A. der für das Abendland einflußreichste unter den Kirchenvätern geworden, teils durch die Konsequenz, womit er Begriff und Interessen der katholischen Kirche wie in der Theologie, so in der Praxis durchführte, teils durch die Tiefe seines spekulative und mystische Elemente eigentümlich verarbeitenden Geistes. Darum gilt er nicht bloß als Vater der mittelalterlichen katholischen Scholastik, auch Luther und die Reformatoren haben sich zum Teil an ihm, jedenfalls an ihm am meisten unter allen Kirchenvätern, gebildet. In seinem Kampf gegen die Extreme des Manichäismus, des Pelagianismus und Donatismus suchte er die Mitte festzuhalten, indem er sich lediglich auf die beiden Grundideen der Allwirksamkeit göttlicher Gnade und der Kirche als dem Erde und Himmel verbindenden Reiche Gottes stützte. Seine Herleitung des Staates aus der Macht der Sünde und die daraus begründete Forderung der Unterwerfung desselben unter die Kirche war maßgebend für die Auffassung des Verhältnisses beider Institutionen im Papsttum. Eine Darstellung des eignen Lebens mit Strenge und Selbstverleugnung gab A. in seinen oft herausgegebenen "Confessionum libri XII" (hrsg. von K. v. Raumer, 2. Aufl., Gütersl. 1876; deutsch von Rapp: "A.' Bekenntnisse", 7. Aufl., Gotha 1878), woran die "Retractationum libri II" als eine mildernde Kritik der eignen Werke sich anschließen. Solcher zählt er hier 93 in 232 Büchern auf, unter welchen "De doctrina christiana libri IV", "De trinitate libri XV" (hrsg. von Hurter, Innsbr. 1881) und "De civitate dei libri XXII" (hrsg. von Dombart, Leipz. 1877) die wichtigsten sein mögen. Brauchbare Gesamtausgaben seiner Werke erschienen in 8 Bänden (Par. 1679-1700, 11 Tle.) und in 22 Bänden (das. 1836-40). Über A. schrieben im Altertum: Possidius, Vita Augustini (in den meisten Ausgaben der Werke), neuerdings unter andern: Wiggers, Versuch einer pragmatischen Darstellung des Augustinismus und Pelagianismus (Berl. 1821-33, 2 Bde.); Bindemann, Der heil. A. (das. 1844-69, 3 Bde.); Poujoulat, Histoire de saint Augustin (6. Aufl., Tours 1875, 2 Bde.; deutsch von Hurter, Schaffh. 1847); Dorner, A., sein theologisches System etc. (Berl. 1873); Böhringer, A. (Stuttg. 1877-78, 2 Bde.).

2) Apostel der Angelsachsen, erhielt, von Gregor I. 596 mit 39 Benediktinern abgesandt, am Hof des Königs Ethelbert von Kent durch dessen christlichere Ge-^[folgende Seite]