Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ausgleichungssteuern; Ausglühen; Ausgrabungen

115

Ausgleichungssteuern - Ausgrabungen, archäologische.

Geometrie (Hamb. 1843); Dienger, Ausgleichung der Beobachtungsfehler (Braunschw. 1857); Vogler, Grundzüge der A. (das. 1883).

Ausgleichungssteuern nennt man jene Abgaben, welche zur Ausgleichung der steuergesetzlichen Verschiedenheiten im Innern des Deutschen Reichs als eine Art Zwischenzoll, besonders auf Bier und Branntwein, erhoben werden; s. Übergangssteuern.

Ausglühen, das Erhitzen von Körpern, um gewisse Bestandteile zu entfernen, oder um eine Änderung ihrer physikalischen Beschaffenheit zu erzielen. Alle Metalle, mit Ausnahme der ganz weichen (Gold, Zinn, Blei), werden durch kaltes Schmieden, Walzen oder Ausziehen zu Draht hart und spröde und reißen oder brechen zuletzt. Durch A. stellt man aber ihre frühere Weichheit und Dehnbarkeit wieder her. Auch zur Prägung werden die Metalle durch A. vorbereitet, weil sie dann leichter Eindrücke annehmen. Damit beim A. das Metall nicht durch Zutritt der Luft oxydiert wird, benutzt man verschiedene Vorrichtungen, welche das A. möglichst bei Abschluß der Luft vorzunehmen gestatten. Gehärteter Stahl verliert durch A. seine künstliche Härte und kann dann bearbeitet werden, als wenn er nie gehärtet worden wäre. Manche Mineralien werden ausgeglüht, um sie mürber zu machen, z. B. der Quarz, welcher für die Thonwarenfabrikation gemahlen werden muß. Auch das Abrauchen der mit Amalgamen vergoldeten und versilberten Gegenstände zur Entfernung des Quecksilbers und das Kalcinieren der Pottasche zur Zerstörung organischer Verunreinigungen gehört hierher, während beim Rösten der Erze zugleich eine chemische Veränderung durch den Sauerstoff der Luft beabsichtigt wird.

Ausgrabungen, archäologische, werden seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts systematisch unternommen, um unsrer Kenntnis früherer Kulturzustände ein Material zu verschaffen, welches sicherer und umfangreicher ist, als es die lückenhafte litterarische Überlieferung zu bieten vermag. Auf alten Kulturstätten, welche niemals ganz verlassen worden sind, wie z. B. in Rom, haben Ausgrabungen in den Ruinen schon seit dem Mittelalter stattgefunden. Dieselben waren aber einerseits nur auf die Gewinnung von Baumaterial gerichtet, anderseits charakterisieren sie sich als bloße Schatzgräbereien. Künstlerische Zwecke wurden in Rom erst seit dem Beginn des 15. Jahrh. mit den Ausgrabungen verbunden, nachdem die Begeisterung für das klassische Altertum Gelehrte und Künstler gleichmäßig ergriffen hatte. Während die erstern vorwiegend nach Inschriften suchten, war es den andern um plastische Kunstwerke und um Baudenkmäler zu thun. Seit dem Anfang des 16. Jahrh. wurden schon bedeutende Funde gemacht (unter andern die Laokoongruppe, Apollo von Belvedere), und um diese Zeit faßte auch Raffael den Plan, das alte Rom aus seinen Ruinen wieder erstehen zu lassen. Sein frühzeitiger Tod hinderte ihn an der Ausführung dieses Plans, und so behielten die Ausgrabungen in Rom und ganz Italien einen zufälligen Charakter, bis ebenfalls ein Zufall 1748 von neuem die Entdeckung der verschütteten Vesuvstädte Pompeji und Stabiä herbeiführte, nachdem schon 1736 Ausgrabungen in Herculaneum veranstaltet worden waren. Mit der pompejanischen Ausgrabung beginnt die erste Periode der Ausgrabungen, welche jedoch noch nicht systematisch betrieben, sondern nur langsam mit Unterbrechungen gefördert wurden. Unter der französischen Herrschaft (1806-15) kam ein neuer Zug in die pompejanischen Ausgrabungen hinein. Dieselben wurden aber erst seit 1861 unter der Leitung Fiorellis mit Sorgfalt und Umsicht so fortgesetzt, daß eine vollständige Bloßlegung der Ruinen zu erwarten ist. Die Ausgrabungen in Rom und Italien sind seit den Zeiten der Renaissance nicht unterbrochen worden, haben aber erst seit der Gründung des Königreichs Italien eine wissenschaftliche Organisation und eine Zentralstelle in der Sopraintendanza degli scavi e musei del regno erhalten. Eine besonders große Ausbeute haben die Ausgrabungen in Etrurien, Unteritalien und Sizilien an Vasen-, Gräberfunden und architektonischen Denkmälern geliefert, wodurch nicht nur die griechische und römische Kultur, sondern auch die der italischen Ureinwohner in ein helles Licht gesetzt worden ist. Die gegenwärtige Organisation, welche sich auf zahlreiche Vereine stützt, ermöglicht die Durchführung von Ausgrabungen über ganz Italien. Eine zweite Periode der Ausgrabungen seit der Wiederauffindung Pompejis beginnt mit der französischen Expedition von 1798 nach Ägypten, deren Ergebnisse in der "Description de l'Égypte" (2. Ausg., Par. 1820-30, 26 Bde.) niedergelegt sind. Eine zweite französische Expedition folgte 1828 unter Champollion, dem sich italienische Gelehrte unter Rossellini anschlossen. Nicht minder ergebnisreich war die preußische Expedition unter Lepsius (1842-45), der das ägyptische Museum in Berlin seine Entstehung verdankt. Später nahm die ägyptische Regierung die Ausgrabungen selbst in die Hand und betraute mit der Leitung derselben Mariette, welcher die Resultate seiner ausgedehnten und erfolgreichen Ausgrabungen im Museum von Bulak (Kairo) niederlegte. Die Ausgrabungen auf der vornehmsten Kulturstätte des Altertums, in Griechenland und den griechischen Inseln, begannen 1751 durch die englischen Architekten Stuart und Revett, welche Griechenland für die Kunst gewissermaßen neu entdeckten und die Ergebnisse ihrer Forschungen in den "Antiquities of Athens" (Lond. 1762 bis 1816, 4 Bde.; deutsch, Darmst. 1830-33, 3 Bde.) niederlegten. Die Society of Dilettanti (gestiftet 1734) schickte zur Fortsetzung der Forschungen Chandler, Revett und Pars nach Griechenland und Kleinasien. Die "Ionian antiquities" (1769, dann 1797) und die "Unedited antiquities of Attica" (1817) enthalten die wissenschaftliche Ausbeute dieser Expedition. In den Jahren 1811 und 1812 veranstaltete eine Reihe deutscher, dänischer u. englischer Reisenden (v. Stackelberg, Haller, Linckh, Brönstedt, Cockerell und Forster) Ausgrabungen, welchen die Giebelgruppen des Athenetempels auf Ägina und der Fries des Apollontempels zu Phigalia in Arkadien verdankt werden. Die französische Expedition Scientifique de la Morée unternahm die ersten oberflächlichen Ausgrabungen auf dem Boden des alten Olympia, wobei einige Metopen des Zeustempels zu Tage gefördert wurden. Ein gelegentlicher Fund war 1822 die Venus von Milo auf der griechischen Insel dieses Namens. In Athen wurden Ausgrabungen durch Roß, Strack, Ziller, Bötticher u. a. unternommen. Eine neue Periode der Ausgrabungen, die man erst als die eigentlich wissenschaftliche und systematische bezeichnen darf, beginnt für die griechische Welt um 1870. Die ersten Resultate derselben knüpfen sich an den Namen Heinrich Schliemanns, der die Reihe seiner von den glänzendsten Resultaten begleiteten Ausgrabungen 1869 auf Ithaka begann, dann mit größerm Glück 1870-73 auf dem Boden des alten Troja, 1876 in Tiryns und Mykenä, 1882 wieder in Troja, 1883 in Orchomenos und 1884 wieder in Tiryns fortsetzte,