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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Baden

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Baden (Geschichte: die Linie B.-Durlach).

Ludwig Wilhelm, ein ausgezeichneter Fürst, zugleich einer der größten Kriegshelden seiner an militärischen Talenten reichen Zeit. Nachdem B.-Baden alle Drangsale des Kriegs erduldet, verlor es durch den Frieden von Nimwegen 1678 auch noch Gräfenstein, Sponheim, die luxemburgischen Herrschaften und mehrere Städte, welche von den Reunionskammern für Frankreich in Beschlag genommen wurden; doch fielen ihm im Frieden von Ryswyk diese Lande wieder zu. Auf Ludwig Wilhelm folgte 1707 sein ältester Sohn, Ludwig Georg, unter Vormundschaft seiner Mutter und des Herzogs von Lothringen. Durch den Rastatter Frieden 1714 erhielt B. die luxemburgischen Besitzungen zurück, aber als französisches Lehen. Die Markgräfin suchte durch Ordnung, Sparsamkeit und Schuldentilgung dem Land wieder aufzuhelfen und erbaute die Schlösser Rastatt und Favorite; Ludwig Georg übernahm erst 1727 selbst die Regierung. Ihm folgte 1761 sein jüngerer Bruder, August Georg, damals schon 55 Jahre alt. Mit diesem erlosch 21. Okt. 1771 die Linie B.-Baden, welche 256 Jahre geblüht hatte, und ihre Länder fielen auf Grund einer 1765 geschlossenen Erbverbrüderung an die jetzt noch blühende Linie B.-Durlach.

Die Linie Baden-Durlach.

Der Stifter dieser Linie war, wie erwähnt, Ernst, der dritte Sohn des Markgrafen Christoph I. Dieser erhielt bei der zweiten Teilung nach seines Bruders Philipp I. Tod (1533) die untere Markgrafschaft, B.-Durlach, damals B.-Pforzheim genannt, weil der Markgraf hier residierte. Er unterdrückte den Bauernaufstand und beförderte im stillen die Reformation aufs thätigste. So ließ er 1529 zu Durlach die lutherische Bibel drucken, ermahnte die Geistlichen zum Vortrag des unverfälschten Worts Gottes, erlaubte ihnen die Ehe und hob mehrere Klöster auf; dem Schmalkaldischen Bund schloß er sich jedoch nicht an. Ihm folgte nach der kurzen Regierung des ältern Sohns, Bernhard, 1553 sein jüngster Sohn, Karl II., der 1555 der Augsburgischen Konfession offen beitrat und die Einführung derselben eifrig betrieb. Er verlegte 1565 seine Residenz von Pforzheim nach Durlach, wo er die Karlsburg baute; seitdem nahm er den Namen eines Markgrafen von B.-Durlach an. Ihm folgten 1577 seine drei unmündigen Söhne Ernst Friedrich (gest. 1604), Jakob (gest. 1590) und Georg Friedrich, welch letzterer nach dem Tod seiner Brüder 1604 die ganze Markgrafschaft B.-Durlach erhielt und eine Zeit lang auch die obere Grafschaft, B.-Baden, im Besitz hatte. Im J. 1615 führte Georg Friedrich durch ein Hausgesetz die Primogenitur und die Unteilbarkeit der badischen Lande ein. Um für den Fall seines Unterliegens in dem Kampf der evangelischen Union, deren eifriges Mitglied er war, gegen die katholische Liga seinem Land alle Verantwortung und die Folgen seiner eignen Ächtung zu ersparen, trat er 20. April 1622 die Regierung an seinen ältesten Sohn, Friedrich V., ab, der sogleich nach seinem Regierungsantritt sein Land für neutral erklärte. Er selbst rückte durch die Pfalz gegen Heilbronn vor. Am 6. Mai 1622 kam es bei Wimpfen zwischen dem Markgrafen und Tilly zur Schlacht, in welcher der erstere völlig geschlagen wurde. Trotz seines Verzichts war diese Niederlage für B. von den traurigsten Folgen. Friedrich V. mußte B.-Baden an Wilhelm, den Sohn Eduard Fortunatus', abtreten. Das Land aber wurde durch österreichische Truppen verwüstet, Friedrich V. mußte fliehen, und die Verwirrung wurde durch das Restitutionsedikt noch gesteigert. Im J. 1631 erklärte sich Friedrich für Gustav Adolf von Schweden und vereinigte B.-Baden wieder mit B.-Durlach; aber nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 kam ganz B. an B.-Baden, der Katholizismus wurde daselbst wieder eingeführt, und Friedrich mußte sich nach Straßburg flüchten. Nach dem Westfälischen Frieden 1648 erhielt er jedoch B.-Durlach zurück, und nun bot er alles auf, um das verwüstete Land von seinen Wunden wieder zu heilen; er starb 1659. Sein einziger Sohn und Nachfolger, Friedrich VI., hatte sich schon unter Herzog Bernhard von Weimar und Karl X. Gustav von Schweden in Deutschland und Polen einen berühmten Namen als Feldherr erworben und zeigte sich nun auch als guten Regenten. Ihm folgte 1677 sein ältester Sohn, Friedrich VII. Magnus; unter ihm begannen die Mordbrennerzüge der Franzosen, die ihn auch 1688 vertrieben. Nach dem Frieden von Ryswyk 1697 war die Bevölkerung um den vierten Teil vermindert, der Wohlstand vernichtet, und als der Markgraf aus Basel, wo er mit seiner Familie einen Zufluchtsort gesucht hatte, nach Durlach zurückkam, fand er kein einziges Schloß, in welchem er hätte wohnen können. Unablässig strebte er nun, einen bessern Zustand herzustellen; aber der spanische Erbfolgekrieg brachte neue Kriegsdrangsale über das Land. Der Markgraf mußte zum zweitenmal nach Basel flüchten und starb daselbst 1709. Sein Sohn und Nachfolger Karl III. Wilhelm, ein trefflicher Fürst, suchte auf alle Weise der allgemeinen Not abzuhelfen und nach dem Frieden von Baden (1714) die Ordnung in den Finanzen wiederherzustellen. Er ist der Gründer von Karlsruhe, wohin er 1724 den Sitz der Regierung verlegte. In dem Krieg, den Frankreich 1733 wegen der polnischen Königswahl auch in Deutschland führte, wobei B. abermals von den Franzosen heimgesucht wurde, ging er nach Basel und mußte seine erschöpften Lande vor abermaliger Verheerung durch eine an Frankreich zu zahlende Summe Geldes sichern. Als er 1738 starb, folgte ihm sein Enkel Karl Friedrich, der zehnjährige Sohn des 1732 als Jüngling verstorbenen Erbprinzen Friedrich. Karl Friedrich wurde 1746 für mündig erklärt, und nun begann eine glückliche Zeit für das badische Haus und die badischen Lande. Karl Friedrich war einer der edelsten und aufgeklärtesten deutschen Fürsten, Kenner und Freund der Wissenschaften und Künste, ein wahrer Vater seines Volks, der durch seine musterhafte Regierung, durch Förderung der Bodenkultur und Industrie, des Handels und Verkehrswesens ein durch so viele aufeinander folgende Kriege zur Einöde gemachtes und mit den drückendsten Schulden belastetes Land dem Ruin entriß und zu Wohlstand erhob. Auch Gerichtswesen, Unterricht und Bildung wurden im Sinn der Humanität neu organisiert und begünstigt. Er baute Karlsruhe und dessen Schloß weiter aus und führte in vielen Städten öffentliche Gebäude auf. Im J. 1771 erbte er infolge des Todes des Markgrafen August Georg von B.-Baden dieses Land; nur die Ortenau und die böhmischen Herrschaften fielen als erledigte Lehen an Österreich zurück. Die so vereinigten badischen Lande betrugen 3500 qkm mit 190,000 Einw. Allmählich und mit Schonung wurden nun die Verwaltungsreformen, die sich in B.-Durlach so sehr bewährt hatten, auch in B.-Baden eingeführt; freilich wurden die Erfolge der weisen Maßregeln des Markgrafen Karl Friedrich durch die Zersplitterung des Landes etwas beeinträchtigt.