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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Baltimore; Baltimorevogel; Baltisches Meer; Baltisch-Port; Baltschik; Baltzer

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Baltimore - Baltzer.

das städtische Armenhaus (Bay View Asylum) für 1200 Arme, Versorgungshäuser für Männer und Frauen, ein Church Home für Waisen und andre Hilflose, Waisenhäuser der verschiedenen Gemeinden (einschließlich der Deutschen), eine Blindenanstalt für Weiße und Farbige, eine Taubstummenanstalt, Zufluchtshäuser (refuges) für Knaben und Mädchen u. dgl. Auch die Freimaurer und Odd Fellows (die beide stattliche Gebäude besitzen) und andre derartige Genossenschaften können in dieser Verbindung genannt werden. Handel und Industrie stehen in hoher Blüte. 1880 wurden in 3683 gewerblichen Anstalten 56,338 Arbeiter beschäftigt, die ein Rohmaterial im Wert von 48 Mill. Doll. in Ware vom Wert von 78 Mill. Doll. verwandelten. Neben den üblichen städtischen Gewerben waren am wichtigsten Kleiderfabriken (9,4 Mill. Doll.), das Einmachen von Obst und Gemüse (5,2 Mill. Doll.), Herstellung von künstlichem Dünger (4,4 Mill. Doll.), Eisenguß und Maschinenbau (3,9 Mill. Doll.), ferner die Fabrikation von Blechwaren, Tabak und Zigarren, von Möbeln, Kupfer, Leder, Glas und der Schiffbau. Der Handel und die Reederei der Stadt sind sehr bedeutend. B. ist nicht nur der Haupthafen von Maryland, es ist auch der am günstigsten gelegene atlantische Hafen für Kentucky und andre Staaten in einem Teil des Ohiobeckens. Mit den Haupthäfen der Vereinigten Staaten sowie mit einem Teil derjenigen Europas (einschließlich Bremens) steht es in regelmäßiger Verbindung. Der Hafen besteht aus zwei Abteilungen, dem Außenhafen und dem oberhalb Fort Mac Henry gelegenen Binnenhafen, der bis ins Herz der Stadt eindringt. Die größten Seedampfer finden in demselben geeignete Landestellen. Die 1883-84 eingelaufenen Schiffe hatten einen Gehalt von 627,364 Ton. Die Ausfuhr (1883-84: 43,079,394 Doll.) besteht wesentlich aus Tabak, Baumwolle, Petroleum, Obst in Blechbüchsen, Austern, Speck, Butter und Käse. Die Einfuhr war 1883-84: 11,423,665 Doll. Auch durch seine Schulen und Bildungsanstalten zeichnet sich B. recht vorteilhaft aus. Es hat eine von J. ^[John] Hopkins gegründete Universität, zwei medizinische Schulen (die eine ein Zweig der 1812 gegründeten Universität vom Maryland, die andre in Verbindung mit dem Washington-Krankenhaus), eine Apothekerschule, ein College für Zahnärzte, zwei katholische Colleges (Loyola und St. Mary's), ein methodistisches Damencollege. Das Athenäum ist ein stattlicher Bau, in welchem die städtischen und kaufmännischen Bibliotheken (zusammen 50,000 Bde.) und die Sammlungen des Marylander Vereins für Geschichte eine würdige Heimat gefunden haben, und welcher außerdem Räume für Kunstausstellungen bietet. Das Maryland Institute ist namentlich der Entwickelung der Kunstgewerbe gewidmet und besitzt eine Bibliothek, Zeichenschule und Laboratorien. Der marmorne Palast der Peabody Institution birgt eine Bibliothek von 60,000 Bänden, eine Musikakademie (Konzertinstitut) u. a. Erwähnung verdient außerdem die Akademie der Wissenschaften mit naturhistorischem Museum. Für Unterhaltung sorgen fünf Theater und mehrere Konzerthallen und Klubs; den zahlreichen Deutschen stehen speziell der Germania-Klub, das Concordia-Theater und die Turnhalle zu Gebote. B. ist auch Sitz eines deutschen Konsuls.

An der Stelle des heutigen B. wurde 1682 das erste Haus errichtet; 1726 standen dort nur einige Blockhäuser. Im J. 1729 beschloß die Legislatur der Provinz Maryland die Anlage einer Stadt am Ufer des Patapscoflusses, die nach Lord Baltimore (s. d.) benannt werden sollte. Der Ort zählte 1775 bereits 564 Häuser und wuchs durch seine Handelsthätigkeit stetig an Bedeutung und Umfang. Im Dezember 1776 versammelte sich der Kongreß der "vereinigten Kolonien" in B.; 1780 wurde der Hafen Zollstätte, 1797 die erste Stadtbehörde erwählt und eingesetzt, nachdem 1793 auf einmal 3000 Franzosen von Santo Domingo nach B. geflüchtet waren. Hier ward 1831 das erste katholische Konzil in der Neuen Welt gehalten, welchem 6 Bischöfe, 1 Administrator und 11 Theologen beiwohnten. Sehr viel trug dann zur raschen Entwickelung der Stadt die deutsche Einwanderung bei. In neuester Zeit litt B. wiederholt (namentlich 25. Juli 1873) durch große Feuersbrünste.

Baltimore (spr. bahltimor), George Calvert, Lord, engl. Staatsmann, geb. 1578 zu Kypling in Yorkshire, war seit 1619 Staatssekretär Jakobs I. und Karls I. Er behauptete sich im Ministerium auch, nachdem er 1624 katholisch geworden, ward 1625 zum Lord B. ernannt und erhielt von Karl I., nachdem eine von ihm in Neufundland angelegte Kolonie mißlungen war, einen von Virginia abgetrennten Landstrich zum Geschenk, den der König zu Ehren seiner Gemahlin Henriette Marie Maryland nannte. B. starb 28. Juni 1632. Die 1729 in Maryland angelegte Stadt B. wurde ihm zu Ehren so genannt; seine Nachkommen behaupteten die Regierung der Kolonie bis zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg.

Baltimorevogel, s. Trupial.

Baltisches Meer, s. v. w. Ostsee; vgl. Baltia.

Baltisch-Port, Hafenstadt in der russ. Provinz Esthland, am Finnischen Meerbusen, mit (1879) 933 Einw., wichtig als Ausgangspunkt der Baltischen Eisenbahn. Der Export zur See betrug 1883: 1,090,921 Rubel (namentlich Spiritus, Weizen, Hafer und Bettfedern), der Import 1,592,258 Rubel (besonders Apfelsinen, Zitronen, rohe Baumwolle, Weintrauben, Kaffee und Farbwaren).

Baltschik, Handelsstadt in Bulgarien, am Schwarzen Meer, 32 km nordöstlich von Warna, mit einem sehr sichern Hafen, großen Lagermagazinen und (1881) 3845 Einw. (meist Türken und Tataren, außerdem Bulgaren und Griechen). Von Bedeutung sind besonders der Viehhandel und der Getreideexport. In der Umgegend starke Bienenzucht und Anbau von Kirschen und Quitten.

Baltzer, 1) Johann Baptista, kathol. Theolog, geb. 16. Juli 1803 zu Andernach, studierte 1823-27 in Bonn unter Hermes, ward 1830 Professor der Theologie zu Breslau, 1846 unter Fürstbischof von Diepenbrock Domherr an der Kathedrale, 1860 Domscholastikus. Wegen seiner unerschütterlichen Festigkeit in Sachen der wissenschaftlichen Überzeugung ward er, nachdem er auch Günther verteidigt hatte, 1860 durch den Fürstbischof Förster suspendiert, vom königlichen Disziplinarhof zwar freigesprochen, aber von der Regierung preisgegeben. Im J. 1870 erklärte er sich gegen das Infallibilitätsdogma und starb 1. Okt. 1871 in Bonn. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: "Das christliche Seligkeitsdogma, eine Streitschrift" (2. Aufl., Mainz 1844), als Fortsetzung dieser Schrift "Theologische Briefe" (das. 1844 und Bresl. 1845); "Neue theologische Briefe an Anton Günther" (das. 1553 ^[richtig: 1853]); "Über die Anfänge der Organismen und die Urgeschichte des Menschen" (4. Aufl., Paderb. 1873); "Die biblische Schöpfungsgeschichte" (Leipz. 1867-72, 2 Bde.). Vgl. Friedberg, Joh. Bapt. B. (Leipz. 1873); Melzer, J. B. Baltzers Leben (Bonn 1877).

2) Eduard, freigemeindlicher Schriftsteller, geb.