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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Banken

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Banken (Frankreich, Belgien, Niederlande).

[Frankreich.] Seit 1848 hat Frankreich nur eine einzige Zettelbank, die Banque de France. Dieselbe besteht seit 1800. Ihre Notenausgabe ist auf den Betrag von 3200 Mill. Frank beschränkt, ein Drittel desselben muß sie in barem Geld gedeckt haben. Im J. 1848 und wieder in den Jahren 1870-77 hat sie die Einlösung ihrer Noten eingestellt. Ihr Privilegium dauert bis 1897; sie hat während der Dauer desselben die Verpflichtung, dem Staat bis zum Betrag von 100 Mill. Fr. unverzinsliche Darlehen zu geben. Bei der letzten Erneuerung des Privilegiums (1859) mußte sie überdies 100 Mill. Fr. 3proz. Rente zu pari übernehmen. Ihr Aktienkapital beträgt 182½ Mill. Fr. Ende August 1884 war der Notenumlauf 2821,252 Mill. Fr., der Barvorrat 2127,992, das Wechselportefeuille 921,482, der Lombard 436,467, Guthaben der Privaten 449,348, Guthaben des Staats 170,381 Mill. Fr. Die Bank wird von einem Gouverneur und zwei Untergouverneuren geleitet, welche der Staat ernennt; die Aktionäre werden durch einen Ausschuß von 15 Personen ("régents") vertreten. Außerdem wählen die Aktionäre drei Zensoren (censeurs), welche einen Ausschuß von 12 Personen zur Beaufsichtigung des Diskontogeschäfts (conseil d'escompte) ernennen. Ihre im Umlauf befindlichen Noten sind von 50, 100, 200 (wenige), 500 und 1000 Fr. Die Bank hat 94 Filialen ("succursales") in den Departements, von denen noch 60 weitere Städte, die auch als Bankplätze anzusehen sind, ressortieren. Die Dividenden betrugen 1879: 11,14 Proz., 1880: 15,493, 1881: 25,772, 1882: 29,896 Proz. Als eine zweite Notenbank erscheint nur noch die 1851 errichtete Banque de l'Algérie mit dem Sitz in Algier; ihr Notenumlauf betrug Ende 1881: 63 Mill. Fr. Vgl. Bousquet, La Banque de France et les institutions de crédit (1885).

Auch das Geschäft der Hypothekenbanken ist in Frankreich in hohem Maß zentralisiert. Für das Mutterland besteht als einziges Institut der 1852 begründete Crédit foncier de France, dessen Gouverneur und Untergouverneure von der Regierung ernannt werden. Eine 1879 gegründete zweite Anstalt, die Banque hypothécaire de France, wurde 1882 mit dem Crédit foncier fusioniert. Das Aktienkapital des Crédit foncier beträgt 155 Mill. Fr.; Ende 1882 betrugen seine Darlehen gegen Hypothek 1541 Mill. Fr., seine Darlehen an Kommunen 750 Mill. Fr. Dagegen hatte er 1272 Mill. Fr. Pfandbriefe und 731 Mill. Fr. Kommunalobligationen ausgegeben. Die ausgegebenen Obligationen dürfen das Zwanzigfache des Aktienkapitals nicht übersteigen. Neuerdings sind verschiedene Hypothekenbanken für die Kolonien gegründet worden, wie der Crédit foncier et agricole d'Algérie (1880), Crédit foncier de Tunsie (1883), die aber noch keine bedeutendere Entwickelung genommen haben. Originell ist der Crédit foncier de la marine (1880), der auf Schiffe hypothekarische Darlehen gibt. Eine reine Diskonto- und Lombardbank von großer Bedeutung ist das Comptoir d'escompte de Paris (1848 gegründet, Kapital 80 Mill. Fr., Umsatz 1881: 11,000 Mill. Fr.).

Sehr groß ist die Zahl und die Geschäftsthätigkeit der Mobiliarbanken. Unter ihnen ist von vorbildlicher Bedeutung gewesen der 1851 entstandene Crédit mobilier, der hauptsächlich mit Gründungen und Emissionen sich befaßt, aber in neuerer Zeit wenig Erfolge erzielt hat. Unter den neubegründeten Nachahmungen desselben hat besonders der 1872 mit einem Kapital von 100 Mill. Fr. errichtete Crédit lyonnais rasch eine hervorragende Stelle gewonnen. Außerdem sind unter den Pariser Instituten hervorzuheben: Société de dépots et de comptes courants (errichtet 1863, Kapital 20 Mill. Fr.); Banque franco-égyptienne (1870, Kapital 25 Mill. Fr.); Banque de Paris et des Pays-Bas (1872, 62½ Mill. Fr.); Crédit industriel et commercial de France (15 Mill. Fr.).

[Die übrigen europäischen Staaten.] Belgien hatte nach der Revolution eine Zeitlang sechs Notenbanken. Seit 1850 bestanden nur noch folgende vier: 1) die Belgische Nationalbank, 1850 mit einem Kapital von 25 Mill. Frank begründet, welches noch um 15 Mill. vermehrt werden kann. Die Geschäftszweige der Bank sind das Diskonto-, Lombard-, Kontokorrent-, Inkasso- und Aufbewahrungsgeschäft sowie Edelmetallhandel; ferner versieht sie die Kassengeschäfte des Staats. Sie ist zur Notenausgabe in Stücken von 1000, 500, 100, 50 und 20 Fr. berechtigt, und dies Privilegium ist für die Folge ihr allein vorbehalten. Sie hat eine Filiale in Antwerpen und über 30 Zweigkontore und eine noch größere Zahl von Agenturen in verschiedenen Orten. Anfang 1883 betrugen Kapital und Reservefonds zusammen 66½ Mill. Fr., der Notenumlauf 439 Mill. Fr. Von dem über 6 Proz. sich ergebenden Überschuß erhält 15 Proz. der Reservefonds und ¼ der Staat; außerdem erhält der Staat ¼ Proz. der Summe, um welche der durchschnittliche Notenumlauf 275 Mill. Fr. übersteigt. Neben der Nationalbank hatten früher noch das Recht der Notenausgabe: 2) die Société générale, 1822 unter König Wilhelm begründet mit einem eingezahlten Grundkapital von ca. 33 Mill. und gegenwärtig im Besitz einer Reserve von über 51. Mill. Fr.; 3) die Belgische Bank, 1835 von Brouckère gegründet, hat jetzt ein Grundkapital von 15 Mill. Fr.; 4) die Lütticher Bank, mit einem eingezahlten Grundkapital von 2 Mill. Fr. und einer Reserve von 3½ Mill. Fr. - Von den drei letzten B. haben sich inzwischen die beiden erstern des Rechts der Notenausgabe zu gunsten der Nationalbank begeben, so daß neben der letztern nur noch die Lütticher Bank, jedoch nur in geringfügigen Beträgen, Noten ausgibt. Von den Mobiliarbanken auf Aktien hatten Ende 1881 die 55 hervorragendsten zusammen 214½ Mill. Fr. Kapital, 144½ Mill. Wechsel, 215,3 Mill. Effekten, 339 Mill. Darlehen, 254 Mill. Kontokorrentdebitoren und 523 Mill. Kontokorrentkreditoren. Gleichzeitig Depositen- und Hypothekenbank ist die Banque liégeoise et caisse d'épargne. Ferner bestehen über 30 Kreditvereine (Unions du Crédit), fast alle seit dem Erlaß des Genossenschaftsgesetzes vom 18. Mai 1870 gebildet.

Niederlande. Die älteste Bank Hollands war die Bank von Amsterdam, 1609 gestiftet, eine reine Depositen- und Girobank, die unter der Verwaltung der Stadt Amsterdam stand. Als 1672 die französischen Heere bis Utrecht kamen und ein großer Anlauf auf die Bank stattfand, zahlte dieselbe ohne Stockung. Erst 1790 fing sie an, die Einlösung gegen Metallgeld zu beschränken, und 1794 mußte die Direktion eingestehen, daß seit 50 Jahren von ihr Vorschüsse an die Ostindische Kompanie, an die Stadt Amsterdam und an die Staaten von Holland und Westfriesland bis zum Betrag von 10½ Mill. Gulden gemacht worden seien. Alsbald fielen die Bankscheine bis 16 Proz. unter den Nominalwert; die meisten Einlagen wurden zurückgenommen, 1820 wurde die Bank aufgelöst und 1824 durch die Bank der Niederlande ersetzt. Das Privilegium der letztern wurde 1838 und wiederum 1863 erneuert. Sie ist die einzige Notenbank des Königreichs. Ihr Kapital bildeten anfangs 5000 Aktien zu 1000 Fl.; bald aber er-^[folgende Seite]