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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bann; Bannelier; Bannen; Banner; Bannforst

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Bann - Bannforst.

staatlich verboten. Von dem Judentum ging die Exkommunikation (Kirchenbann) in die christliche Kirche über, ursprünglich als Zucht- und Erziehungsmittel und zum Schutz der Gemeinschaft vor fremden Elementen; mit der steigenden Macht der Geistlichkeit aber ward der B. zur Strafe und endlich zu einer um so furchtbarern Waffe der Hierarchie, als durch die staatliche Anerkennung des kanonischen Rechts mit dem B. die schwersten bürgerlichen Folgen verbunden waren, so daß sogar der Grundsatz aufgestellt und mitunter durchgeführt wurde, dem gebannten Fürsten seien die Unterthanen keinen Gehorsam schuldig. Das Kirchenrecht unterscheidet den Kleinen und Großen B. (excommunicatio minor und major oder Anathema). Jener schließt nur von der Gemeinschaft der Sakramente aus und zieht die Unfähigkeit zur Erlangung kirchlicher Ämter nach sich, dieser schließt auch von jeder kirchlichen Gemeinschaft, vom bürgerlichen Recht und geselligen Verkehr aus. Der B. ist entweder latae oder ferendae sententiae, jenes infolge einer allgemeinen gesetzlichen Vorschrift, dieses infolge eines Urteilsspruchs. Zu Verhängung des letztern ist jeder Geistliche befugt, der eine selbständige Jurisdiktion für das Gebiet seines Sprengels hat. Wird der Große B. öffentlich bekannt gemacht, so tritt für jeden Katholiken die Pflicht ein, den Verkehr mit dem Gebannten zu meiden. Der Aufhebung des Bannes muß die Kirchenbuße vorhergehen. Die neuere staatliche Gesetzgebung verbietet überall die Verbindung bürgerlicher Nachteile mit dem kirchlichen B., so insbesondere das preußische Gesetz vom 13. Mai 1873 über die Grenzen des Rechts zum Gebrauch kirchlicher Straf- und Zuchtmittel. Die Ausdehnung des Bannes auf eine Ortschaft oder ein Land, d. h. das Verbot jeder kirchlichen Feier, hieß Interdikt (s. d.). In der evangelischen Kirche ist nur der Kleine B., die Ausschließung vom Abendmahl und andern kirchlichen Rechten, bis in die neuere Zeit als Zuchtmittel beibehalten worden. Vgl. Kober, Der Kirchenbann (2. Aufl., Tübing. 1863); Wiesner, Der B. und seine geschichtliche Entwickelung auf dem Boden des Judentums (Leipz. 1864); Galli, Die lutherischen Kirchenstrafen (Bresl. 1879); Hinschius, Die preußischen Kirchengesetze des Jahrs 1873, S. 13 ff. (Berl. 1873).

Bann, Fluß in Irland, entspringt auf den Mournebergen in der Grafschaft Down, östlich von Newry, durchströmt den Neaghsee, wird bei Coleraine auf eine Strecke von 7 km schiffbar und mündet nach 137 km langem Lauf an der Nordküste in den Ozean.

Bannelier (spr. bann'ljeh), Charles, Musikschriftsteller, geb. 15. März 1840 zu Paris, widmete sich, nachdem er eine gründliche wissenschaftliche Erziehung genossen, im 20. Lebensjahr ausschließlich der Musik und machte zu diesem Zweck die Kompositionsklassen am Konservatorium durch. Im J. 1866 trat er in die Redaktion der "Revue et gazette musicale" ein und leitete dieselbe während der letzten Jahre ihres Bestehens (bis Ende 1880) als Chefredakteur. Außer zahlreichen ebenso geistvollen wie gründlichen Arbeiten für dieses Blatt veröffentlichte er eine Übersetzung von Hanslicks "Vom Musikalisch-Schönen" (1877), des Textes der Bachschen Matthäus-Passion (für die 1874 von Lamoureux in Paris veranstaltete Aufführung dieses Werks) und ein vierhändiges Arrangement der "Symphonie fantastique" von Berlioz.

Bannen, s. Festmachen.

Banner (unrichtig Panner, Pannier, verwandt mit dem franz. bannière, ital. bandiera, ursprünglich s. v. w. Zeichen), die Hauptfahne eines Heers, welche vor dem Oberbefehlshaber aufgepflanzt und auf Märschen vor demselben hergeführt wird und in früherer Zeit oft so schwer und groß war, daß ein eigner Wagen dazu gehörte. Bekannt ist besonders das deutsche Reichsbanner, die große Fahne, welche der Kaiser oder der von ihm ernannte Oberbefehlshaber bei der Sammlung des Reichsheers aufpflanzte und im Feld führte. Unter Heinrich I. und Otto d. Gr. war auf demselben der Erzengel Michael abgebildet, unter Friedrich I. ein Adler, unter Otto IV. ein Adler über einem Drachen schwebend, seit Siegmund, vielleicht schon früher, der Reichsadler und zwar ein schwarzer Adler mit des Kaisers Hauswappen auf der Brust in gelbem Feld. Bei Belehnungen hatte der Kaiser neben dem Reichspanier, dessen Farben also schwarz und golden waren, zur Verleihung des Blutbannes noch eine rote Fahne zur Seite. Hierauf ist es wohl zurückzuführen, daß man gegen die Regeln der Heraldik die Farben Schwarz-Rot-Gold zu einer Trikolore kombinierte, welche bekanntlich bis auf die neueste Zeit als die deutsche Fahne bezeichnet ward. Die besondere Obhut des Reichsbanners wurde gewöhnlich einem Vasallen anvertraut, der vom Kaiser ernannt wurde. Zu Ende des 17. Jahrh. entstand ein heftiger Streit, als Hannover mit der Kurwürde das Reichsbanneramt als Erzamt erhalten sollte. Sachsen und Württemberg protestierten, bis Kaiser Leopold nachgab. Verschieden von dem Reichsbanner war die Reichssturmfahne; dieselbe war kleiner, mehr pikenähnlich und wurde dem Kaiser oder seinem Stellvertreter in der Schlacht vorgetragen, das Recht ihrer Führung mit dem Rechte des Vorstreits in einem Kreis wohl auch einzelnen Reichsständen erblich verliehen. Eine solche Reichssturmfahne war das St. Georgenbanner der schwäbischen und fränkischen Ritterschaft. Lehnsherren, welche zum Kriegsgefolge bis zu 100 streitbare eigne Männer hatten, führten ein viereckiges B., welches um ein Drittel länger als breit war, und hießen danach Bannerherren. Das dermalige deutsche Reichsbanner oder die kaiserliche Standarte enthält auf Purpurgrund das Eiserne Kreuz, belegt mit dem kaiserlichen, von der Kette des Schwarzen Adlerordens umgebenen Wappen in weißem Feld, und in den vier Eckfeldern des Fahnentuches abwechselnd den preußischen Adler und die kaiserliche Krone. (Vgl. den allerhöchsten Erlaß vom 3. Aug. 1871, Reichsgesetzblatt, S. 318.) B. bezeichnet auch ein Freiwilligenkorps, z. B. das B. der freiwilligen Sachsen, ein nach der Schlacht bei Leipzig 1813 errichtetes Freikorps von einigen Tausend Mann Husaren und Jägern zu Pferd und zu Fuß, das für einen Bestandteil der kaiserlich russischen Garde erklärt wurde.

Banner, Johann, s. Banér.

Bannforst (Bannwald, Silva defensata s. inforestata, Silva regis, Forestum dominicum s. bannarium), im Mittelalter und namentlichem fränkischen Reich die Bezeichnung für Waldungen, die von den Trägern der öffentlichen Gewalt, den Königen, Grafen, Vögten, in Ausübung des Bannrechts (des Rechts zum Gebot und Verbot) in betreff gewisser Nutzungen bei Strafe für den gemeinen Gebrauch geschlossen wurden. Die Schließung für den gemeinen Gebrauch hieß Einforstung. Das äußere Zeichen für dieselbe war die Abmarkung, Eingrenzung des Waldes. Die Einforstung erstreckte sich anfangs vorzugsweise auf Jagd (Wildbann) und Fischerei. Die weitere Ausdehnung auf andre Nutzungen hat vielfach dazu geführt, daß die ehemaligen Marken-^[folgende Seite]