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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bazancourt; Bazar; Bazard

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Bazancourt - Bazard.

benahm er sich hochmütig und herrisch und bemühte sich, als Napoleon III. die mexikanische Unternehmung aufgab, vergeblich, ihn zur freiwilligen Abdankung zu bewegen. 1867 wurde er mit dem französischen Korps zurückgerufen und erhielt das Kommando des 3. Armeekorps in Nancy, 1869 das der Garde. Beim Ausbruch des deutsch-französischen Kriegs 1870 übernahm er das Kommando des 3. Armeekorps und nach dem Rücktritt des Kaisers vom Oberkommando 12. Aug. den Oberbefehl über die bei Metz konzentrierte Rheinarmee. Im Begriff, von Metz nach Châlons abzumarschieren, wurde er 14. Aug. durch den Angriff der ersten deutschen Armee bei Colombey-Nouilly aufgehalten, 16. Aug. durch die Schlacht bei Vionville gezwungen, sich auf Metz zurückzuziehen, und nach der tapfern Verteidigung seiner Positionen 18. Aug. in der Schlacht bei Gravelotte in Metz eingeschlossen. Ebenso wie B. weniger den Abmarsch von Metz als die Verteidigung dieser Festung als seine Hauptaufgabe betrachtet hatte, suchte er jetzt besonders seine Stelle zu behaupten und entwickelte während der Zernierung von Metz nicht die erforderliche Energie, um dieselbe zu durchbrechen und sich mit Mac Mahon zu vereinigen. Nach der Schlacht bei Noisseville (31. Aug. und 1. Sept.) gab er jeden Durchbruchsversuch auf und hatte offenbar die Absicht, seine Armee bis zum voraussichtlichen Frieden intakt zu halten, um dann als unbesiegter Feldherr den entscheidenden politischen Einfluß an sich zu reißen. Doch wurde er 27. Okt. durch Mangel an Lebensmitteln gezwungen, sich mit 170,000 Mann kriegsgefangen zu ergeben und Metz zu überliefern. Er selbst begab sich nach Kassel zu Napoleon. Die Kapitulation von Metz erregte in Frankreich die höchste Erbitterung gegen B., auf den man so große Hoffnungen gesetzt hatte; er wurde nicht nur der Unfähigkeit und Feigheit, sondern auch des Verrats beschuldigt und 1872 auf sein Verlangen verhaftet, um vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Dasselbe trat im Oktober 1873 unter dem Vorsitz des Herzogs von Aumale im Schloß Trianon zusammen, erklärte ihn unter dem Druck der öffentlichen Meinung, die ein Opfer verlangte, und unter dem Einfluß seiner politischen und persönlichen Gegner in der Armee 10. Dez. einstimmig der Pflichtverletzung für schuldig und verurteilte ihn nach vorhergegangener Degradation zum Tode. Auf das Gnadengesuch des Kriegsgerichts verwandelte Mac Mahon die Todesstrafe in 20jährige Haft. B. ward nach der Insel Sainte-Marguerite bei Cannes gebracht, entfloh aber von da 10. Aug. 1874 mit Hilfe seiner Gemahlin und wahrscheinlich mit geheimer Zulassung seitens der Beamten und lebt jetzt zu Madrid in völliger Zurückgezogenheit. Er veröffentlichte zu seiner Rechtfertigung: "Épisodes de la guerre de 1870 et le blocus de Metz" (1883), das in Frankreich sofort verboten wurde. Vgl. außerdem: "Rapports sommaires sur les operations de l'armée du Rhin, du 13 août au 19 octobre" (Genf 1870; deutsch von Mels, Berl. 1870); "L'armée du Rhin depuis le 12 août jusqu'au 29 octobre 1870" (Par. 1872; deutsch, Kass. 1872); v. Hanneken, Marschall B. und die Kapitulation von Metz (Darmst. 1873); über seinen Prozeß vgl. La Brugère, L'affaire B., compte-rendu officiel (Par. 1874).

Bazancourt (spr. -sangkuhr), César, Baron de, franz. Roman- und Militärschriftsteller, geb. 1810 zu Paris, war unter der Julimonarchie Bibliothekar im Schloß von Compiègne. 1854 wurde er von der kaiserlichen Regierung nach der Krim gesandt mit dem Auftrag, eine Geschichte des Krimfeldzugs zu schreiben, als deren Vorläufer eine Sammlung von Briefen unter dem Titel: "Cinq mois au camp devant Sébastopol" (Par. 1855) gelten kann, welche seine Beobachtungen vom Kriegsschauplatz nach der Heimat meldeten. Das eigentliche Werk: "L'expédition de Crimée, jusqu'à la prise de Sebastopol, chroniques de la guerre d'Occident" (1856, 2 Bde.), fand wegen der Unparteilichkeit und Gewissenhaftigkeit der Kritik, der lebendigen und interessanten Darstellung eine so glänzende Aufnahme, daß in einem Jahr vier Auflagen nötig wurden und zugleich eine deutsche Übersetzung (Wien 1856) erschien. Außerdem stammen aus seiner Feder: "La marine française dans la mer Noire et la Baltique" (1858); eine Geschichte des italienischen Feldzugs: "La campagne d'Italie de 1859" (3. Aufl. 1862; deutsch, Naumb. 1868); "Les expéditions de Chine et de Cochinchine, d'après documents officiels" (1861-62, 2 Bde.); "Le Mexique contemporain" (1862); einige Romane: "L'escadron volant de la reine" (1836, 2 Bde.), "Un dernier souvenir" (1840), "A côté du bonheur" (1845), "Comte de Rienny" (1845), "Georges le Montagnard" (1851, 5 Bde.), "Noblesse oblige" (1851), "La princesse Pallianci" (1852, 5 Bde.), und die vielgelesenen Schriften: "Histoire de Sicile sous la domination des Normands" (1846, 2 Bde.) und "Les secrets de l'épée" (1862), letzteres eine interessante Geschichte der Fechtkunst. B. starb 25. Jan. 1865 in Paris.

Bazar (spr. -sār; arab. und pers.), in oriental. Städten Marktplatz oder breite Straße, oft mit Bäumen bepflanzt, auch mit Hallen versehen oder überdeckt (Bazestan), Sammelplatz aller Handelsartikel und Mittelpunkt aller Handelsgeschäfte, oft des gesamten städtischen Verkehrs. In Persien und im türkischen Reich hat jede Stadt ihren B. von größerm oder geringerm Umfang und Glanz. Der B. in Ispahan ist einer der schönsten, jener in Tebriz vielleicht der größte. In europäischen Städten (London, Paris, Berlin u. a.) nennt man Bazare große Gebäude oder Hallen mit zahlreichen Läden, in denen alle Handelsartikel, vorzüglich Luxuswaren, in größter Auswahl zum Verkauf ausgestellt sind. In neuester Zeit bezeichnet man nach englischem Vorgehen als B. auch den für Wohlthätigkeitszwecke veranstalteten Verkauf unentgeltlich beigesteuerter Gegenstände durch Frauen in Form einer Ausstellung.

Bazard (spr. -sar), Saint-Amand, einer der Begründer des Saint-Simonismus in Frankreich und der bedeutendste Vertreter dieser sozialistischen Richtung (s. Sozialismus), wurde erst nach dem Tod Saint-Simons (1825) Anhänger von dessen Lehre. Geb. 19. Sept. 1791 zu Paris, schloß er sich nach der Restauration der republikanischen Opposition an, wurde ein Hauptführer der französischen Karbonari und gründete unter dem Deckmantel der Freimaurerei die republikanische Gesellschaft der "Amis de la vérité", die sich 1820 schnell über alle Provinzen verbreitete und eine große Zahl Mitglieder zählte. B. leitete, an der Spitze des Zentralausschusses stehend, die Bewegung, beteiligte sich an einem mißlungenen Aufstand und wurde in contumaciam zum Tod verurteilt. Begnadigt und von Olinde Rodrigues für die Lehre Saint-Simons, deren Organ von 1825 bis 1827 der "Producteur" war, gewonnen, widmete er sich mit Enfantin vornehmlich der spekulativen Ausbildung und systematischen Gestaltung der Lehre. Im J. 1828 eröffnete B. in der Rue Taranne zu Paris Vorlesungen über die von ihm weiter entwickelten Lehren Saint-Simons, die der Sekte viele Anhänger ge-^[folgende Seite]