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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Belfort

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Belfort (Schlacht bei B.).

men. Damit war eine feste Position gewonnen, denn von hier aus konnten die Citadelle und die Forts La Miotte und La Justice aufs wirksamste beschossen werden. So entspann sich in den nächsten Tagen ein heftiger Artilleriekampf, wobei sich die Überlegenheit der deutschen Artillerie aufs neue zeigte. Die Festung konnte sich unmöglich mehr lange halten. Da aber das große Hauptquartier B. vor dem Abschluß der Friedenspräliminarien in Besitz haben wollte, willigte es in die von Frankreich verlangte Verlängerung des Waffenstillstandes nur unter der Bedingung der Übergabe Belforts. Die französische Regierung erlaubte daher Denfert die Kapitulation unter ehrenvollen Bedingungen. Am 16. Febr. wurde die Konvention geschlossen und in derselben der Garnison in Anerkennung ihrer tapfern Verteidigung freier Abzug mit Waffen und Feldgeschützen und sonstigen kriegerischen Ehren und die Mitnahme der Festungsarchive bewilligt. Die Franzosen hatten im ganzen 32 Offiziere und 4700 Mann, die Deutschen 88 Offiziere und 2050 Mann Verluste. Die Stadt B. war zum großen Teil zerstört. Die Besatzung, noch 13,000 Mann stark, zog 18. Febr. ab, und die deutschen Truppen rückten ein. Dennoch ward B. den Franzosen im Friedensvertrag zurückgegeben und 2. Aug. 1873 von den deutschen Truppen geräumt. Um nicht die definitive Abtretung des Departements Haut-Rhin anerkennen zu müssen, ward B. nicht mit dem Departement Haute-Saône vereinigt, sondern zur Hauptstadt eines besondern Arrondissements B., welches den französisch gebliebenen Teil des Elsaß umfaßt, gemacht und zu einer großartigen Festung umgewandelt.

Schlacht bei B. Die dreitägigen Kämpfe (15., 16., 17. Jan. 1871) des 14. deutschen Armeekorps unter General v. Werder gegen die französische Ostarmee unter General Bourbaki werden teils als Schlacht bei Montbéliard, teils als Schlacht an der Lisaine zusammengefaßt, jedoch meist Schlacht bei B. genannt, weil es sich dabei zunächst auf französischer Seite um die Aufhebung, auf deutscher Seite um die Aufrechthaltung der Belagerung von B. handelte. Bourbaki war auf Veranstalten des Diktators Gambetta in der letzten Woche des Dezembers 1870 mit dem 15., 18. und 20. Korps von Revers, großenteils auf der Eisenbahn, nach Besançon gezogen, wo auch das in Lyon neuformierte 24. Korps unter General Bressolles und die Division Crémer zu ihm stießen. Dies waren zusammen etwa 150,000 Mann. Zweck der Expedition war, die Aufhebung der Belagerung von B. zu erzwingen, durch einen Vorstoß gegen Nancy die Hauptverbindungslinien der deutschen Heere zu unterbrechen und sich mit der Nordarmee unter Faidherbe zu vereinigen. Der kühne Plan konnte nur gelingen, wenn er mit größter Energie und Präzision ausgeführt wurde. Diese Vorbedingungen waren aber bei der Beschaffenheit der in aller Eile zusammengerafften Truppen, bei der mangelnden Einheit der Leitung und ferner bei den durch die Kälte und die gebirgige Natur des Landes verursachten Schwierigkeiten nicht zu ermöglichen. Bei seinem Marsch von Besançon nach B. stieß Bourbaki auf das 14. Armeekorps unter Werder, welches 33,278 Mann Infanterie, 4020 Mann Kavallerie und 120 Feldgeschütze stark war. Gleich auf die ersten Gerüchte von Ansammlung feindlicher Streitkräfte bei Besançon hatte Werder Dijon verlassen und sich bei Vesoul aufgestellt; auf die weitere Nachricht, daß er die ganze Armee Bourbakis vor sich habe, und daß diese die Richtung nach B. einschlage, zog er 9. Jan., den Feind durch den Angriff bei Villersexel um ein paar Tage aufhaltend, von Vesoul über Lure und Bonchamp nach B. und erreichte am Abend des 11. die durch die Thaleinschnitte des Lisaine- und Allaine-Baches gebildete Verteidigungsstellung Frahier-Montbéliard-Delle, welche, von den Vogesen bis zur Schweizergrenze reichend und, 20 km lang, das obere Elsaß deckt. In aller Eile wurde sie durch Befestigungen verstärkt, welche mit 37 schweren Geschützen von der Belforter Belagerungsartillerie armiert wurden. Durch das Detachement des Generals Debschitz wurde die Stärke der zur Schlacht verwendbaren Truppen auf etwa 43,000 erhöht. Werder war entschlossen, der Bourbakischen Armee hier einen festen Damm entgegenzusetzen. Allerdings wurde die Festigkeit seiner Stellung sehr vermindert, als in der Nacht auf den 14. Jan. die Kälte bis auf 17° stieg und sämtliche Wasser zufroren. Infolgedessen fragte Werder am Abend des 14. telegraphisch in Versailles an, ob er unter den obwaltenden Verhältnissen den Kampf bei B. annehmen solle. Noch ehe er die bejahende Antwort erhielt (am 15. abends), hatte der Feind bereits angegriffen.

Der Kampf begann 15. Jan. morgens bei 14° Kälte. Vor den überlegenen feindlichen Heeresmassen wichen die deutschen Vorposten unter hartnäckigen Gefechten auf die Hauptstellung zurück. Am ersten Tag versuchte Bourbaki das Zentrum zu durchbrechen. Es gelang ihm, Bussurel zu nehmen, aber nicht, über die Lisaine hinüberzukommen, da die schweren Geschütze der Deutschen ein vernichtendes Feuer gegen die französischen Batterien und Infanteriekolonnen unterhielten. Am zweiten Tag wandte er sich vorzugsweise gegen Werders rechten Flügel und suchte denselben zu umgehen, um die von Frahier über Châlonvillars und Essert nach B. führende Straße zu gewinnen, während er zugleich, mehr demonstrativ, auch auf den andern Punkten angreifen ließ. Da auf dem rechten Flügel bei Chénebier nur wenig badische Truppen, drei Bataillone mit drei Batterien unter General Degenfeld, standen, so mußten diese, von ungeheurer Übermacht angegriffen, nach zehnstündigem Kampf Chénebier räumen und bis vor Châlonvillars sich zurückziehen. In der Nacht erneuerte Bourbaki seine Durchbruchsversuche im Zentrum, ohne das gewünschte Ziel zu erreichen, und versäumte darüber die energische Ausbeutung des bei Chénebier errungenen Vorteils. Werder dagegen befahl noch in der Nacht des 16. Jan. der badischen Brigade Keller, Chénebier um jeden Preis wieder zu nehmen und ein Vorrücken des Feindes über Frahier hinaus zu verhindern. Am 17. Jan., morgens 4½ Uhr, ging die Brigade Keller über Frahier hinaus, drängte die Vorposten zurück und stürmte in das Dorf Chénebier hinein. Den westlichen Teil desselben konnte sie nicht nehmen, mußte sogar, da der Feind Verstärkung erhielt, auch den östlichen wieder aufgeben, stellte sich aber, 400 Gefangene und viele erbeutete Wagen mit sich führend, dem Dorf unmittelbar gegenüber auf, alle Angriffe zurückweisend. Auf den übrigen Punkten wurden an diesem Tag die Angriffe der Franzosen fortgesetzt, hatten aber keinen Erfolg. Man merkte den letzten Angriffen die völlige Erschöpfung der französischen Soldaten an. Bourbaki, welcher trotz seiner ungeheuern Übermacht nirgends durchbrechen konnte, und dessen Armee infolge des Mißerfolgs, der furchtbaren Leiden durch die Kälte und der mangelhaften Verpflegung demoralisiert war, mußte sich zum Rückzug entschließen, zumal da er gleichfalls von der Annäherung der Manteuffelschen Armee Nachricht erhielt. Der Rückzug begann schon am Abend des 17. und wurde in der Nacht und am 18. fortgesetzt; zur Deckung des-^[folgende Seite]