Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Belgien

648

Belgien (Bergbau, Industrie).

den Provinzen Antwerpen und Brabant, Roggen in Brabant und Ostflandern, Hafer in Luxemburg, Namur und Hennegau, Spelz in Namur, Gerste und Flachs in Flandern und Hennegau, Buchweizen in Ostflandern und Antwerpen, Runkelrüben in Hennegau, Lüttich und Brabant, Kartoffeln in Brabant, Flandern und Antwerpen angebaut. Von den 2,945,539 Hektar, welche die Gesamtfläche des Königreichs umfaßt, wurden 1866: 2,663,753 Hektar bebaut und zwar zur Hälfte in Pacht. Die Ausfuhr von Ackerbauprodukten (Getreide und Mehl) hat sich im letzten Jahrzehnt sehr gehoben, sie stieg von 278,650 metr. Ztr. (1870) auf 5,226,680 metr. Ztr. im Wert von 134 Mill. Fr. (1882). Noch stärker hat die Einfuhr zugenommen, sie hat 1882 den Wert von 346½ Mill. Fr. erreicht.

An Haustieren gab es Pferde 1880: 271,974 (relativ die meisten in Namur und Luxemburg, im ganzen 5 auf 100 Einw.). Für die Veredelung der Pferde wird durch Gestüte (Staatsgestüt zu Tervueren) viel gethan. Hornvieh gab es 1880: 1,382,815 Stück (die meisten in Ostflandern), im ganzen 25 Stück auf je 100 Einw. Schafe gab es in B. 1880: 365,400 (die meisten in Luxemburg), Schweine 646,375 (die meisten in Ostflandern). Von Flandern gehen auch abgehäutete Kaninchen in großen Mengen nach England, während die Felle nach Frankreich, Rußland und Amerika versandt werden. Die Bienenzucht blüht in der Campine. Groß ist der Reichtum an See- und Flußfischen. Den Seefischfang betrieben 1882: 300 Fischerboote von 10,047 Ton. und einer Besatzung von 1733 Mann, wovon zwei Drittel auf Ostende entfallen. Der Ertrag ist sehr wechselnd; so betrug er 1882 an Kabeljau 868 T. (gegen 3143 in 1856), während der große Heringsfang seit 1864 ganz aufgehört hat. Die Kleinfischerei auf Hering brachte 1882: 100,000 Fr., der Fang ungesalzener Seefische 3,038,000 Fr. an Wert.

Die Waldungen, welche sich im Laufe von 40 Jahren von 20 Proz. des Areals auf 12 Proz. vermindert haben, sind in den südlichen Provinzen und Brabant am bedeutendsten. Darunter finden sich große Anpflanzungen von Weiden und kanadischen Pappeln, von denen erstere zum Korbflechten, letztere zum Verfertigen von Holzschuhen, womit sich im Waesland Tausende von Menschen beschäftigen, verwendet werden. An wilden Tieren finden sich hier und da noch Wölfe in den Eichenwäldern der Ardennen, Wildbret ist nicht zahlreich vorhanden.

Der mineralische Gehalt Belgiens ist bedeutend und ziemlich mannigfaltig, namentlich in den Provinzen Hennegau, Namur, Luxemburg und Lüttich, wo er einen ansehnlichen Bergbau hervorgerufen hat. Obenan unter den unterirdischen Schätzen des Landes steht die Steinkohle, deren weites Lager von W. nach O. sich beinahe durch ganz B. erstreckt. Es teilt sich in zwei Hauptbassins, westlich und östlich vom Fluß Sambre in der Provinz Namur. Das beträchtlichere westliche zieht über Namur in das Sambrethal, erreicht bei Charleroi eine Breite von 22 km von N. nach S. und wendet sich dann in einer Breite von etwa 15 km gegen Mons und weiter gegen Valenciennes und Douai. Es mißt 45 km in Namur und 97 km im Hennegau und hat in B. eine Ausdehnung von 900 qkm (16,4 QM.). Das östliche Becken bildet mit dem erstern einen Winkel von etwa 32°. Es folgt dem Thal der Maas, erweitert sich bis über Lüttich hinaus, wo es eine Breite von 22 km von N. nach S. erreicht, und verläuft sich im holländischen Limburg und in Rheinpreußen. Es hat 97 km Länge, wovon 15 in Namur, 81 in Lüttich liegen, und eine Oberfläche von 540 qkm (10 QM.); das Ganze beträgt fast ein Zwanzigstel des Areals. Die Mächtigkeit dieses Kohlenlagers ist nicht durchweg gleich. Oft finden sich nur Spuren von Kohle, während sie an andern Stellen wieder in fast 2 m Mächtigkeit auftritt. 1882 zählte man 271 konzedierte Minen mit 103,701 Arbeitern, davon die meisten im Hennegau und in Lüttich, welche eine Ausdehnung von 1445 qkm hatten und an Kohlen 17,590,989 Ton. im Wert von 176 Mill. Fr. lieferten. Der Überschuß der Ausfuhr (meist nach Frankreich) über die Einfuhr betrug 1883 jedoch nur 3,2 Mill. T. Auch an Lagern verschiedener Erze, als Eisen, Blei, Kupfer etc., ist B. reich; doch hat die Bebauung derselben seit ca. 15 Jahren sehr abgenommen. Die Arbeiterzahl ist daher seit 1865 von 11,813 auf (1882) 2312 gesunken. Die Produktion von Mineralien betrug:

1865 1882

Tonnen Wert Frank Tonnen Wert Frank

Eisen 1018231 9829516 208867 1591250

Blende 14657 851348 2171 105890

Galmei 41528 2267574 18272 601130

Bleiglanz 14658 2314200 2918 486150

Schwefelkies 31818 640493 2555 21290

B. besaß 1880: 417 Etablissements zur Verarbeitung der Mineralien, darunter 317 für Eisen und 66 für Glas. Hochöfen waren 36 (1882: 33) thätige vorhanden, welche 1882: 726,946 Ton. Erz im Wert von 43,8 Mill. Fr. produzierten. Gießereien gab es 179, welche 1880: 82,100 T. im Wert von 15,22 Mill. Fr. produzierten, an Eisenfabriken speziell 1882: 84 mit einer Produktion von 503,113 T. im Wert von 83,9 Mill. Fr. Außerdem bestanden 1880:

Etablissements zur Bearbeitung von Produktion Tonnen Wert Frank

2 Stahl 99096 17771000

5 Blei 8204 3132920

5 Kupfer 2085 3895000

21 Zink 85008 37820090

1 Alaun 1500 180000

Die Zahl der in sämtlichen mineralogischen Etablissements (die Glasindustrie inbegriffen) beschäftigten Arbeiter betrug 1882: 41,259. Marmor ist an manchen Orten im Überfluß vorhanden und wird ausgeführt; der gesuchteste ist der von Dinant und Gochenée. Bedeutende Schieferbrüche befinden sich in Namur, Luxemburg und Lüttich, Steinbrüche im Hennegau und in Namur. Endlich liefert der Boden Belgiens auch Porzellanerde (Lüttich, Brabant, Namur), Fayenceerde, Töpferthon, Kalk, vorzügliche Flintensteine und feine Wetzsteine (die besten Europas in Lüttich und Luxemburg, besonders bei Vielsalm), Magnesia (Lüttich), Alaun und Schwefel (Namur und Lüttich), Torf etc. Im ganzen besaß B. 1882: 1641 Steinbrüche mit 27,433 Arbeitern, welche einen Wert von 42,3 Mill. Fr. produzierten.

Industrie.

Von höchster Bedeutung ist in B. die Industrie. In welchem Maß die Großindustrie in den letzten Jahrzehnten zugenommen, läßt sich aus der Vermehrung der für dieselbe arbeitenden Dampfmaschinen ersehen. Während man 1850 in ganz B. 2250 Maschinen mit 54,300 Pferdekräften zählte, belief sich deren Zahl 1882 auf 14,940 mit 724,817 Pferdekräften. Über die Bergwerks- und Hüttenindustrie s. oben. Zu erwähnen ist außerdem die Nägelfabrikation, die bei