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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Belgien

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Belgien (Handel und Verkehr).

dende Scheldefrage insofern zu gunsten Hollands gelöst, als letzteres von jedem Schiff 1½ Fl. pro Tonne erheben durfte. Diese Abgabe wurde 1863 durch Rückkauf beseitigt. Seitdem hat sich der belgische Handel in großartiger Weise entwickelt, was nachstehende Tabelle veranschaulicht (Wert in Millionen Frank):

1840 1850 1870 1883

Generalhandel 429,9 912,5 3282,0 5410,9

Spezialhandel 345,2 500,2 1610,9 2895,2

Einfuhr 205,6 236,5 920,8 1552,1

Ausfuhr 139,6 263,7 690,1 1343,1

Durchfuhr 43,9 206,5 831,7 1262,0

Am bedeutendsten ist der Handel mit Frankreich, der dem Wert nach über ein Viertel des gesamten Handels ausmacht; nächstdem mit England, dem Deutschen Zollverein und den Niederlanden. Die Hauptverkehrsgebiete nahmen 1883 in folgender Weise am belgischen Handel teil (Wert in Millionen Frank):

Länder Einfuhr Ausfuhr Länder Einfuhr Ausfuhr

Frankreich 307,1 415,5 La Plata-Staaten 71,5 11,1

England 197,9 273,6 Spanien 9,5 38,7

Skandinavien 35,5 10,8

Deutscher Zollverein 222,8 214,9 Italien 22,9 30,8

Niederlande 210,0 177,1 Brasilien 22,3 10,1

Verein. Staaten 159,6 43,3 Schweiz 2,7 22,1

Rußland 133,7 8,1 Rumänien 24,5 3,3

Die Einfuhr aus Asien, welche in den letzten Jahren außerordentlich schnell gewachsen ist, betrug 93,1, die Ausfuhr dahin 16,7 Mill. Fr.; der Gesamthandel mit Afrika dagegen nur 15,7 Mill. Fr. Der nicht unbedeutende Handel zwischen B. und den deutschen Zollausschlüssen Hamburg u. Bremen ist oben nicht inbegriffen.

Wert der hauptsächlichsten zum Konsum eingeführte Waren (in Tauenden Frank).

Waren 1840 1850 1870 1883

Butter 764 806 9749 25826

Getreide aller Art 10840 12123 89756 275436

Gemüse und Kartoffeln 498 1311 6702 14431

Spinnstoffe 29197 40835 188640 233761

Eisen 790 615 24691 30585

Fett und Talg 137 492 16304 29907

Chemische Produkte 717 1783 11489 34473

Gewebte Stoffe 22740 20943 49855 46618

Kunstgegenstände 551 1145 6203 5082

Wert der hauptsächlichsten ausgeführten belgischen Produkte (in Tausenden Frank)

Waren 1840 1850 1870 1883

Wachs- und Talglichte 13 75 11978 14432

Kohlen und Koks 11692 29808 60320 85329

Kupfer und Nickel 164 1107 4512 7425

Eisen und Eisenblech 3245 1395 45464 82719

Spinnstoffe 10343 19858 86897 90189

Baumwollgespinste 748 629 3645 6680

Wollene Gespinste 363 1730 30603 55240

Hanf- und Flachsgespinste 2250 5510 32466 59420

Fett und Talg 198 676 10173 29666

Gemüse und Kartoffeln 3 2535 3960 12660

Maschinen aller Art 4004 13845 23138 72407

Kunstgegenstände 837 1697 2930 3404

Eier 210 645 1863 5200

Papier 438 1525 19260 21041

Häute (rohe) 414 715 36253 45909

Steine 666 812 13102 74870

Chemikalien 346 523 3738 9996

Harz und Pech 94 294 22562 17985

Sirup und Theriak 33 163 2017 3768

Baumwollene Gewebe 7438 12899 10727 20854

Wollene Gewebe 846 20363 30366 25168

Flachs- und Hanfgewebe 26197 15838 21061 20760

Die Mehreinfuhr entfällt hinsichtlich der Hauptartikel größtenteils auf die Rohstoffe, während die Mehrausfuhr größtenteils bei den Fabrikaten stattfindet. Die Eingangszölle betrugen 1883: 28,219,184 Fr. (wovon 12 Proz. auf Kaffee, 10,7 Proz. auf raffinierten Zucker kamen). Der gegenwärtig gültige Zolltarif datiert vom 31. Okt. 1881.

Obwohl Industrie und Handel sich eines gleichmäßigen Fortschrittes erfreuen, ist die Handelsflotte doch unbedeutend. 1850 hatte B. noch 161 Schiffe, 1. Jan. 1884 nur noch 62. Allein diese Verminderung ist nur scheinbar, da die Tragfähigkeit der einzelnen Fahrzeuge zugenommen hat; sie stieg nämlich von 34,919 auf 86,360 Ton. Darunter waren 15 Segelschiffe von 6458 T. und 47 Dampfer von 79,902 T. Von den Seeschiffen gehören 57 von 85,860 T. Antwerpen an. Der Handel wird meistens mit fremden Schiffen betrieben. Haupthäfen sind Antwerpen und Ostende; nächstdem Gent, Löwen, Brüssel, Nieuport. Eingelaufen sind 1883 in die belgischen Häfen 6451 Schiffe mit einer Ladung von 3,938,339 T. (darunter 4868 Dampfer mit 3,441,724 T. Ladung), ausgelaufen 6393 Schiffe mit einer Ladung von 2,418,628 T. (darunter 4838 Dampfer mit 2,188,150 T. Ladung). Lebhafte Förderung findet der Handel und Verkehr Belgiens durch verschiedene Anstalten und Einrichtungen, z. B. durch die Kreditinstitute der Banken (Nationalbank, die Société générale etc.), die Börsen (in Antwerpen, Brüssel, Gent, Brügge, Ostende, Mons, Termonde, Löwen, Lüttich), durch zahlreiche Associationen, Handels- und Fabrikkammern, das Handelskontor zu St. Thomas in Guatemala, durch Handelsverträge, besonders aber durch ein sehr weitverzweigtes Netz von Straßen, Kanälen, schiffbaren Gewässern und Eisenbahnen, das nur in dem Englands seinesgleichen findet. Am 31. Dez. 1883 befanden sich 4319 km (darunter 3063 km Staatsbahnen) im Betrieb, davon sind 35 Proz. doppelgeleisig. Im Verhältnis der Schienenlänge zum Areal steht demnach B. unter allen Ländern der Erde obenan. An Telegraphen besaß B. 1. Jan. 1884: 5942 km Linien, die Länge der Drähte betrug 26,929 km und die Zahl der Büreaus 865. Die Zahl der Postanstalten betrug 1883: 869, durch welche 122,889,586 Briefe und Korrespondenzkarten, 46,570,000 Warenproben und Drucksachen und 91,319,000 Zeitungen befördert wurden. Außer den Hauptflüssen Maas, Schelde und Yser (s. oben), deren schiffbare Strecke 406 km beträgt, sind noch 12 schiffbare Nebenflüsse vorhanden, wovon die zur Schelde gehörigen auf 388 km, die zur Maas gehörigen auf 307 km schiffbar sind. Die vorhandenen 44 Kanäle, welche die Schiffahrtsverbindung vervollständigen, haben eine Länge von 901 km. 1880 gehörten davon 119 km den Provinzen, 93 km den Kommunen. Die ältesten sind: der von Ypern nach Nieuport (1251 erbaut) und der Kanal von Stekenen in Ostflandern (1315 vollendet). Die bedeutendsten Kanäle sind: der Charleroi-Brüssel- (74 km, mit Abzweigungen 89 km lang), der Maastricht-Herzogenbusch- (45 km), der Maas und Schelde verbindende Campinekanal (86 km), der von Gent über Brügge nach Ostende (77 km), der von Turnhout nach Antwerpen (37 km), die Kanäle von Furnes (96 km). Unter den zahlreichen Abzugskanälen oder Wateringues, welche dazu dienen, das Wasser aus den Polders abzuführen, damit die Kultur möglich werde, sind am bemerkenswertesten der Selzaetekanal (39 km) und der von Deynze zum Kanal von Brügge (27 km). Auf den belgischen Wasserstraßen wurden 1882: 32,4 Mill. Ton. an Waren beför-^[folgende Seite]