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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Benediktenkraut; Benediktiner

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Benediktenkraut - Benediktiner.

auf das wilde Karwendelgebirge, gewährt. Sie wird von B. oder Tölz in 5-6 Stunden erstiegen.

Benediktenkraut, s. v. w. Cnicus benedictus oder Geum urbanum.

Benediktiner, im allgemeinen alle diejenigen Mönche, welche die Regel des heil. Benedikt von Nursia beobachten. Um 480 zu Nursia unweit Spoleto als Sprößling einer edlen Familie geboren, entfloh derselbe schon als 14jähriger Knabe aus Rom und dem Elternhaus und lebte als Einsiedler drei Jahre lang in einer Höhle bei Subiaco. Bald Gegenstand der Verehrung, ward er von den Mönchen zu Vicovaro zu ihrem Abt gewählt. Seine Strenge aber erkennend, suchten sie ihn zu vergiften, worauf Benedikt in die Einöde zurückkehrte. - Da viele Asketen sich um ihn sammelten, organisierte er sie in kleine Gemeinschaften von je zwölf unter einem Abt. 528 nahm er seinen Wohnsitz auf dem Berg Casinus, zwischen Subiaco und Neapel, gründete hier das Kloster Monte Cassino und gab der neuen Mönchsgemeinde eine von ihm verfaßte Lebensregel. Er starb 21. März 543.

Die Ordensregel Benedikts (hrsg. von Martène, 1690) ward die Grundlage einer durchgreifenden Reformation des abendländischen Mönchslebens. Ihr Grundgedanke ist, daß nur im Kloster das rechte asketische Leben zu führen sei, und daß notwendige und nützliche Arbeiten mit asketischen Übungen abwechseln müssen. Das nach einem Probejahr abgelegte Gelübde ist unwiderruflich und umfaßt die Gelübde der Conversio (der Dürftigkeit und Keuschheit), der Obedientia (des unbedingten Gehorsams) und der Stabilitas (des Verbleibens im Kloster). Die ganze Leitung des Klosters hat der Abt, dem der Prior und die Dekane zur Seite stehen; an wissenschaftliche Beschäftigung dachte Benedikt noch nicht. Seine Erlaubnis, Knaben aufzunehmen, wurde jedoch die Veranlassung zur Anlegung von Klosterschulen. Benedikts Regel verbreitete sich bald im ganzen Abendland; schon 534 brachte sie Placidus nach Sizilien, Augustinus 597 nach England. Im 7. Jahrh. verbreitete sie sich in Spanien und im 8. durch die Wirksamkeit des Bonifacius im Frankenreich und in Deutschland. In dieser Periode der höchsten Blüte erwarb sich der Orden große Verdienste um die Christianisierung und Zivilisierung Deutschlands; eine große Anzahl berühmter Klöster und Abteien wurden die Ausgangspunkte der Bodenkultur wie der Wissenschaft. Der zunehmende Reichtum und große Grundbesitz der Klöster lockerte aber die Zucht und Sittenstrenge und führte die Karolinger schon zu der verderblichen Gewohnheit, die Abteien als bloße Kommenden an Laienäbte zu vergeben, daher die Folgezeit eine Menge neuer Bildungen verschiedener Art brachte, in welchen sich eine Läuterung des Ordens von eingeschlichenen Mißbräuchen vollzog. Der erste Reformversuch war der des Benedikt von Aniane (s. d.). Einen neuen Aufschwung des Ordens aber brachte die Kongregation von Clugny (s. d.). Dagegen trieb das Erwachen des alten Asketengeistes zu neuen Bildungen, die, wenn sie sich auch an die Regel Benedikts anschlossen, zu besondern Gemeinschaften unter eignen Obern erwuchsen. So entstanden die Kamaldulenser, die Orden von Fonte Avellana (s. d.), Fontevraud (s. d.), von Grandmonte (s. d.) und Septfonds (s. Beaufort, Eustache de), die Kartäuser, die Cistercienser, die Trappisten, die Feuillanten, die Humiliaten, die Cölestiner, die Olivetaner und der in Schweden errichtete Brigittenorden etc.

Die Ausbreitung der neuen Orden, vornehmlich der Cistercienser, und die Entstehung der Bettelorden im 13. Jahrh., neben denen die B. eben nur als ein andrer Mönchsorden erschienen, thaten dem Einfluß des Ordens noch größern Abbruch, und er verweltlichte um so mehr bei dem wachsenden Reichtum. Vergebens waren die Verordnungen der Synoden zu Vienne 1311 und zu Valencia 1322, und selbst die neue Konstitution Benedikts XII. (1336), die Benedictina, konnte nicht durchgeführt werden. Eingreifender waren die Beschlüsse von Kostnitz, die neben der Schärfung der Disziplin die alte Sitte aufhoben, nur adlige Novizen aufzunehmen. Aber eine wirkliche Reform brachte in Deutschland erst die Stiftung der Bursfelder Kongregation (s. d.), deren Klöster in der Folge freilich durch die Reformation verschwanden. Auch in Italien, Spanien, Portugal etc. bildeten sich zur gegenseitigen Unterstützung in der Aufrechthaltung der Regel solche Kongregationen. Endlich gebot das Tridentiner Konzil die Vereinigung aller noch vereinzelten Klöster, und es entstanden auch in Deutschland und Flandern noch mehrere kleinere Kongregationen. In Deutschland und Frankreich wirkte die Reformation wohlthätig auf den Orden ein, indem sie ihn zu einer erneuten Thätigkeit auf dem Gebiet der Wissenschaft aufrief. Einen unsterblichen Ruhm hat nach dieser Seite hin sich die Kongregation von St. Maurus erworben. Stifter der Kongregation von St. Maurus war 1618 Lorenz Benard, Mönch zu St.-Vannes. Von Gregor XV. (1621) und Urban VIII. (1627) bestätigt, breitete sich die Kongregation schnell aus und zählte schon zu Anfang des 18. Jahrh. 180 Klöster in 6 Provinzen. Eine wissenschaftliche Tendenz erhielt sie durch den ersten General, Gregor Tariffe (1638-48). Ernste Studien wurden jedem Konventualen zur Pflicht gemacht und durch mildere Klosterzucht erleichtert und begünstigt; in den mit den Klöstern verbundenen Lehranstalten erhielten die Novizen eine gelehrte Vorbildung, und die Arbeiten der Einzelnen wurden nach einem auf das Ganze gerichteten Plan geleitet. Der Reichtum des Ordens gewährte alle Hilfsmittel der Forschung; die Klöster besaßen kostbare Bibliotheken, unter denen sich die des Hauptklosters St.-Germain des Prés bei Paris durch einen Reichtum an alten Handschriften auszeichnete. Reisen der hervorragendsten Ordensglieder und ausgedehnte Verbindungen dienten dazu, immer neue Quellen wissenschaftlicher Forschung zu öffnen. Die Mauriner zählen zu den Ihren Namen wie die eines Mabillon, Ducange, Montfaucon, Martène, d'Achery etc., denen wir Sammlungen von Urkunden und Quellen zur allgemeinen und lokalen Kirchengeschichte, die zur Geschichtsforschung unentbehrlichen Anweisungen zum Gebrauch der Urkunden ("L'art de vérifier les dates", die "Acta sanctorum Ordinis S. Benedicti", die "Annales Ordinis S. Benedicti", das "Glossarium med. et infim. latinitatis") und zahllose andre theologische und historische Schriften, wie die trefflichen Ausgaben der Kirchenväter, verdanken. Die französische Revolution hat auch diese Kongregation zerstreut, manche ihrer unvollendet gebliebenen Arbeiten hat die Académie des inscriptions wieder aufgenommen. 1880 wurden 239 B. aus Frankreich vertrieben.

Nach Feßlers Berechnung zählten die B. während der 13 Jahrhunderte ihrer Dauer 15,700 Schriftsteller, 4000 Bischöfe, 1600 Erzbischöfe, 200 Kardinäle, 24 Päpste, 1560 kanonisierte und 5000 der Kanonisation würdig erklärte Heilige sowie 43 kaiserliche und 44 königliche Personen. Endlich muß dem ganzen Orden das Zeugnis gegeben werden, daß er sich der Welt nur durch Gelehrsamkeit und Seelsorge ge-^[folgende Seite]