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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bengali; Bengalischer Golf; Bengalisches Feuer; Bengalisten; Bengasi

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Bengali - Bengasi.

die früher blühende Indigokultur zurückgegangen. Baumwollanbau war bisher in Bardwan bedeutend, wurde aber in den letzten Jahren mit großem Erfolg auch in der Tarai längs des Himalaja versucht. Die Opiumproduktion in Behar war schon unter den Muselmanen als Monopol behandelt worden und blieb es unter der englischen Herrschaft; die Versteuerung wurde zuerst 1785 und zuletzt 1857 geregelt; seit 1853 hat sich der Ertrag mehr als verdoppelt. Thee wird im Himalaja gewonnen; die Kultur hat sich aber schon über Dacca und selbst Tschota u. Nagpur im SW. der Provinz ausgedehnt, 1883 wurden 6,2 Mill. Pfd. ausgeführt. Sehr wichtig ist auch die Kultur von Jute (Dschute), Gambir (Präparat aus Nauclea Gambir), Betel etc., ebenso die Zuckerindustrie und die Seidenkultur. Spezialitäten sind die Lackfaktoreien und die feinen Daccamusseline, die, obgleich mit der Hand gewebt, in Feinheit des Garns Nr. 380 zählen und sowohl dem Auge als dem Gefühl viel feiner und zarter erscheinen als Maschinengewebe von weit größerer Feinheit des Garns (vgl. Watson, The textile manufactures of the people of India, 1866). Die Hafenorte sind: Kalkutta, Tschittagong, Balasor, Kattak und Puri, letztere drei in Orissa. Kalkutta allein hat einen bedeutenden Verkehr; Tschittagong fängt an, sich zu heben. Wie sehr der Handel im Steigen begriffen ist, zeigen folgende Zahlen: die Aus- und Einfuhr wertete 1841: 274, 1865: 714, 1871: 1440, 1875 allein in Kalkutta zur See 1084, zu Lande 920 Mill. Mk. Die Steigerung der Produktion und die Fernhaltung von Hungersnotjahren wegen Trockenheit wird durch Bewässerungsanlagen angestrebt, welche insbesondere in Orissa und in Behar eine große Ausdehnung erhalten haben. Die Hauptlinie der Eisenbahnen geht von Kalkutta direkt nach Behar mit einer Nebenlinie dem Ganges entlang; gegen O. ist eine Bahn vollendet bis Kuschtea und Golunda und jenseit des Ganges nordwärts fortgeführt bis zum Fuß des Himalaja. Dem Mangel an brauchbaren Seitenstraßen sucht das wichtige Gesetz von 1871 abzuhelfen, das die Ausgaben hierfür dem Distrikt überweist, und zu dessen Durchführung eine Einschätzung aller Grundbesitzer, einschließlich der Zeitpachter, stattfindet. - Die Einnahmen und Ausgaben betragen durchschnittlich 350 Mill. Mk. im Jahr. Die Grundabgabe ist im größten Teil der Provinz als eine ewig unveränderliche Abgabe auferlegt; doch ist die Regierung ernstlich bemüht, diesen Mißgriff durch Zuschläge einigermaßen gutzumachen. Das "Bengal Army" genannte Armeekorps zählt 38,000 Europäer, 55,700 Eingeborne, 18,500 Lokaltruppen; hiervon stehen aber in der Provinz nur 12,000 Mann, der Rest liefert die Garnisonen bis nach Afghanistan. Der Erziehung dienen 1 Universität zu Kalkutta, 1833 Mittelschulen, 38 Schullehrer-Bildungsanstalten und Elementarschulen mit zusammen 357,233 Schülern, darunter rund 6000 Mädchen. B. nimmt in Beziehung auf Schulbildung unter den Provinzen Indiens die vierte Stelle ein, von der über 5 Jahre alten Gesamtbevölkerung können nur 9 Proz. lesen und schreiben. Der Religion nach bekennt sich das Volk zum Brahmanismus, zum Islam und in dem Distrikt Dardschiling zum Buddhismus. Die Missionäre haben wenig Erfolge aufzuweisen (s. oben); um so größere Bedeutung kommt der brahmanischen Reformbewegung zu, an deren Spitze Keschub Tschader Sen als Vorstand der Brahmo Somadschi ^[richtig: Brahmo Samadschi; Stichwort Brahmo Samadsch] (s. d.) steht.

B. stand bis 1203 unter Hindu-Radschas, und die Hauptstadt des Landes war gegen das Ende dieser Dynastie wie unter den Muselmanen das jetzt zerstörte Gaur unterhalb Radschmahal am Ganges, mit mehr als 600,000 Einw. Dann folgten die Afghanensultane, bis Akbar 1573 B. seinem Reich mit der Hauptstadt Dehli einverleibte. Im J. 1656 erhielten die Engländer die Erlaubnis, hier Handel zu treiben; 1682 wurde die Präsidentschaft konstituiert, 1773 der Präsident von B. zum Chef der Verwaltung in ganz Indien ernannt und Kalkutta zur Reichshauptstadt erhoben. Vgl. außer den jährlich erscheinenden amtlichen "Reports on the Administration of Bengal" besonders: Barton, Bengal (Lond. 1874); Hunter, Statistical account of Bengal (das. 1875, 5 Bde.); Dalton, Descriptive ethnology of Bengal (Kalkutta 1872; deutsch von Flex, Berl. 1875); E. Schlagintweit, Indien (Leipz. 1881).

Bengali, Vögel, s. Bengalisten.

Bengali, wichtige ostind. Volkssprache, fast in der ganzen Provinz Bengalen und in einem Teil von Assam herrschend und von beinahe 39 Mill. Menschen gesprochen (s. Indische Sprachen). Sie ist eine Tochtersprache des Sanskrits, aber mit sehr abgeschliffenen Formen und im Wortschatz durch viele persische und manche englische Wörter bereichert. Die Schrift ist der Sanskritschrift sehr ähnlich und aus einer ältern Form derselben hervorgegangen. Grammatiken lieferten namentlich Halhed (1778), Carey (1805 und 1825), Haughton (1821), Yates (1847) und Forbes (Lond. 1862); Wörterbücher: Haughton (1833) und Rom Cornul Sen ("English-B.", 1834). Eine sprachvergleichende Darstellung des B. gab Hörnle in seiner mit dem Volney-Preis gekrönten "Grammar of Gandian languages" ^[richtig: "Grammar of Gaudian languages"] (Lond. 1880). Die gedruckte Litteratur, bereits einige Tausend Werke zählend und neuerdings auch verschiedene Zeitungen und Zeitschriften umfassend, verdankt ihren Aufschwung ursprünglich dem Engländer Carey (s. d.). Sie hat übrigens wenig selbständigen Wert, da sie größtenteils aus Übersetzungen, teils aus dem Sanskrit, teils aus dem Englischen, teils aus dem Persischen und Hindustani, besteht. Neuerdings hat die volkstümliche Dichtung, namentlich auf dramatischem Gebiet, einen Aufschwung genommen, der auch auf die Sprache durch Verdrängung der früher herrschenden pedantischen Richtung günstig einwirkt. Die Bengalischrift kommt auch häufig sowohl in Handschriften als indischen Drucken von Sanskritwerken zur Anwendung; auch gibt es viele noch ungedruckte Bengaliwerke. S. die "Schrifttafeln".

Bengalischer Golf, großer Busen des Indischen Ozeans, zwischen Vorder- und Hinterindien, enthält mehrere in der Nähe der Küste liegende Inselgruppen (Andamanen, Nikobaren, Mergui u. a.) und nimmt als zum Teil sehr große Ströme den Ganges, Brahmaputra, Mahanadi, Godaweri, Krischna, Kaweri u. a. aus Vorderindien auf. Dieser Meeresteil bietet zwar wenig gute Häfen dar, ist aber von zahlreichen Schiffen belebt, da einer der Hauptorte des indischen Marktes, Kalkutta, an seinen Küsten liegt. S. Karte "Ostindien".

Bengalisches Feuer, s. Feuerwerkerei.

Bengalisten (Bengali), veraltete und zum Teil unrichtige Bezeichnung mehrerer Astrilds (s. d.). Blauer oder eigentlicher Bengalist hieß der Schmetterlingsfink, getigerter Bengalist der Tigerfink; auch andre Prachtfinken, besonders aus Afrika, hat man als B. bezeichnet.

Bengasi, Hauptstadt des türk. Wilajets Barka an der nordafrikanischen Küste, mit 7000 Einw., von denen 2000 Europäer (meist Malteser, Italiener und Griechen) und 2500 Juden sind, während der Rest