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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Benzoin; Benzol; Benzoylwasserstoff; Benzylwasserstoff; Beobachtung

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Benzoin - Beobachtung.

dient zur Darstellung von Teerfarben und Tabaksaucen, in der Zeugdruckerei und als Arzneimittel (nur die aus Benzoe durch Sublimation gewonnene B.) gegen gichtische Dyskrasie, zur Verhinderung der Bildung von Harnsäurekonkrementen, bei Brightscher Nierenkrankheit etc., meist aber als stimulierendes Expectorans bei chronischen Katarrhen der Lungenschleimhaut, in den spätern Stadien der Luftröhrenentzündung, bei der Bräune und bei Lungenentzündung, wo der Auswurf stockt und Erstickung droht. Auch das Natronsalz ist in neuerer Zeit vielfach angewandt worden. Auf Tiere wirkt B. in größern Dosen giftig.

Benzoin, Baum, s. Styrax.

Benzol (Benzin, Phenylwasserstoff) C6H6 ^[C_{6}H_{6}], ein flüssiger Kohlenwasserstoff, bildet sich aus den meisten organischen Substanzen bei Zersetzung derselben in heller Rotglut, so z. B., wenn man Dämpfe von Fetten, Weingeist, Essigsäure, Benzoesäure durch glühende Röhren leitet, findet sich dem entsprechend auch im Leuchtgas und im Steinkohlenteer und entsteht namentlich bei Destillation der Benzoesäure mit überschüssigem Kalk. Man gewinnt es aus Steinkohlenteer, indem man die bei der Destillation desselben zuerst übergehenden leichten, flüchtigen Öle durch Waschen mit Säuren von den basischen Körpern und durch Waschen mit Natronlauge von den sauren Körpern befreit, dann aber einer Destillation unterwirft, bei welcher man das in der Spiritusfabrikation angewandte Prinzip benutzt, um die bei verschiedener Temperatur siedenden Bestandteile des leichten Teeröls voneinander zu trennen. Die hierzu dienenden Apparate entsprechen den Savalleschen Kolonnenapparaten der Spiritusfabriken. Das so gewonnene Rohbenzol (Steinkohlenbenzin) des Handels besteht wesentlich aus B. und Toluol, enthält außerdem aber auch Xylol, Cumol und Cymol. Da das B. hauptsächlich zur Darstellung von Anilinfarben benutzt wird und bei der Bildung derselben das Verhältnis zwischen Anilin und Toluidin, welche aus dem B. und Toluol hervorgehen, von größtem Belang ist, so müssen Benzole von bestimmter Zusammensetzung dargestellt werden. Ein B., welches 30-40 Proz. chemisch reines B. enthält, dient besonders zur Darstellung von Anilinrot, ein 90proz. zu Blau und Schwarz. Auch reines B. und Toluol werden in der Anilinfarbenindustrie benutzt. Die Siedepunkte dieser Öle liegen zwischen 80 und 120°, ihr spezifisches Gewicht zwischen 0,85 und 0,89. Reines B. kann man durch Anwendung von Kälte gewinnen. Man läßt das zwischen 80 und 90° siedende Destillat erstarren, entfernt durch Pressen das flüssig gebliebene Öl und wiederholt die Operation, bis das Produkt konstant bei 80° siedet. Das reine B. ist ein farbloses, dünnflüssiges Öl vom spez. Gew. 0,889 und stark ätherischem, angenehmem Geruch (die Benzole des Handels riechen mehr oder weniger unangenehm teerartig), es erstarrt bei 0°, schmilzt wieder bei +6 und siedet bei 80,6°, ist leicht entzündlich und brennt mit glänzender, stark rußender Flamme. In Wasser ist es kaum, in Weingeist und Äther leicht löslich; es löst flüchtige und fette Öle, Kampfer, Kautschuk, Guttapercha, einige Alkaloide, wie Chinin, Morphin, Strychnin, ferner Phosphor, Schwefel, Jod, Brom und einige andre Stoffe. Rauchende Salpetersäure verwandelt B. in Nitrobenzol C6H5NO2 ^[C_{6}H_{5}NO_{2}], welches durch Reduktion in Amidobenzol (Anilin) C6H5NH2 ^[C_{6}H_{5}NH_{2}] übergeht. Man benutzt B., wie angegeben, zur Darstellung von Nitrobenzol (künstlichem Bittermandelöl) und Anilin, außerdem aber unter dem Namen Benzin zu mancherlei andern Zwecken (vgl. Benzin). B. wurde 1825 von Faraday unter den Bestandteilen der trocknen Destillation der fetten Öle und 1833 von Mitscherlich bei der Destillation der Benzoesäure mit überschüssigem Kalk entdeckt. Leigh fand es 1842 im Steinkohlenteer, Hofmann 1845 im leichten Teeröl. Mansfield wies 1847 das reichliche Vorkommen des Benzols im Steinkohlenteer nach und gab eine Methode zur vorteilhaften Gewinnung an. Die größte Bedeutung gewann es durch die Entwickelung der Teerfarbenindustrie.

Benzoylwasserstoff, s. Benzaldehyd.

Benzylwasserstoff, s. Toluol.

Beobachtung, die gespannte Richtung unsrer Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand, um das Eigentümliche und Unterscheidende desselben kennen zu lernen; dann die dabei wahrgenommene Erscheinung selbst. Von der gemeinen, d. h. zu den Zwecken des gemeinen Lebens gemachten, B. unterscheidet sich die wissenschaftliche dadurch, daß letztere methodisch, d. h. nach bestimmten Grundsätzen und Regeln, welche von der betreffenden Wissenschaft selbst an die Hand gegeben werden, und einem klar ins Auge gefaßten Zweck gemäß, nämlich zur Auffindung allgemeiner Gesetze und zur Unterscheidung des Wesentlichen vom Zufälligen, angestellt wird. Alle Erfahrungswissenschaften, namentlich auch die Naturwissenschaft, haben die B. zu ihrem Fundament. Die Erscheinungen aber werden nicht bloß, wann und wie sie die Natur bietet, sondern oft mit Hilfe des Experiments der B. unterworfen, indem man im letztern Fall durch künstliche Veranstaltungen den Gegenstand gleichsam nötigt, sich dem Beobachter von einer bestimmten Seite, unter absichtlich gewählten Verhältnissen etc. darzustellen. Deshalb pflegt man Versuche (Experimente) von Beobachtungen zu unterscheiden und spricht von letztern im engern Sinne nur in solchen Fällen, wo die Gegenstände oder Erscheinungen so beobachtet werden, wie sie sich ohne Zuthun des Menschen darbieten. Über die Kunst, zu beobachten, im allgemeinen hat unter den Neuern zuerst F. Bacon in seinen berühmten Werken: "De augmentis scientiarum" und "De interpretatione naturae" zerstreute, aber treffliche Winke gegeben; eine besondere Schrift über diesen Gegenstand verfaßte Sénébier ("Sur l'art d'observer et de faire des expériences", 2. Aufl., Genf 1502, 3 Bde.; deutsch nach der ersten Auflage von Gmelin, Leipz. 1776, 2 Bde.). Über astronomische Beobachtungen hat John Herschel scharfsinnig und sachkundig gehandelt in seinem "Preliminary discourse on the study of natural philosophy" (als Einleitung zu Lardners "Cabinet-Cyclopaedia" erschienen, neue Ausg. 1840; deutsch von Henrici: "Über das Studium der Naturwissenschaft", Götting. 1836). Die Resultate der Beobachtungen sind nun niemals völlig zutreffend, vielmehr bedingen die Schärfe unsrer Sinne und Instrumente und die Beschaffenheit unsers Nervensystems gewisse Fehler, über deren Größe der Beobachter sich Klarheit verschaffen muß. Kann man eine B. häufig wiederholen, so erreicht man eine größere Genauigkeit, wenn man aus den Resultaten der einzelnen möglichst exakten Beobachtungen das Mittel zieht, weil man annehmen kann, daß die gemachten Fehler sich gegenseitig aufheben. Gewisse Fehler aber eliminiert man von vornherein und bringt, nachdem ihre Größe genau festgestellt ist, an den Beobachtungsresultaten Korrekturen an (vgl. Gleichung, persönliche). Bei astronomischen Beobachtungen bedient man sich zur Ermittelung der Fehlergrenze vorzugsweise der Methode der kleinsten Quadrate. Eine "Allgemeine Theorie der Zuverlässigkeit