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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Berberitzenstrauch; Berbersprache; Berbesbeere; Berbice; Berbir; Berceau; Berceuse; Berchem; Berchet; Berching; Berchta

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Berberitzenstrauch - Berchta.

gewimpert-gezahnten oder ganzrandigen Blättern, geteilten Dornen unter den Blattbüscheln, in hängenden Trauben stehenden Blüten und länglichen, zwei- bis achtsamigen, saftigen Beeren. Etwa 50 Arten in den gemäßigten, subtropischen und tropischen Zonen beider Hemisphären, von denen viele als Ziersträucher bei uns kultiviert werden. Die sechs den Blumenblättern entgegengesetzten Staubgefäße zeigen, wenn man sie am Grund mit der Spitze einer Nadel berührt, einen hohen Grad von Reizbarkeit. B. vulgaris L. (gemeiner Berberitzenstrauch oder Sauerdorn, Essigdorn, Sauerach, Berbesbeere), mit dreispaltigen Dornen, verkehrt-eiförmigen, wimperig-gesägten Blättern, reichblütigen, schön gelben, hängenden Trauben und länglichen, schön roten Beeren. Der Strauch, ursprünglich vielleicht nur im südlichen Osteuropa und in Asien einheimisch, ist jetzt sehr verbreitet, zum Teil, auch in Nordamerika, verwildert und wird oft in mehreren Varietäten mit verschieden gefärbten, auch süßen und kernlosen Früchten als Zierstrauch angepflanzt. Die Wurzel dient zur Darstellung des Berberins (s. d.) und zum Färben, das harte, gelbe Holz wird von Drechslern benutzt, auch zu Zahnstochern etc. verarbeitet, die Blätter kann man als Salat genießen; die Beeren enthalten viele freie Äpfelsäure, waren früher offizinell und werden, mit Zucker eingemacht, zur Darstellung von Sirup, Gelee, Marmelade, Eis, Plätzchen benutzt. Die Samen sind ölreich. Dieser Nutzen, welchen der Berberitzenstrauch gewährt, wird aber reichlich aufgewogen durch den Schaden, welchen er als Wirt eines parasitischen gelben Pilzes (Aecidium Berberidis) verursacht, der in engster Beziehung zu einem der Rostpilze des Getreides steht. Man sollte daher den Strauch wenigstens in der Nähe von Getreidefeldern nicht dulden (vgl. Rostpilze). Ein beliebter Zierstrauch ist B. Darwini Hook., aus Chile und Patagonien, wo überhaupt die Berberisarten, mit den Kolletien vereinigt, als schwer zu durchdringende vegetabilische Stachelfestungen die Kordillerenabhänge besetzen. Er ist zwergig, kurz verästelt, mit sitzenden, kleinen, lederartigen Blättern und ziemlich großen Blüten in gestielter Doldentraube, als Zierstrauch nicht genug zu empfehlen, muß aber sehr gut bedeckt werden und wird häufiger im Kalthaus kultiviert.

Berberitzenstrauch, s. Berberis.

Berbersprache, s. Berberei; vgl. Hamiten.

Berbesbeere, s. Berberis.

Berbice (spr. -biß), die östliche der beiden Grafschaften Britisch-Guayanas, zwischen den Flüssen Abary und Corentyne, wird vom Fluß B. durchströmt und bildet eine weite Savannenebene, deren fruchtbarer Boden jedoch bloß an den Gewässern angebaut ist und Zucker, Kakao, Indigo, Tabak, Baumwolle, Vanille liefert. Seit 1831 ist die früher selbständige Kolonie mit dem westlich von ihr liegenden Demerara, dessen Schicksale sie jederzeit geteilt hat, zu einer Kolonie (Britisch-Guayana) verbunden; Hauptort ist die Hafenstadt B. oder Neuamsterdam (s. d.) an der Mündung des Flusses B. - Der Fluß B., wahrscheinlich unter 3° 30' nördl. Br. entspringend, mündet unter 6° 24' nördl. Br. mit zwei Armen (welche die Krabbeninsel bilden) ins Meer, ist aber wegen einer Barre mit nur 2,5 m Wasser, die an seiner Mündung liegt, und wegen der Stromschnellen seines obern Laufs für die Schiffahrt von geringer Bedeutung. Am obern B. fand Schomburgk 1836 die berühmte Victoria regia. S. Guayana.

Berbir, Stadt, s. Gradisca.

Berceau (franz., spr. -ssoh), Wiege; in der Baukunst s. v. w. Tonnengewölbe, Gewölbebogen; auch Bogenlaube, Bogengang in Gärten.

Berceuse (franz., spr. -ssöhs'), Wiegenlied, liedartiges Klavierstück; auch Schaukelstuhl.

Berchem (Berghem), Nicolaes Pietersz, holländ. Maler, geb. 1620 zu Haarlem, Sohn des Pieter Claasz, lernte bei seinem Vater, van Goyen, Jan Wils, J. ^[Jan] B. Weenix u. a. und hielt sich dann um 1648-55 in Italien auf. Er war in Haarlem und später in Amsterdam thätig, wo er 18. Febr. 1683 starb. Seine Landschaften, deren Motive meist der Umgebung Roms entnommen sind, zeichnen sich durch volle Sonnenbeleuchtung aus. Flüsse und Ruinen, zu denen eine trefflich gezeichnete Staffage von Menschen und Tieren tritt, sind die Hauptelemente derselben. Später ergab er sich einer sehr konventionellen, oberflächlichen Behandlung, wozu ihn seine außerordentliche technische Fertigkeit veranlaßte. Er hat daher auch sehr viel produziert. Werke von ihm befinden sich fast in allen größern Sammlungen. Auch hat er ca. 60 Blätter radiert, die sehr geschätzt werden. Außerdem staffierte er öfters die Landschaften andrer Maler. Er hat zahlreiche Schüler herangebildet.

Berchet (spr. -scheh), Giovanni, ital. Dichter, geb. 23. Dez. 1783 zu Mailand, studierte die Rechte und erhielt in der Napoleonischen Zeit eine Anstellung im Sekretariat des Senats für das Königreich Italien. Später widmete er sich ganz der Litteratur und gehörte bald zu den talentvollsten Dichtern aus jener Schule, die den Volksgeist durch nationale Dichtungen und durch die Erinnerung an die große historische Zeit der Litteratur zu kräftigen und zu veredeln strebte, und deren Organ die Mailänder Zeitschrift "Il Conciliatore" war. Indessen geriet die in der Zeitschrift repräsentierte Partei in den Verdacht des Karbonarismus; mehrere Teilnehmer (z. B. Silvio Pellico) wurden verhaftet, andre, unter ihnen B., retteten sich durch die Flucht. Er lebte eine Reihe von Jahren (bis 1829) als Buchhalter in einem Geschäft zu London, dann als Begleiter des Marchese Giuseppe Arconati abwechselnd in Frankreich, Belgien, Deutschland und Griechenland und kehrte erst 1848 in seine Vaterstadt zurück, wo er von der provisorischen Regierung zum Minister des Unterrichts ernannt wurde. Nach Unterdrückung der Revolution begab er sich nach Turin und wurde hier in die piemontesische Zweite Kammer gewählt, wo er gemäßigte Ansichten vertrat. Er starb 23. Dez. 1851. Leichter Schwung und warme Färbung seiner Lieder und Romanzen, die unter dem Titel: "Poesie italiane" (Bastia 1848) erschienen, haben B. zu einem Lieblingsdichter seiner Nation gemacht. Sein bestes Werk sind "Die Flüchtlinge von Parga". Eine vollständige Ausgabe seiner Werke besorgte Cusani (Mail. 1863).

Berching, Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, an der Sulz und am Ludwigskanal, mit 5 Kirchen, Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen, Hopfen- und Flachsbau und (1880) 1455 kath. Einwohnern.

Berchta (althochd. Perahta, die "Glänzende"), nach süddeutschem Volksglauben ursprünglich die himmlische Sonnen- und regenspendende Wolkenfrau, des Sturmgottes Wodan Gemahlin (also eine Gestalt oder Erscheinungsform der Freia) und so auch an der Gewitterjagd teilnehmend und in grausiger Gestalt auftretend. Selbst Spinnerin, wie Frau Holda (ein andrer Name der Freia), schützt sie die entsprechende weibliche Arbeit, und als Herrin über Wolken und Wind fördert sie das Gedeihen der Früchte. In den Sagen erscheint sie öfters als Ahnmutter be-^[folgende Seite]