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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Bergerac - Berggreen.

einnahm. Er beteiligte sich besonders an den Beratungen über Eisenbahn-, Post- und Bergwesen. Er ist ein Verteidiger des Schutzzolles.

6) Johann, Schachspieler, besonders ausgezeichnet im Problemfach, geb. 1845, Lehrer der Handelswissenschaften an der Akademie zu Graz. Schon 1863 gewann er im Düsseldorfer Problemturnier den ersten Preis, und diesem Sieg folgte eine stattliche Reihe weiterer, von denen wir diejenigen in den deutschen Ausschreiben von 1876, 1877 und 1878 besonders hervorheben. Als praktischer Spieler hat sich B. im Grazer Kongreß von 1870 als Hauptsieger ausgezeichnet. Die Theorie des Schachspiels hat B. um zahlreiche treffliche Analysen bereichert.

Bergerac (spr. bersch'rack), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Dordogne, rechts an der Dordogne und an der Orléansbahn, in einer fruchtbaren Ebene, hat gute Straßen und schöne, freundliche Häuser, eine neuerbaute gotische Kirche (Notre Dame), einen neuen Justizpalast, ein Handelsgericht und (1881) 12,041 Einw. Ein großer Teil der Arbeiter ist in den umliegenden Eisenhütten und Papierfabriken beschäftigt. B. treibt starken Handel mit Wein, Trüffeln etc. Es hat ein Collège und ist Sitz eines reformierten Konsistoriums. Am Ausgang des Mittelalters war es ein wichtiger Handelsplatz, ist aber seit der Aufhebung des Edikts von Nantes sehr herabgekommen. Hier ward im Dezember 1577 ein Friede zwischen König Heinrich III. und den Hugenotten abgeschlossen.

Bergerac (spr. bersch'rack), Savinien Cyrano de, franz. Schriftsteller, geb. 1619 zu Paris, trat in die königliche Garde, zeichnete sich hier als Raufbold aus und bestand mehr als 1000 Duelle (die meisten wegen der phänomenalen Größe und Form seiner Nase, welche die Spottlust reizte). Seine Schriften, welche von Ch. Nodier der Vergessenheit entrissen wurden, sind das Abbild seines Charakters; neben vielen Geschmacklosigkeiten und Mängeln in Stil und Komposition sind sie doch frisch, keck, phantastisch, oft geistvoll; auch Boileau zieht seine "burlesque audace" vielen andern poetischen Erzeugnissen vor. Er starb 1655. Seine Werke enthalten: "Lettres", mit rhetorischem Schwulst geschriebene galante und satirische Briefchen; "L'histoire comique des états et empire de la lune" und "L'histoire comique des états et empire du soleil", eine Reise à la Verne nach Sonne und Mond mit physikalischen und metaphysischen, satirischen und witzigen Bemerkungen und von Voltaire im "Micromégas" und von Swift im "Gulliver" nachgeahmt; eine Tragödie: "Agrippine" (1653), energisch und schwungvoll, aber atheistisch, und eine Komödie: "Le pédant joué" (1664), worin er seinen ehemaligen Schuldirektor Grangier auf die Bühne bringt, und aus welcher Molière manches entlehnt hat. Seine "Œuvres" (1741, 3 Bde.) wurden wieder abgedruckt von P. Lacroix (1858 u. 1875) und von Montifaud ("Voyages fantastiques", 1875).

Berger de Xivrey (spr. berscheh dö xiwrä), Jules, franz. Philolog und Geschichtsforscher, geb. 16. Juni 1801 zu Versailles, studierte Philosophie und Philologie, wurde 1839 Mitglied der Akademie der Inschriften und schließlich Konservator an der kaiserlichen Bibliothek, als welcher er 1863 starb. Als Schriftsteller begann B. seine Thätigkeit mit einer französischen Übersetzung der "Batrachomyomachie" (Par. 1832), welcher sich ein "Traité de la prononciation grecque moderne" (das. 1828) anschloß. Von seinen übrigen Schriften verdienen noch Hervorhebung: seine Ausgabe der Fabeln des Phädrus (Par. 1830), die "Essais d'appréciations historiques" (das. 1837, 2 Bde.) und sein "Recueil des lettres missives de Henri IV" (das. 1843-53, 6 Bde.).

Bergère (franz., spr. -schähr), Schäferin; breiter, tiefer Polsterstuhl; Art weiblichen Kopfputzes. Bergerette, Hirtenlied, auch eine Mischung von Honig und Wein (Honigwein); Bergerie, Schäferei, auch Dorfgeschichte.

Bergfahrt (Fahrt zu Berge), Fahrt der Schiffe Stromaufwärts, welche bei günstigem Wind auf langsam strömenden Flüssen mit Segel und Ruder vor sich geht, während auf rasch fließenden Strömen und bei hinreichender Breite und Tiefe Schleppdampfschiffe in freier Fahrt oder an der Kette in Anwendung kommen oder die Schiffe von Pferden und Menschen, die auf dem Leinpfad gehen, gezogen werden. Die zu Berge gehenden Schiffe heißen Bergschiffe, ihre Fracht Bergfracht. Der Gegensatz ist Thalfahrt (zu Thale), Thalschiffe und Thalfracht.

Bergflachs, s. Asbest.

Bergfreiheit, die regelmäßig jedem zustehende Befugnis, an jeder Stelle nach Mineralien, die unter das Berggesetz fallen, zu "schürfen" (d. h. zu suchen), wenn der Anmeldende sich mit dem Grundeigentümer abgefunden oder wenigstens für die Entschädigung desselben Sicherheit geleistet hat. Wenn der Grundeigentümer die Erlaubnis verweigert, so entscheidet die Bergbehörde nach Anhörung beider Teile darüber, ob die Schürfarbeiten zu gestatten sind, und setzt die Entschädigung mit Vorbehalt des Rechtswegs vorläufig fest.

Bergfried (altd. bercfrit, lat. berfredus oder belfredus, altfranz. berfroi oder bel-, auch beffroi, später Donjon, engl. Keep-tower), der zum Schutz und letzten Zufluchtsort dienende Hauptturm einer Burg, auch in Städten häufig vorkommend und zwar mit dem Rathaus verbunden oder isoliert stehend, oft auch als Thorturm dienend. Von Deutschland aus verbreiteten sich Türme solcher Art auch nach Belgien, Frankreich und England. Städtische, früher isoliert stehende Bergfriede finden sich noch in Halle, Görlitz, Gent, Tournai, Amiens etc.; mit Rathäusern verbunden in Prag, Chemnitz, Brügge, Lüttich, Brüssel etc.; solche in Form von Thortürmen z. B. in Bautzen, Lübeck, Stendal. Weiteres (über die innere Einrichtung der Bergfriede etc.) s. Burg.

Bergfürst (Fürst der Liebe, Prince de puy), Vorsitzender der Minnehöfe (s. d.).

Berggießhübel, Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, Amtshauptmannschaft Pirna, im schönen Thal der Gottleuba, 310 m ü. M., mit Pirna durch eine Eisenbahn verbunden, hat eine evangelische Pfarrkirche, Eisenhüttenwerke, Eisenerzgruben, Steinbrüche, eine Wasserleitung, eine eisenhaltige Mineralquelle mit Bad und (1880) 1528 Einw. Hier 22. Aug. 1813 Gefecht zwischen den Franzosen unter Saint-Cyr und dem rechten Flügel des böhmischen Heers unter Wittgenstein.

Berggras, s. Festuca.

Berggreen, Andreas Peter, dän. Musiker, geb. 2. März 1801 zu Kopenhagen, ward 1834 Kapellmeister an der Metropolitankirche daselbst, 1859 Gesangsinspektor aller öffentlichen Lehranstalten; starb 8. Nov. 1880. B. komponierte Klaviersachen, Lieder eine komische Oper, Musiken zu mehreren Dramen Öhlenschlägers u. a., machte sich aber besonders verdient als Sammler und Herausgeber von Volksliedern aller Nationen, die er unter dem Titel: "Folkeviser, Folkesange og Melodies" (2. Aufl. 1864 in 11 Bdn., eine in ihrer Art einzige Sammlung) ver-^[folgende Seite]