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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bergrecht

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Bergrecht (Ausbeute und Zubuße; Rechte des Grundeigentümers).

körpert, welcher durch Zession veräußert und durch Übergabe verpfändet wird. Die Führung des Gewerkenbuchs und die Ausfertigung der Kuxscheine erfolgen durch den Repräsentanten. Neben der gewerkschaftlichen Verfassung ist auch das zivilrechtliche Miteigentum sowie jede andre Form der Gewerkschaft zugelassen, wenn die Mitbeteiligten des Bergwerks sie durch Vertrag annehmen. Einige neuere Berggesetze lassen erst bei einer größern Zahl von Teilnehmern das gewerkschaftliche Verhältnis eintreten; sonst gilt die Regel des zivilrechtlichen Miteigentums und zwar in Österreich, solange das Bergwerk nicht weiter als bis zum 16. Teil des Ganzen geteilt ist, in Sachsen bis zu 8 Teilnehmern. Nach den Übergangsbestimmungen des preußischen Berggesetzes finden die Vorschriften über die Personifikation der Gewerkschaft und die Mobilisierung der Kuxe auf die schon vor dem 1. Okt. 1865 gebildeten Gewerkschaften nicht Anwendung. Dieselben können die im 4. Titel enthaltene gewerkschaftliche Verfassung nur durch einen Mehrheitsbeschluß von drei Vierteln der Anteile annehmen. Es bleibt also neben dem hundertteiligen mobilen Kux des neuen Rechts der immobile Kux zu 1/128 und zwar für die größere und wichtigere Zahl der Gewerkschaften in Anwendung. Die gewerkschaftliche Verfassung ist übrigens auch nach preußischem Rechte dieselbe für die Gewerkschaften des alten und des neuen Rechts. Die Gewerkschaft bedarf nicht wie die Aktiengesellschaft notwendig eines Statuts. Der Gesellschaftsvertrag wird vielmehr da, wo ein Statut nicht errichtet ist, durch die Vorschriften des Gesetzes ersetzt, welches alle wesentlichen Teile des Rechtsverhältnisses bestimmt. Die Gewerkschaft äußert ihren Willen durch die Gewerkenbeschlüsse, welche von der Gesamtheit der Teilnehmer in den Gewerkenversammlungen gefaßt werden. Sie wird nach außen durch den Repräsentanten oder Grubenvorstand vertreten, dessen Bestellung durch Wahl in der beschlußfähigen Gewerkenversammlung erfolgt. Die mehreren Mitglieder des Grubenvorstandes müssen bei der Ausübung ihrer Befugnisse in der Regel samt und sonders handeln; doch können dieselben auch mit der Klausel "samt oder sonders" bestellt werden, so daß jedes Mitglied für sich allein zu handeln befugt ist. Zwischen den einzelnen Gewerken und der Gewerkschaft besteht ein obligatorisches Verhältnis, dessen Gegenstand in dem Ertrag des Bergwerksbetriebs, der Ausbeute, und in den Beiträgen zu den Kosten des Bergbaues, der Zubuße, besteht. Die Grundsätze, nach welchen die gegenseitigen Forderungen der Ausbeute und der Zubuße im B. geregelt sind, sind aus dem praktischen Bedürfnis des Bergbaues hervorgegangen, und in der Eigentümlichkeit dieser Grundsätze besteht der wesentliche Unterschied zwischen der Gewerkschaft und der Aktiengesellschaft. Das Betriebskapital besteht bei der Aktiengesellschaft in einem zum voraus festgesetzten Grundkapital, bei der Gewerkschaft dagegen in laufenden Zubußen. Der zu verteilende Ertrag wird bei der Aktiengesellschaft durch die eintretende Vermehrung des Grundkapitals bestimmt, bei der Gewerkschaft durch den disponibeln Erlös der Produkte. Die Leistung des Aktionärs ist daher eine einmalige und genau begrenzte. Sein Forderungsrecht ist relativ ebenso bestimmt, indem es sich auf den ratierlichen Anteil an der eintretenden Vermögensvermehrung erstreckt. Der Gewerke ist dagegen zu fortlaufenden Beiträgen nach Maßgabe des Bedürfnisses verpflichtet; ebenso ist die Verteilung der Ausbeute nicht von einer Bilanz, von dem Nachweis einer Vermögensvermehrung abhängig, sondern davon, daß ein disponibler Kassenbestand vorhanden ist, welcher die mutmaßlichen Betriebskosten des nächsten Jahrs übersteigt. Nach dem ältern Recht wurde die Zubuße von dem Bergamt festgesetzt und mußte binnen vier Wochen vom Tag des Ausschreibens erlegt werden. Nach Ablauf einer weitern Retardatfrist wurde der Kux auf Anzeige des Schichtmeisters kaduziert, d. h. der Gewerke wurde seines Anteils verlustig, und dieser fiel den übrigen Mitgliedern der Gewerkschaft gegen Entrichtung der rückständigen Zubuße zu. Die Vorschriften des ältern Rechts über die Kaduzierung enthielten indes eine unverkennbare Härte. Das österreichische Berggesetz vom 23. Mai 1854 setzte daher an die Stelle der Kaduzierung den Zwangsverkauf des Bergwerksanteils. Nach dem preußischen Berggesetz erfolgt die Beitreibung der Zubuße im Weg der gerichtlichen Klage gegen den Gewerken. Das Verfahren richtet sich nach den für schleunige Sachen bestehenden Vorschriften. Der Gewerke kann jedoch seine Verurteilung und die Exekution dadurch abwenden, daß er unter Überreichung des Kuxscheins den Verkauf seines Anteils behufs Befriedigung der Gewerkschaft anheimstellt.

Was die Rechte des Grundeigentümers anlangt, so hat das Zusammentreffen des Grundeigentums mit dem Bergwerkseigentum in denselben räumlichen Grenzen eine Einschränkung des erstern Rechts zur Folge, indem der Bergwerkseigentümer zu jeder Einwirkung auf das Grundstück befugt ist, welche zur Gewinnung der verliehenen Mineralien notwendig wird, wogegen er verpflichtet ist, den Grundeigentümer für jede solche Einwirkung, welche sich über die Grenzen der verliehenen Lagerstätten hinaus erstreckt, schadlos zu halten. Will der Bergwerksbesitzer die Oberfläche des Grundstücks zu seinen Anlagen benutzen, so bedarf er eines besondern Rechtstitels: der Grundabtretung. Zu Anlagen unter Tage ist er dagegen innerhalb seines Feldes ohne weiteres ermächtigt. Die Grundabtretung erfolgt entweder durch Vertrag oder im Weg der Expropriation durch die Entscheidung der Verwaltungsbehörden, welche den Umfang und die Dauer der Abtretung und die Schadloshaltung, letztere unter Vorbehalt des Rechtswegs, regelt. Für die zufälligen Grundschäden, d. h. für die Beschädigungen an der Oberfläche, welche durch die unterirdischen Bergwerksanlagen entstehen, muß der Bergwerksbesitzer vollständige Entschädigung gewähren. Dahin gehören besonders die Wasserentziehung, die Beschädigung von Gebäuden u. dgl. Der große Umfang der Zerstörungen, welche der Steinkohlenbergbau an Gebäuden in den Städten Essen, Iserlohn und Oberhausen verursachte, rief im preußischen Landtag lebhafte Beschwerden und Anträge auf Sicherung der Entschädigungsansprüche hervor. Diesen Anträgen wurde durch die Einrichtung der Regulierungskommissionen genügt, durch welche im außergerichtlichen Verfahren die Ersatzansprüche für Bergschäden im Weg des Schiedsspruches festgestellt werden. Der Anspruch auf Grundentschädigung wird ausgeschlossen durch das grobe Versehen des Grundbesitzers, wenn dieser Gebäude oder andre Anlagen zu einer Zeit errichtet hat, wo ihm bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit die durch den Bergbau drohende Gefahr nicht unbekannt bleiben konnte. Muß aber wegen einer derartigen Gefahr die Errichtung der beabsichtigten Anlagen unterbleiben, hat der Grundbesitzer Anspruch auf die Vergütung der Wertsverminderung, welche sein Grundstück dadurch erleidet. Nach dem sächsischen, österreichischen und englischen B. entscheidet die Regel der Prävention. Die