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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bessastadir; Bessèges; Bessel; Bessels

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Bessastadir - Bessels.

worden. Er starb auf der Rückkehr von einer wichtigen, aber erfolglosen Sendung nach Frankreich 19. Nov. 1472 in Ravenna. Seine Bibliothek, an griechischen Handschriften damals die reichste im Abendland, schenkte er noch bei Lebzeiten der Stadt Venedig; sie bildet den Kern der berühmten Marciana. Seine Schriften, teils lateinische Übersetzungen griechischer Autoren, teils Streitschriften zur Verteidigung der Platonischen Philosophie sowie seines Glaubenswechsels, sind nur vereinzelt im Druck erschienen; sie finden sich am vollständigsten als "Bessarionis opera omnia" in Mignes "Patrologia graeca", Bd. 161 (Par. 1866). Vgl. Bandini, De vita et rebus gestis Bessarionis (Rom 1777), und Vast, Le cardinal B. (Par. 1879).

Bessastadir, Ortschaft an der Südwestküste von Island, auf einer Landzunge südlich von Reykjawik. Bis Anfang dieses Jahrhunderts residierte hier der höchste Beamte des Landes. Von 1805 bis 1846 befand sich hier die gelehrte Schule, welche jetzt in Reykjawik ist.

Bessèges (spr. -ssähsch), Stadt im franz. Departement Gard, Arrondissement Alais, an der Cèze und der Lyoner Bahn, hat (1881) 10,052 Einw., bedeutenden Kohlen- und Eisenbergbau, Hochöfen, Eisenraffinierwerke und Glasfabrikation.

Bessel, 1) Johann Georg, Gelehrter, geb. 5. Sept. 1672 zu Buchhain im Mainzischen, trat 1693 unter dem Namen Gottfried in das Benediktinerkloster Göttweih, war dann längere Zeit als Lehrer im Kloster Seligenstadt thätig und wurde, nachdem er zu Rom die Würde eines Doktors der Rechte erlangt, 1704 Generalvikar des Kurfürsten von Mainz. 1714 ward er Professor der Theologie zu Wien sowie Abt von Göttweih, das er vortrefflich verwaltete, und starb 20. Jan. 1749. Er war besonders bei dem Übertritt des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel zum Katholizismus und bei andern Konversionen deutscher Fürsten thätig. Das von ihm herausgegebene "Chronicon Gotwicense" (Tegernsee 1732) ist ein für die Geschichte und Geographie Deutschlands im Mittelalter sehr wertvolles diplomatisches Prachtwerk.

2) Friedrich Wilhelm, der größte Astronom der Neuzeit, geb. 22. Juli 1784 zu Minden, widmete sich in Bremen dem Kaufmannsstand, verwandte hier alle freie Zeit auf das Studium der Mathematik und Astronomie, beobachtete vier Jahre auf der Privatsternwarte von Schröter in Lilienthal, wurde 1810 nach Königsberg berufen und legte 1811-13 die dortige Sternwarte an, die 1819 mit Reichenbachschen Instrumenten von der höchsten Vollkommenheit versehen wurde. Mit diesen Instrumenten, unter denen besonders das Heliometer bald weltberühmt wurde, stellte er Beobachtungen von noch heute unübertroffener Schärfe an und bahnte überhaupt der astronomischen Beobachtungskunst neue Wege. Daneben war B. auch in den mathematischen Theorien der Astronomie tief erfahren und Schöpfer ganz neuer Methoden. Kein Astronom der Gegenwart oder Vergangenheit war in gleichem Grad wie B. Beobachter und Theoretiker zugleich. Er starb 14. März 1846. Zu seinen frühsten Schriften gehören die Abhandlungen: "Über die wahre Bahn des 1807 erschienenen Kometen" (Königsb. 1810) und "Theorie der Störungen der Kometen" (das. 1810). Sehr wichtig sind seine "Astronomischen Beobachtungen auf der Sternwarte zu Königsberg" (Königsb. 1815-46, 21 Abtlgn., welche die Zeit von 1815 bis mit 1835 umfassen; fortgesetzt von Busch), nicht minder seine spätern Schriften: "Fundamenta astronomiae deducta ex observationibus J. ^[James] Bradley" (Königsb. 1818), die Resultate aus Bradleys Beobachtungen enthaltend; "Untersuchungen über das Vorrücken der Nachtgleiche" (Berl. 1816); "Untersuchungen über die Länge des einfachen Sekundenpendels für Berlin" (das. 1828); "Tabulae Regiomontanae reductionum observationum ad a. 1750 usque ad a. 1830 computatae" (Königsb. 1830); "Versuche über die Kraft, mit welcher die Erde Körper von verschiedener Beschaffenheit anzieht" (Berl. 1833); "Bestimmung der Länge des einfachen Sekundenpendels" (das. 1837); "Gradmessung in Ostpreußen und ihre Verbindung mit preußischen und russischen Dreiecksketten" (das. 1838, mit Baeyer herausgegeben); "Darstellung der Untersuchungen und Maßregeln, welche in den Jahren 1835 bis 1838 durch die Einheit des preußischen Längenmaßes veranlaßt worden sind" (das. 1839), von dem preußischen Ministerium der Finanzen und des Handels bekannt gemacht; "Astronomische Untersuchungen" (Königsb. 1841-42, 2 Bde.). In den Jahren 1824-33 vollendete er eine Reihe von 75,011 in 536 Sitzungen gemachten Beobachtungen über die Zone des Himmels zwischen 15° nördlicher und 15° südlicher Deklination. Zu seinen interessantesten kleinern Arbeiten gehört: "Messung der Entfernung des 61. Sterns im Sternbild des Schwans", in Schumachers "Jahrbuch" (1839); dieselbe bot die erste befriedigende Lösung des berühmten Problems von der Parallaxe der Fixsterne. Zu den letzten und wichtigsten Arbeiten Bessels gehört eine 1844 erschienene Abhandlung, welche die genauesten Untersuchungen über die Veränderlichkeit der eignen Bewegungen gewisser Fixsterne enthält, sowie eine biographische Skizze seines Lehrers Olbers für die von dem Ärztlichen Verein zu Bremen herausgegebenen "Biographischen Skizzen verstorbener bremischer Ärzte und Naturforscher". Bessels "Populäre Vorlesungen über wissenschaftliche Gegenstände" wurden von seinem Freund Schumacher (Hamb. 1848) herausgegeben; seine "Abhandlungen" (Leipz. 1876, 3 Bde.) und "Rezensionen" (das. 1878) hat R. Engelmann veröffentlicht. Seinen "Briefwechsel mit Olbers" gab A. Erman heraus (Leipz. 1852, 2 Bde.), denjenigen mit Gauß die Berliner Akademie (Leipz. 1880).

Bessels, Emil, Naturforscher und Nordpolfahrer, geb. 1847 zu Heidelberg, studierte in Jena und in seiner Vaterstadt Naturwissenschaft und Medizin und trat 1869 auf Petermanns Veranlassung mit dem Dampfer Albert seine erste Nordpolfahrt an, um das Östliche Eismeer zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja zu untersuchen und Gillisland zu erforschen. Nur die erste Aufgabe wurde gelöst, da die ungünstigen Eisverhältnisse eine Erforschung von Gillisland nicht zuließen. Indes wurden wichtige hydrographische Arbeiten und eine vollständige Reihe von Seetiefenmessungen vorgenommen sowie zum erstenmal die Existenz des Golfstroms östlich von Spitzbergen nachgewiesen. 1871 wurde B. nach den Vereinigten Staaten berufen, um die wissenschaftliche Leitung der Nordpolexpedition unter Ch. Francis Hall (s. d.) zu übernehmen. 1871-73 drang man in der nördlichen Verlängerung des Smithsundes zu der noch von keinem andern Schiff erreichten Höhe von 82° 26' nördl. Br. vor. Leider scheiterte das Schiff (Polaris), und alle Sammlungen gingen verloren. Aus der Richtung der Flutwelle und aufgefundenem Walnußtreibholz schloß B. auf einen nördlichen Zusammenhang dieses Meeresteils mit dem Beringsmeer. Außer Aufsätzen in deutschen Zeitschriften und den Bulletins des "United States geological and