Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Betriebssystem

831

Betriebssystem (Dreifelderwirtschaft, geregelte Feldgraswirtschaft).

menden Frühjahr erfolgte, dienten ebenso wie das Brachfeld bis Johannis als Weide. Futterkräuter und Hackfrüchte wurden auf dem Ackerland nicht gebaut, das Viehfutter lieferten, mit Ausnahme des Hafers, lediglich die ständigen Grasweiden und Wiesen, die Rindviehhaltung war von dem Ertrag derselben abhängig. Den geringen Bedarf an Gemüse oder sonstigen nicht zu den Körnerfrüchten gehörenden Gewächsen deckte man durch Anbau in Gärten oder auf andern in der Nähe der Höfe gelegenen Grundstücken, die von der Dreifelderwirtschaft ausgeschlossen waren. Wo die landwirtschaftliche Bevölkerung in Dörfern zusammenwohnte, war regelmäßig die ganze Feldmark in drei Teile geteilt; die Brach-, Winter- und Sommerfelder der Einzelnen bildeten je zusammenhängende Flächen. Deshalb konnte der gesamte Viehstand eines Dorfs gemeinschaftlich auf dem Brachland und den Stoppelländereien geweidet werden; es bestanden regelmäßig das Recht der gemeinsamen Brach- und Stoppelweide, meist auch Weiderechte der Grundherren; die einzelnen Besitzer konnten ihre Grundstücke nicht anders benutzen, als es das System der Dreifelderwirtschaft ihnen vorschrieb; insbesondere war thatsächlich und rechtlich eine Benutzung des Brachlandes durch Bestellung mit Hackfrüchten oder andern Gewächsen unmöglich. Das ständige Weideland war hier gewöhnlich gemeinsames Eigentum und wurde von den Dorfgenossen gemeinschaftlich benutzt, die Pflege desselben aber sehr vernachlässigt. Die Wiesen waren zwar Eigentum der Einzelnen, aber es pflegte bloß ein Schnitt von denselben genommen zu werden, und sie wurden häufig im ersten Frühjahr und im Herbst nach der Heuernte auch noch beweidet und zwar von allem Dorfvieh gemeinschaftlich. Bei der reinen Dreifelderwirtschaft blieb also ein volles Dritteil des Ackerlandes für die Pflanzenproduktion unbenutzt, und eine reichliche Ernährung des Viehs konnte nur stattfinden, wo im Verhältnis zum Ackerland eine große Wiesen- und Weidenfläche von hoher natürlicher Fruchtbarkeit vorhanden war. Dies B. ist noch ein extensives System, das wenig Arbeitskräfte und wenig Kapital erfordert. Seine Einführung war gegen früher ein Fortschritt, es zwang die Landwirte zu einer geregelten Bestellung und Benutzung des Ackers und erhöhte die Körnerproduktion. Und es war mit der Einfachheit, Regelmäßigkeit und Stetigkeit seines Betriebes ein rationelles System, solange die landwirtschaftliche Bevölkerung dünn und geistig wenig entwickelt, die Einsicht in die Gesetze der Pflanzen- und Tierproduktion gering, das Bedürfnis einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion nicht vorhanden war und eine stärkere Verwendung von Arbeit und Kapital sich nicht entsprechend bezahlt gemacht hätte. Je mehr aber im Lauf der Zeit diese Voraussetzungen fortfielen, verlor das System an seiner Berechtigung und machten sich die Nachteile, die hauptsächlich in einer unvollständigen Ausnutzung der Bodenkräfte, in einer Verringerung der Bodenfruchtbarkeit und einer Verschlechterung des Rindviehstandes bestanden, immer mehr fühlbar. Eine Reform konnte aber nicht erfolgen ohne eine Änderung des bisherigen Rechtszustandes, insbesondere ohne Aufhebung des Rechts der gemeinsamen Brach- und Stoppelweide. Diese erfolgte vielfach schon im vorigen Jahrhundert. Die reine Dreifelderwirtschaft wurde nun ersetzt durch die verbesserte Dreifelderwirtschaft. Diese besteht darin, daß das bisherige Brachfeld ganz oder teilweise mit Früchten, die nicht zu den Getreidearten gehören, z. B. mit Klee, Kartoffeln, Rüben, Hülsenfrüchten etc., bebaut wird. Die Vorzüge dieses Betriebssystems vor der reinen Dreifelderwirtschaft sind: die Bodenkräfte werden besser ausgenutzt, und es wird eine erheblich höhere Gesamtproduktion erzielt; durch den Anbau von Viehfutter kann mehr Vieh gehalten und dieses besser genährt werden, die Viehhaltung wird unabhängiger von der vorhandenen Fläche an Wiesen und Weiden, und auch die Sommerstallfütterung des Rindviehs wird ermöglicht; die reichlichere Fütterung bewirkt eine reichlichere Düngerproduktion, und dies wirkt wieder günstig auf die Erhaltung und Steigerung der Bodenfruchtbarkeit des Ackerlandes ein; endlich können durch den Anbau von Wurzelgewächsen und sonstigen Hackfrüchten die Arbeitskräfte gleichmäßiger während des ganzen Sommers beschäftigt werden. Aber das System hat noch die Nachteile: der Körnerbau überwiegt noch zu sehr; dadurch, daß stets zwei Halmfrüchte aufeinander folgen, werden die chemischen wie physikalischen Eigenschaften des Bodens ungünstig beeinflußt; für den Futterbau bleibt zu wenig Land übrig. Die verbesserte Dreifelderwirtschaft hat heute noch in Deutschland und andern Ländern eine große Verbreitung, ist aber in der Gegenwart höchstens nur noch in Ländern zweckmäßig, wo wegen Reichtums des Bodens und dünner Bevölkerung eine starke Produktion von Getreide zum Zweck des Exports gerechtfertigt ist (Rußland, Nordamerika). Bleibt ein Teil des Brachfeldes unangebaut, weil die reine Brache wegen zu starker Verunkrautung und schwieriger Bodenbeschaffenheit oder auch mit Rücksicht auf den Rapsbau nicht zu entbehren ist, und wird nun dieser Teil viel energischer behandelt (Umbrechen der Stoppel schon im Herbst, vier- bis fünfmaliges Pflügen), so spricht man von Felderwirtschaft mit schwarzer Brache.

4) Die geregelte Feldgraswirtschaft (auch Koppel-, Wechsel-, Schlagwirtschaft, in Süddeutschland stellenweise Eggartenwirtschaft genannt). Dieses B., in Dänemark, in einzelnen Gegenden Englands und in den Marschgegenden des nordwestlichen Deutschland schon seit vielen Jahrhunderten bekannt, wurde 1783 (durch den Landdrost von der Lühe) in Mecklenburg eingeführt und verbreitete sich von dort, allerdings in mannigfach veränderter und verbesserter Form, in den kontinentalen Küstengegenden der Nord- und Ostsee. Bei diesem B. wird in fest bestimmter Zeit und Reihenfolge das Land eine Anzahl von Jahren zum Anbau von Getreide oder auch von andern Gewächsen verwendet und dann ebenso eine Anzahl von Jahren als Weide benutzt. Das ganze Land wird in Schläge eingeteilt. Der Graswuchs ist nicht mehr ein rein natürlicher, man säet in die Getreidefrucht, welche der Weideperiode unmittelbar voraufgeht, Gräser, Klee oder sonstige Futterpflanzen ein. (Der Name Koppelwirtschaft erklärt sich daher, daß in Holstein die einzelnen Schläge mit Gräben und Wällen, auf welch letztern lebendige Hecken, sogen. Knicks, sich befinden, umgeben waren, um die Weidetiere am Ausbrechen zu verhindern und zugleich vor dem heftigen Wind zu schützen, und daß man diese so eingefriedigten Schläge Koppeln nannte.) Die Fruchtfolge und Zahl der Schläge ist bei diesem B. keine fest gegebene. Boden- und Marktverhältnisse bedingen hier Unterschiede. Man unterscheidet in jenen Hinsichten verschiedene Arten der geregelten Feldgraswirtschaft, so die holsteinische, mecklenburgische, märkische und andre Koppelwirtschaften. Bei der holsteinischen Koppelwirtschaft (die frühere ist unter dem Einfluß der Thaerschen Lehren modi-^[folgende Seite]