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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Beust

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Beust.

nannt, hat aber den beabsichtigten Zweck, durch Aufhebung der Konkurrenz unter den Beteiligten der Segelschiffahrt größere Vorteile zu verschaffen, überall verfehlt, namentlich da, wo Dampfschiffsunternehmungen konkurrierend auftraten.

Beust, 1) Joachim von, berühmter Gelehrter, geb. 1522 zu Möckern aus einer der Mark Brandenburg angehörigen Adelsfamilie, ward 1550 kursächsischer Rat, 1551 Professor zu Wittenberg, 1580 Konsistorialrat in Dresden, nahm 1592 an der Generalvisitation der sächsischen Kirchen und Schulen teil und starb 1597. Von seinen Schriften wurde die "Enarratio evangeliorum et epistolarum" elf mal aufgelegt.

2) Ernst August, Graf von, Berg- und Hüttenmann, geb. 21. Nov. 1783 zu Altenburg, besuchte die Bergakademie in Freiberg, studierte sodann in Göttingen Kameralwissenschaften, wurde im Königreich Westfalen Generalinspektor der Hütten, Salinen und des Bergwesens, 1812 Generaldirektor der Salinen des Großherzogtums Frankfurt, trat später als vortragender Rat in das preußische Finanzministerium, ward nach 1815 Berghauptmann in der Rheinprovinz und erhielt 1840 als Oberberghauptmann die Leitung aller Bergwerke, Hütten und Salinen des preußischen Staats. Außer der wohlthätigen Gesetzgebung von 1851 bereitete er namentlich auch die geognostische Aufnahme des ganzen Landes vor. Er trat 1848 in den Ruhestand und starb 5. Febr. 1859.

3) Friedrich Konstantin, Freiherr von, Berg- und Hüttenmann, geb. 13. April 1806 zu Dresden, studierte seit 1822 auf der Bergakademie in Freiberg, seit 1826 auf den Universitäten Göttingen und Leipzig, wurde nach mehrjähriger Thätigkeit in den Bergämtern Freiberg und Schneeberg sowie im Hüttenamt zu Freiberg 1835 Bergamtsassessor daselbst, 1836 Bergmeister zu Marienberg und 1838 Bergrat zu Freiberg. Im J. 1842 mit der Direktion des Oberbergamtes beauftragt, ward er 1843 zum Berghauptmann und Blaufarbenkommissar und 1851 zum Oberberghauptmann befördert. Nach Aufhebung des Oberbergamtes in Freiberg ging er 1867 nach Wien als Generalinspektor des cisleithanischen Berg-, Hütten- und Salinenwesens und wirkte fördernd und belebend auf den österreichischen Bergbau. Er schrieb: "Kritische Beleuchtung der Wernerschen Gangtheorie" (Freiberg 1840); "Geognostische Skizze der wichtigsten Porphyrgebilde zwischen Freiberg, Frauenstein, Tharandt und Nossen" (das. 1835) sowie einige kleinere, den Entwurf des neuen sächsischen Berggesetzes, den Freiberger Bergbau, die Erzgänge etc. betreffende Schriften (1850).

4) Friedrich Ferdinand, Graf von, sächsischer und österreich. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. 13. Jan. 1809 zu Dresden, besuchte 1822-26 die Kreuzschule daselbst und dann die Universitäten Göttingen und Leipzig, wurde 1831 Accessist beim sächsischen Ministerium des Auswärtigen, 1832 Assessor in der damaligen Landesdirektion, war 1836 bis 1840 Legationssekretär bei den Gesandtschaften in Berlin und Paris, ging Ende 1841 als Geschäftsträger nach München und 1846 als Ministerresident nach London. Nachdem er seit Mai 1848 Gesandter in Berlin gewesen, übernahm er 24. Febr. 1849 im Ministerium Held das Departement des Auswärtigen. Er erklärte sich gegen die Annahme der Reichsverfassung, wodurch der Maiaufstand in Dresden hervorgerufen wurde, zu dessen Unterdrückung B. die Hilfe Preußens anrief. In dem darauf neugebildeten Ministerium Zschinsky behielt er nicht nur die auswärtigen Angelegenheiten, sondern übernahm auch das Portefeuille des Kultus und später das des Innern. Seitdem war sein Einfluß maßgebend für die Politik Sachsens. Er schloß zwar 30. Mai 1849 das sogen. Dreikönigsbündnis mit Preußen ab, trat aber auf Grund eines früher geheim gehaltenen "Vorbehalts" bald wieder davon zurück und schlug nun eine antipreußische Richtung mit möglichstem Anschluß an Österreich ein. Sein Ziel war, die Bedeutung und den Einfluß der Mittelstaaten, besonders Sachsens, am Bund zu erhöhen, indem er ihre Selbständigkeit möglichst vermehrte und Österreich bei der Demütigung des allein gefährlichen Preußen beistand. In der innern Politik galt er als die Seele der jetzt beginnenden Reaktion, die er durch Beschränkung der Presse und des Vereinswesens, durch streng kirchliche Richtung in Schule und Kirche, überhaupt durch büreaukratisch-polizeiliche Überwachung aller freiern Regungen durchzuführen bemüht war. Trotz seiner Hinneigung zu Österreich war aber B., der 1853 nach dem Tod Zschinskys zum Ministerpräsidenten ernannt worden war, zu vorsichtig, um sich 1854 der bewaffneten Neutralität Österreichs gegen Rußland anzuschließen; er einigte sich vielmehr in der Bamberger Konferenz mit den Vertretern der übrigen Mittelstaaten über eine Sonderstellung. Als die nationale und liberale Bewegung in Deutschland und Sachsen 1859 lebhafter wurde, gab sich B. den Anschein, als wenn er ihr eifrigster Anhänger wäre, und trat, um der Bewegung die Spitze abzubrechen und Preußen zuvorzukommen, selbst mit dem Bundesreformprojekt vom 15. Okt. 1861 hervor, welches die lose Vereinigung der deutschen Staaten im wesentlichen aufrecht erhielt, zugleich aber neben der Bundesversammlung auch den Vertretern des deutschen Volkes einigen Anteil an der Entscheidung über die allgemeinen deutschen Angelegenheiten gestattete. 1863 bot ihm die schleswig-holsteinische Angelegenheit willkommenen Anlaß, sich populär zu machen. Von Anfang an trat er, indem er sich vom Londoner Protokoll lossagte, mit Entschiedenheit dafür ein, daß die Entscheidung durch den Bundestag zu erfolgen habe. B. erhielt 1864 vom Bundestag mit großer Stimmenmehrheit die ehrenvolle Mission, an den Londoner Konferenzen neben den Gesandten Österreichs und Preußens als Vertreter des Deutschen Bundes teilzunehmen, in welcher Eigenschaft er jede willkürliche Teilung Schleswigs zurückwies und an dem Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung festhielt. Auch bei den weitern Phasen des schleswig-holsteinischen Streits vertrat er insofern die Sache des Bundes, als er die Entscheidung der Streitfrage diesem anheimgestellt wissen wollte. Da zuletzt auch Österreich diesen Weg betrat, während Preußen dagegen protestierte, so kam B. in immer schärfern Gegensatz zu Preußen und in immer engere Verbindung mit Österreich. Er galt daher für den hauptsächlichsten Förderer der wachsenden Zwietracht zwischen den deutschen Großmächten und des Bündnisses, welches 1866 die Mittelstaaten mit Österreich schlossen. Als der Ausgang des Kriegs seine Stellung unhaltbar machte, wurde er als Minister des Auswärtigen und des kaiserlichen Hauses nach Wien berufen (Oktober 1866). Um dem schwer gefährdeten Kaiserreich wieder aufzuhelfen, arbeitete er zunächst auf einen Ausgleich mit Ungarn hin, welchen er auch (freilich mit sehr erheblichen Zugeständnissen auf Kosten Cisleithaniens) glücklich zu stande brachte. Beusts Verdienste wurden 1867 durch seine Ernennung zum Reichskanzler und 1868 durch seine Erhebung in den