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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bewegungsart; Bewegungsgesetze der Weltkörper; Bewegungsmechanismen; Bewehrung; Beweis

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Bewegungsart - Beweis (in der Logik).

schwindigkeit darstellen. Hiernach würde z. B. eine Masse von 30 g mit 300 m Geschwindigkeit dieselbe Bewegungsgröße besitzen wie eine Masse von 3000 g mit einer Geschwindigkeit von 3 m. - Das dritte Newtonsche Grundgesetz der B. lautet: "Bei jeder Wirkung ist immer eine gleiche und entgegengesetzte Gegenwirkung vorhanden, oder die Wirkungen, welche irgend zwei Körper aufeinander ausüben, sind immer gleich und entgegengesetzt gerichtet". Ein Stein z. B., der auf einem Tisch liegt und auf denselben einen Druck ausübt, erleidet von seiten des Tisches einen ebenso großen Gegendruck. Ein Magnet, der ein Stück Eisen anzieht, wird von dem Eisen in entgegengesetzter Richtung ebenso stark angezogen. Mit derselben Kraft, mit welcher die Erde den Mond anzieht, wird sie wieder von dem Mond angezogen. Beim Abschießen eines Gewehrs ist die Bewegungsgröße der Kugel gleich der Bewegungsgröße des gegen die Schulter des Schützen zurückprallenden Gewehrs. Indem eine Kraft einen Körper beschleunigt, hat sie unausgesetzt einen ihr genau gleichen, aus der Trägheit des Körpers entspringenden Widerstand zu überwinden und leistet demnach eine Arbeit, deren Ergebnis die dem bewegten Körper mitgeteilte Bewegungsenergie oder "lebendige Kraft" ist; diese wird ausgedrückt durch das halbe Produkt aus der Masse und dem Quadrat der Geschwindigkeit. Vermöge der erlangten Bewegungsenergie besitzt aber der Körper die Fähigkeit, in Überwindung eines äußern Widerstandes dieselbe Arbeit wieder zu leisten, welche auf ihn verwendet worden war, um ihn in B. zu setzen; er vermag z. B., indem er an einen andern Körper stößt und dadurch zur Ruhe kommt, diesem dieselbe Energie der B. zu erteilen, welche er vorher besaß. Das "Prinzip der Erhaltung der Energie", welches uns in diesem Beispiel entgegentritt, wurde erst in neuerer Zeit in seiner vollen Tragweite erkannt. Soweit es sich, wie hier, nur auf die Energie sinnlich wahrnehmbarer B. bezieht, erscheint es als notwendige Konsequenz der drei Newtonschen Grundgesetze. Diese Gesetze sind notwendig, aber auch vollkommen hinreichend zum Verständnis selbst der verwickeltsten Bewegungsvorgänge. Sie bilden die Grundpfeiler der analytischen Mechanik, welche aus ihnen, indem sie sich des mächtigen Hilfsmittels der mathematischen Zeichensprache bedient, die Erklärung der einzelnen Bewegungserscheinungen entwickelt. Litteratur s. Mechanik.

Bewegungsart, in der Musik die durch Worte oder Metronombestimmung vorgeschriebene absolute Geltung der Notenwerte im einzelnen Fall, welche eine so verschiedenartige sein kann, daß im Presto die Halben schneller genommen werden als im Largo die Achtel (vgl. Tempo). Im melodischen Sinn verschiedene Bewegungsarten sind das Steigen und Fallen der Tonhöhe; zwei Stimmen haben entweder gleiche B., nämlich wenn sie parallel miteinander steigen oder fallen (motus rectus, Parallelbewegung), oder verschiedene, wenn die eine steigt, während die andre fällt (motus contrarius, Gegenbewegung), oder wenn die eine liegen bleibt, während die andre steigt oder fällt (motus obliquus, Seitenbewegung).

Bewegungsgesetze der Weltkörper, vgl. Gravitation, Planeten (Keplersche Gesetze), Störungen.

Bewegungsmechanismen, Verbindungen widerstandsfähiger Körper, deren gegenseitige Bewegungen bestimmte sind, wenn überhaupt in einer derselben Bewegung eingeleitet wird. Da diese Eigenschaft von fast allen Maschinen gefordert wird, so erscheinen die B. als naturgemäßes Mittel zur Verwirklichung der Maschinenprobleme, und man kann sogar allgemein sagen: eine Maschine besteht aus einem oder mehreren B. Das Studium derselben ist die Aufgabe der praktischen Kinematik (s. d.). Die Mechanismen selbst bestehen wieder aus sogen. Elementenpaaren. Unter letztern aber versteht man nach Reuleaux zwei Körper, welche durch die Form ihrer Oberflächen verhindert sind, andre als bestimmte Bewegungen zu machen, z. B. einen Zapfen mit seinem Lager, ein Vollprisma mit einem Hohlprisma, eine Schraube mit zugehöriger Mutter etc. Die Verbindung verschiedener Elementenpaare findet in der Weise statt, daß ein Körper mit mehreren Elementen versehen wird. Ein Scharnierviereck ist z. B. eine Verbindung von vier Cylinderpaaren (Zapfen mit Lager), und jede Seite enthält an jedem Ende einen Voll- oder Hohlcylinder, also zusammen zwei Elemente. Auf diesen einfachen Grundgedanken baut sich ein gewaltiger Formenreichtum der möglichen B. natürlich und übersichtlich auf.

Bewehrung, in der Heraldik gewisse Extremitäten tierischer Körper, so beim Löwen die Krallen und die Zunge, bei den Vögeln der Schnabel und die Füße, bei gehörnten Tieren die Hörner oder das Geweih, beim Eber die Zähne. In der Heraldik des Mittelalters hat die B. eine von der Farbe des übrigen Körpers abweichende Tinktur. So ist der schwarze Reichsadler rot bewehrt; der weiße Schwan ist in der Regel schwarz bewehrt.

Beweis, die Darlegung der Wahrheit oder Falschheit eines Urteils aus Gründen. Ein B. ist daher nur für solche Urteile erforderlich, deren Wahrheit nicht von selbst einleuchtend (evident) ist. Er setzt aber notwendig unmittelbar einleuchtende Urteile voraus, weil die Begründung durch Gründe, die selbst wieder Begründung fordern, nicht ins Unendliche gehen kann. Alle Urteile, evidente und nicht evidente, sind nun nach Kants klassischer Einteilung entweder analytische (identisch, s. d.) oder synthetische, alle nicht evidenten, also eines Beweises bedürftigen und fähigen, aber nur synthetische und zwar, je nachdem sie apriorische (ausnahmslose) oder nur empirische (beschränkte) Allgemeinheit besitzen, reine Vernunftsätze (Synthesen a priori) oder bloße Erfahrungen (Synthesen a posteriori). Nimmt man nun bei dem B. Rücksicht a) auf dasjenige, was (Objekt, thesis probanda), b) auf dasjenige, wodurch (Beweisgrund, argumentum), c) auf denjenigen, für welchen (Subjekt, obnoxius probationi), d) auf die Weise, wie bewiesen werden soll (modus probandi), so ergibt sich folgendes. In Bezug auf a) unterscheidet man Beweise für Erfahrungen, dergleichen auf dem Weg empirischer Natur- oder Geschichtsinduktion gewonnene Überzeugungen, von solchen für Vernunftsätze, dergleichen auf dem Weg mathematischer oder philosophischer Deduktion erworbene Ansichten sind. Letztern wohnt das Gefühl unerschütterlicher Festigkeit, welche durch keine wie immer geartete Erfahrung aufgehoben, jenen das niemals verlöschende Bewußtsein bei, daß die nur auf induktivem Weg erlangte Gewißheit durch entgegenstehende Erfahrungen auch wieder auf demselben Weg vernichtet werden kann. In Bezug auf b) unterscheidet man Beweise aus der Erfahrung, d. h. mittels Wahrnehmungen, Beobachtungen, Versuche, Zeugnisse, von solchen aus der Vernunft, d. h. aus dem evidenten Inhalt und der gesetzmäßigen Form des menschlichen Denkens. Zu jenen gehören die sogen. Erfahrungs- (historischen und naturhistorischen), zu diesen die sogen. Vernunft- (mathematischen und philosophischen) Beweise. Den