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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bezoarwurzel; Bezoarziege; Bezogener; Bezugstag; Bge.; Bhagalpur; Bhagavad-Gitâ; Bhagirathi; Bhamo; Bhar; Bhâravi; Bhartpur

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Bezoarwurzel - Bhartpur.

abendländische B. ist weniger groß und glänzend als voriger, zerreiblich, aus ziemlich dicken Lagen bestehend, zuweilen gefleckt, geruch- und geschmacklos, enthält viel Phosphate und findet sich im Magen des Lama und der Vicunna. Der deutsche B. (Gemskugeln, Aegagropilae) stammt aus dem Magen und aus den Eingeweiden der Gemse und mehrerer Haustiere und besteht aus runden, aus Pflanzenfasern und Haaren gebildeten Bällen von 2-3 cm Durchmesser. Als Affenbezoar (Affenstein) kommen rundliche, knochenartige, harte Massen vor, die sich in den Eingeweiden des gemeinen Affen (Inuus sylvanus Cuv.) finden sollen. Der B. von Goa (B. de Goa) ist ein Kunstprodukt aus einer mit Moschus und Ambra vermischten Erde, die mittels Tragantschleims zu Kugeln geformt und gut mit Goldplättchen belegt wird. Ehedem galten die Bezoare als unfehlbare Mittel gegen Gift und alle möglichen Übel, wurden daher teuer bezahlt und gefälscht. Im Orient stehen sie noch jetzt in hohem Ansehen, auch benutzt man daselbst Gallensteine von Lämmern und Ziegen. Vgl. Harz, Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenbezoare des Pferdes und des Rindes (Wien 1876).

Bezoarwurzel, s. Dorstenia.

Bezoarziege, s. v. w. Paseng, s. Ziege; auch s. v. w. Hirschziegenantilope, s. Antilopen.

Bezogener (Adressat, Trassat), im Wechselrecht derjenige, welcher nach der Absicht des Ausstellers den Wechsel bezahlen soll, an den daher der Wechselbrief gerichtet ist.

Bezugstag (Anlagetag), der Tag, an welchem ein gekauftes Effekt (Börsenpapier) definitiv in den Besitz des Käufers gelangt.

Bge., bei botan. Namen Abkürzung für A. v. Bunge (s. d.).

Bhagalpur (Bhagulpore), Hauptstadt einer Division in der Provinz Bihar der britisch-ostind. Präsidentschaft Bengalen, liegt 48 m ü. M., rechts am Ganges und an der Eisenbahn von Kalkutta nach Dehli und hat (1881) 68,238 Einw. (48,924 Hindu, 18,867 Mohammedaner). Vor der Stadt zwei Denkmäler zu Ehren des englischen Beamten Cleveland. Die Division B. umfaßt 53,060 qkm (965 QM.) mit (1881) 8,063,160 Einw.

Bhagavad-Gitâ (das "heilige Lied" oder das "Gottheitslied"), Titel eines indischen Lehrgedichts religionsphilosophischen Inhalts, das als Episode in das große indische Epos Mahâbhârata (s. d.) verflochten ist. Ohne Zweifel ist es eins der spätesten Stücke des Gedichts und zu einer Zeit entstanden, als die Wischnuiten in Sekten zerfielen und ihre Religionslehre mit philosophischen Lehren in Einklang zu bringen suchten. Sein eklektischer Charakter hat ihm aber großes Ansehen verschafft und verschiedene indische Kommentare veranlaßt. Textausgaben besorgten A. W. v. Schlegel (2. Ausg., Bonn 1845) und Thomson (Hertford 1855); deutsche Übersetzungen Peiper (Leipz. 1834), Lorinser (Bresl. 1869) und besonders Boxberger (Berl. 1870). Vgl. W. v. Humboldt, Über die unter dem Namen B. bekannte Episode des Mahâbhârata (im 1. Bande der "Gesammelten Werke"). Lorinser will in seiner Übersetzung, vielleicht nicht mit Unrecht, Anklänge und Beziehungen zum Neuen Testament nachweisen.

Bhagirathi, 1) der westliche Quellfluß des Ganges, entspringt an der Südseite des Himalaja am Abhang des 3039 m hohen Gangotribergs; 13 km von der Quelle entfernt steht in 3144 m Höhe ein von Andächtigen des Hinduglaubens vielbesuchter Tempel. - 2) Arm des Ganges am Westrand seines Delta, welcher bei Kalkutta vorbeifließt und im untern Lauf Hugli (s. d.) heißt.

Bhamo (Bamo), bedeutender Handelsplatz im nördlichen Birma, unter 24° 41' nördl. Br., 97° 57' östl. L. v. Gr., am Einfluß des Taping in den Irawadi, 200 km von der chinesischen Grenzprovinz Jünnan, hat 4-5000 Einw., meist Birmanen, dann Schan und Chinesen, welche vorwiegend in Bambushütten wohnen; aus Ziegeln gebaute Wohnungen und Verkaufsläden haben nur die Chinesen, in deren Händen der Handel größtenteils liegt. Die Stadt ist mit einem vielfach verfallenen Palissadenwerk aus Teakholz umgeben. Seide, Thee, Moschus, Rhabarber, Edelmetalle, Kupfer, Eisen, Blei werden hierher gebracht aus Südchina; Schmuck und europäische Manufakte, Baumwollgewebe und Tuch sind die Haupthandelsartikel nach China. Seit 1871 verbindet eine Dampferlinie die Stadt einmal im Monat mit Rangun. B. ist Ausgangspunkt der Handelsstraße über Talifu nach Jünnan und Setschuan und Stützpunkt von nach China ausgehenden sowie Ziel der eine umgekehrte Richtung verfolgenden Expeditionen. - Eine portugiesische Faktorei war in B. schon 1550 gewesen; 1868 nahm trotz des Widerstrebens des Königs von Birma ein englischer politischer Agent hier seinen Sitz. Auch errichtete die amerikanische Mission in der Stadt eine Station. B. war von jeher der Sitz eines birmanischen Gouverneurs und einer kleinen Garnison, auch eines diplomatischen Agenten Chinas, das die Oberhoheit über Birma beansprucht. Als nun 1883 der Herrscher von Birma 5000 Mann zur Niederwerfung eines Aufstandes der Schan entsandte, wandten sich diese an China, welches eine kleine Truppenabteilung von Jünnan nach B. dirigierte, das Weihnachten 1884 mühelos eingenommen, aber schon nach wenigen Monaten wieder geräumt wurde. Vgl. Bowers, B.-Expedition (a. d. Engl., Berl. 1871).

Bhar, Gewicht, s. Bahar.

Bhâravi, ind. Epiker, der vor dem Ende des 10. Jahrh. n. Chr. auf Grund des alten Nationalepos "Mahâbhârata" (3. Gesang) den Kampf des jugendlichen Helden Ardschuna mit dem in die Gestalt eines bergbewohnenden Kirâten verwandelten Gott Siwa behandelte. Das nach den beiden Hauptfiguren "Kirâtârdschunîyam" betitelte Gedicht wird zu den großen Kunstepen der Hindu gerechnet und zerfällt in 18 Gesänge. Die Sprache fängt schon an stark zu künsteln; ein Hauptvorzug des Werks sind einige großartige Naturschilderungen. Ausgaben: Kalkutta 1814; mit dem Kommentar des Mallinâtha, daselbst 1847, 2 Bde.; eine Übersetzungsprobe (1. und 2. Gesang des Gedichts) gab C. Schütz (Bielefeld 1845).

Bhartpur, tributfreier Schutzstaat Englands in Radschputana (Ostindien), im W. der Nordwestprovinzen, 51,480 qkm (935 QM.) groß mit (1881) 645,540 Einw. (9/10 Hindu, 1/10 Moslems). Das Land ist meist niedrig, gut bewässert und sehr fruchtbar. Der Staat war 1856-69, während der Minderjährigkeit des Maharadscha, von englischen Beamten verwaltet worden und wurde in dieser Zeit mit Bewässerungswerken, einer Eisenbahn und einem Straßennetz ausgestattet; die Staatseinnahmen sind auf 6½ Mill. Mk. gebracht. Der jetzige Fürst übernahm die Regierung 10. Juni 1869; seine Verwaltung wird gerühmt. Die gleichnamige Hauptstadt und Residenz des Radscha liegt an der Radschputana-Eisenbahn und hat (1881) 66,163 Einw. (51,211 Hindu, 14,945 Mohammedaner). Die Festungswerke, welche der General Lord Lake 1805 vergeblich stürmte, wurden durch die englischen Truppen 17. Jan. 1827 mit Sturm genommen.