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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bibelot; Bibelübersetzungen; Bibelverbot

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Bibelot - Bibelverbot.

ten (355) und Bibelvereine (3418) in den Städten und Distrikten fördern die Einnahmen und die Verbreitung der Bibel. Im Ausland sind Agenturen eingerichtet, und durch bare Zuschüsse, Überlassung von Typen und Druckgeräten und in andrer Weise werden fremde B. in Erreichung ihrer Aufgaben unterstützt. Die Ausdehnung der Missionsthätigkeit gibt der Bibelgesellschaft fast jedes Jahr Anlaß, die Bibel in neue Sprachen und Mundarten übersetzen zu lassen. Die Einnahme, welche im ersten Jahr sich auf nur 619 Pfd. Sterl. belief, betrug im genannten Jahr über 4 Mill. Mk., womit sie über 3 Mill. Bibeln und Neue Testamente verbreitete. Seit ihrem Bestehen hatte sie von denselben über 85 Mill. in 230 verschiedenen Sprachen und Dialekten verbreitet. Nach dem Muster der britischen Gesellschaft traten in den meisten christlichen Staaten ähnliche zusammen, namentlich in Rußland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Deutschland, Holland, Frankreich und in der Schweiz. Den ersten Rang nach der englischen nahm hinsichtlich der umfassenden Wirksamkeit wohl die russische zu Petersburg ein, 1813 durch Paterson und Pinkerton gegründet, welche, durch 289 Tochteranstalten in allen Teilen Rußlands unterstützt, die Bibel in mehr als 30 Sprachen und Mundarten der dem russischen Zepter unterworfenen Völker hat drucken lassen. Im J. 1826 wurde sie durch einen kaiserlichen Ukas plötzlich aufgehoben, weil man sie politischer Tendenzen bezichtigte; der orthodoxen Kirche wurde dagegen das ausschließliche Recht der Verbreitung religiöser Schriften zuerkannt, und die seit 1831 bestehende Evangelische Bibelgesellschaft durfte ihre Thätigkeit nur über Protestanten erstrecken. Nachdem aber das Bibelverbot an sich 1858 von Alexander II. aufgehoben worden war, verbreiteten englische und amerikanische Gesellschaften desto mehr Bibeln unter allen Klassen der russischen Bevölkerung. Für das protestantische Deutschland gründete der Kaufmann Kiesling 1804 die Nürnberger Bibelgesellschaft, welche nachher nach Basel verlegt wurde. Auch eine katholische Bibelgesellschaft entstand in Regensburg 1805. Aus der Berliner Bibelgesellschaft, gestiftet 1806 durch den Prediger Jänike, ging die Preußische Hauptbibelgesellschaft 2. Aug. 1814 hervor, mit der zahlreiche Hilfsgesellschaften verbunden sind, und welche unter den deutschen B. den ersten Platz einnimmt. Andre Gesellschaften bestehen in Dresden (die sächsische Hauptbibelgesellschaft mit 51 Zweigvereinen, 1813 gegründet), Frankfurt a. M., Bremen, Lübeck, Hamburg, Elberfeld, Stuttgart, Nürnberg (Zentralverein für das protestantische Bayern, 15. Mai 1823 gegründet), Schleswig, Straßburg etc. In der Schweiz bestehen B. zu Bern und Basel, in Frankreich zu Paris, in Schweden zu Stockholm und Gotenburg, in Dänemark zu Kopenhagen. Bedeutend ist endlich noch die Wirksamkeit der großen amerikanischen Bibelgesellschaft, die über 1000 Tochteranstalten zählt und den Grundsatz befolgt, nicht eher das Ausland in den Kreis ihrer Thätigkeit zu ziehen, als bis jede Familie in den Vereinigten Staaten eine Bibel erhalten habe. Sie hat seit ihrer Gründung (1817) über 36 Mill. Exemplare abgesetzt. Die Zahl der seit 1800 auf der ganzen Erde verbreiteten Bibeln wird auf 150, die Gesamtverbreitung im J. 1878-1879 auf 5 Mill. geschätzt. Natürlicherweise konnte es auch diesen Instituten nicht an Gegnern fehlen. Als 1817 die Regensburger Bibelgesellschaft vom Papst aufgehoben wurde, erging gleichzeitig auch im Österreichischen ein Verbot gegen die B., infolgedessen die bereits hier und da entstandenen eingingen. In Rußland ist die Geistlichkeit der Bibelverbreitung in der jetzigen Volkssprache meist abhold. Selbst in dem protestantischen England nahmen Mitglieder der Hochkirche an dem Wirken der B. Anstoß, besonders aus Abneigung vor dem toleranten Standpunkt derselben den Dissenters gegenüber. Im freier denkenden Deutschland erhob man Widerspruch gegen die B. nicht sowohl auf Grund konfessioneller Bedenken, als vielmehr auf die Erfahrung sich berufend, daß das durch die Verbreitung der Bibel beförderte Lesen derselben lange nicht den Segen wirklich gewähre, den man nach den großen jener Verbreitung gebrachten Opfern zu erwarten berechtigt sei. Besonders gegen die britische Bibelgesellschaft wurden ihre Schattenseiten, der Luxus in ihrer Administration, das Fabrikmäßige der Arbeit, der engherzige Geist (z. B. in Weglassung der Apokryphen) und die Sucht, das Reich Gottes nach Quadratmeilen zu messen, hervorgehoben. Trotzdem ist nicht zu leugnen, daß die Bibel durch die B. ein wirksames Mittel zur Zivilisation, Humanisierung und christlichen Bildung der Völker geworden ist, des Nutzens für die linguistischen Studien, der aus diesen Bemühungen hervorgeht, nicht zu gedenken.

Bibelot (franz., spr. bibloh), eigentlich ein Werkzeug, ein Gegenstand oder ein Gerät ohne besondern Wert, im modernen Sprachgebrauch Bezeichnung für die Objekte des Kunsthandels und -Sammelns.

Bibelübersetzungen, s. Bibel, S. 882.

Bibelverbot, eine gesetzliche Bestimmung der katholischen Kirche, welche tief in das kirchliche Leben eingegriffen hat. Zwar bezieht sich das Verbot nur auf die Übersetzungen der Bibel in Landessprachen, nachdem die lateinische Sprache schon von Gregor VII. (1080) zur Kirchensprache erhoben und von dem Konzil zu Trient die Vulgata als die einzig authentische Übersetzung der römisch-katholischen Kirche anerkannt worden war. Seiner Wirkung nach kommt aber ein solches Verbot dem absoluten Verbot der Bibel gleich und dient dem Interesse der Hierarchie, die religiöse Erkenntnis des Volkes in unbedingter Abhängigkeit von den Geistlichen und dem römischen Stuhl zu halten. Im Interesse der päpstlichen Herrschaft verbot schon Gregor VII. (1080) den Gebrauch der slawischen Bibelübersetzung in Böhmen; um der waldensischen Ketzerei entgegenzutreten, untersagten Innocenz III. (1198) und die Konzile von Toulouse (1229) und Béziers (1233) das Lesen der Bibel in der Landessprache, die Synode zu Tarragona (1234) sogar den Besitz einer Übersetzung ohne Genehmigung des Bischofs. Als ketzerisch wurde Wiclefs Übersetzung zu Oxford (1383) verboten. Synodalbeschlüsse und päpstliche Verordnungen forderten dann die bischöfliche Genehmigung für Verbreitung jeder Übersetzung der Bibel und für jeden Laien zu ihrem Gebrauch, bis Gregor XV. (1622) das Lesen der Bibel in der Volkssprache überhaupt verbot und Clemens XI. dies durch die Bulle Unigenitus (1713) bestätigte, um der Verbreitung der Übersetzung von Quesnel vorzubeugen. Eine spätere Verordnung der römischen Bücherzensur von 1757 gestattet nur Übersetzungen mit erklärenden, aus den Kirchenvätern entnommenen Anmerkungen und mit päpstlicher Approbation. Die wiederholte Verdammung der Bibelgesellschaften durch Leo XII. (1824) und Pius IX. (Encyklika) trifft deshalb nur die von jenen verbreiteten Übersetzungen. Dagegen bestehen manche mit bischöflicher Genehmigung versehene und weitverbreitete katholische Übersetzungen, wie die von Allioli (s. d.).