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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Bläu - Blauer Montag.

schen Handelsvertrags im Auftrag der preußischen Regierung eine Reise durch Persien, deren Ergebnisse er zum Teil in der Schrift "Kommerzielle Zustände Persiens" (Berl. 1858) niederlegte. Ende 1858 ging er als preußischer Konsul nach Trapezunt, wo er eine bedeutende handelspolitische Thätigkeit entwickelte, wurde 1861 mit einer Sendung nach der Herzegowina und nach Montenegro betraut, die ihm tiefe Einblicke in die südslawischen Zustände eröffnete, erhielt infolgedessen 1864 das neubegründete preußische Konsulat für Bosnien zu Serajewo und wurde 1870 zum deutschen Generalkonsul für Bosnien und die Herzegowina ernannt. Ein Ergebnis dieses Aufenthalts ist das Werk "Reisen in Bosnien und der Herzegowina" (Berl. 1876). Im J. 1873 zum Generalkonsul in Odessa ernannt, machte er hier 26. Febr. 1879 seinem Leben selbst ein Ende. Über seine sonstigen. Erfahrungen und Beobachtungen hat B. in zahlreichen Aufsätzen im "Preußischen Handelsarchiv", in der Berliner "Zeitschrift für Erdkunde" etc. berichtet. Seine gelehrten Arbeiten über orientalische Sprach- und Altertumskunde finden sich in den "Blättern für Münzkunde" und der "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft" (z. B. die Untersuchungen über die lykischen Inschriften, die er aus dem Albanesischen zu erklären suchte, 1. 863; über die "Wanderung der sabäischen Stämme im 2. Jahrhundert", 1869: "Arabien im 6. Jahrhundert", 1870; "Altarabische Sprachstudien", 1872-73). Als selbständige Schriften sind noch zu erwähnen: "De nummis Achaemenidarum aramaeopersicis" (Leipz. 1855) und "Bosnischtürkische Sprachdenkmäler" (das. 1868).

Bläu, Buchdrucker, s. Blaeu.

Blau, abgezogenes, s. Indigo.

Blauamsel, s. Steindrossel.

Blaubändchen, s. Astrilds.

Blaubart, der Ritter (franz. Raoul, chevalier Barbe-Bleue), Held eines ursprünglich französischen Märchens, der nacheinander seine sechs Frauen tötete, weil sie, seinem Befehl ungehorsam, während seiner Abwesenheit sein geheimes Mordkabinett geöffnet hatten, wobei sie vor Schreck den goldenen Schlüssel auf den blutgetränkten Boden fallen ließen. Der Blutfleck am Schlüssel, der sich nicht wegwaschen läßt, wird zum Verräter. Die siebente Frau wird im entscheidenden Moment durch ihre drei Brüder gerettet, welche den B. töten und seine Schätze für ihre Schwester in Besitz nehmen. Das Märchen ist das Süjet zu Grétrys Oper "Raoul"; dramatisch wurde der Stoff behandelt von L. Tieck im "Phantasus", als musikalische Burleske neuerlich von Offenbach.

Blaubeere, s. Vaccinium.

Blaubeuren, Oberamtsstadt im württemberg. Donaukreis, in einem wildromantischen Felsthal der Rauhen Alb, 510 m ü. M., an der Blau und der Untern Donaubahn (Ulm-Sigmaringen), hat ein Amtsgericht, ein niederes evangelisch-theologisches Seminar in der ehemaligen Benediktinerabtei (seit 1562 evangelisch), ein reiches Spital, eine 1467-96 im gotischen Stil erbaute Klosterkirche, welche wertvolle Chorstühle von J. ^[Jörg] Syrlin (1493) und einen überaus reichen Hochaltar mit Malereien aus der Zeitblomschen Schule und trefflichem Schnitzwerk enthält; ferner eine große Zementfabrik, Leinweberei und Bleicherei, eine Wasserleitung aus dem Blautopf (s. d.) und (1880) 2571 Einw. (181 Katholiken). In der Nähe ist der interessante "hohle Felsen". Die Geschichte Blaubeurens hängt mit der seines Klosters zusammen, das 1085 von Anselm, einem Vorfahren der Pfalzgrafen von Tübingen, gestiftet wurde (vgl. Baur, Das Kloster zu B., Blaub. 1877). Stadtrechte hatte B. bereits vor 1267, wo es den Grafen von Helfenstein zufiel. 1447 kam es durch Kauf an Württemberg. Die Reformation wurde hier 1534 durch Ambrosius Blarer (Blaurer) eingeführt. Im Dreißigjährigen Krieg nahmen die Kaiserlichen B. in Besitz, und heftige Religionsverfolgungen fanden statt. Wegen seiner tiefen Lage litt B. oft durch verheerende Überschwemmungen, so besonders 1752, 1809 und 1868.

Blaubleierz, s. Bleiglanz.

Blaubock, s. Antilopen, S. 639.

Blaubücher (Blue books), in England die dem Parlament von der Regierung vorgelegten Bücher, in welchen die diplomatischen Verhandlungen, Noten, Berichte, insbesondere aber die Korrespondenzen zwischen dem Ministerium des Auswärtigen und den Vertretern des englischen Kabinetts im Ausland über einen bestimmten Gegenstand abgedruckt sind, benannt nach den blauen Umschlägen derselben; eine Einrichtung, welche in andern Staaten Nachahmung fand, so in dem deutschen Graubuch oder Weißbuch, welches 1884 zum erstenmal dem Reichstag mitgeteilt ward.

Blaudrossel, s. Steindrossel.

Blaue Berge (Blue Mountains), 1) ein Teil der Alleghanies in Nordamerika, s. Alleghanygebirge. -

2) Höhenzug im Staat Oregon, zwischen dem Kaskadengebirge im W. und dem Colorado im O. -

3) Bergkette im O. der Insel Jamaica (s. d.), deren höchste Spitze 2510 m mißt. -

4) Gebirge im Südosten Australiens, s. Neusüdwales.

Blaue Blume, in Novalis' Roman "Heinrich von Ofterdingen" das geheimnisvolle Sinnbild der Poesie und als solches Gegenstand der Sehnsucht und des Strebens des Helden. Sie ist ursprünglich die "blaue Wunderblume" des Märchens, die dem Hirten, wenn er sie unversehens aufgesteckt hat, die Augen öffnet und den bisher verborgenen Eingang zum Schatz entdeckt, und ward nachher zum vielgebrauchten Losungswort für die Romantik. Vgl. Hardenberg (Fr. v.).

Blaue Grotte, s. Capri.

Blaueisenerde, -erz, s. v. w. Vivianit.

Blaueisenstein, s. v. w. Krokydolith.

Blauen, ein Gipfel des Schwarzwaldes, bei Badenweiler, 1167 m hoch.

Blauen (Bläuen), farblose Gegenstände, wie Garne, Gewebe, Papier, Zucker, mit einer sehr geringen Menge eines blauen Farbstoffs (meist Ultramarin) versetzen, um einen der Ware eigentümlichen gelblichen Ton, welcher sich auf andre Weise nicht gut beseitigen läßt, zu verdecken.

Blauer Heinrich, s. Echium.

Blauer Montag, ursprünglich der Fastnachtsmontag, in der Schweiz Hirsemontag, der dort und in Süddeutschland mit den verschiedensten Volksbelustigungen (in München z. B. mit dem Metzgerumzug) gefeiert wird oder wurde. Die Benennung rührt nach Lichtenberg von dem Gebrauch der katholischen Kirche her, während der Fastenzeit, die für die Geistlichen schon am Montag nach Estomihi begann, die Altäre blau zu behängen; wahrscheinlicher ist aber b. M., ebenso wie nach Annahme der besten Sprachforscher das Wort blau überhaupt, von dem altdeutschen bliuwan, d. h. bleuen oder durchprügeln, herzuleiten. Ein Bläuling heißt ein Hieb ins Gesicht, der blaue Flecke erzeugt, und "blau sein" in Thüringen (wie in der Berliner Redensart "so blau!") toll oder wild sein. Es ist darum keineswegs unwahrscheinlich, daß der Fastnachtsmontag im Gegensatz zum "weißen Sonntag" und "grünen Donnerstag" seinen Namen (Prügel-^[folgende Seite]