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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Blindendruck; Blinder Fleck; Blinder Schuß; Blindfliege; Blindheim; Blindheit

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Blindendruck - Blindheit.

ihrer Familien (Dresd. 1857); St. Marie, Der Blinde und seine Bildung (Leipz. 1868); Pablasek, Die B., deren Bau, Einrichtung und Thätigkeit (Wien 1875); Rösner, Unterricht der Blinden (in Diesterwegs "Wegweiser", 5. Aufl., Essen 1877, Bd. 3, S. 487 ff.); Guttstadt, Verbreitung der Blinden und Taubstummen (in "Zeitschrift des königl. preuß. Statistischen Büreaus" 1883, Heft 1 u. 2, S. 191 ff.); "Organ der Taubstummen- und Blindenanstalten" (Frankf., seit 1853, begründet von Matthias, jetzt hrsg. von Vetter); "Zentralblatt für das gesamte Unterrichtswesen in Preußen" 1881, S. 262.

Blindendruck (Blindenschrift, Ektypographie, Hochdruck), Druckart, bei der die Worte auf dem Papier nicht in farbigen Lettern, sondern durch Prägedruck in einem dem Tastsinn leicht wahrnehmbaren scharfen Relief erscheinen. Die Schrift besitzt nur Haarstriche und keine Grundstriche, auch fast durchweg eckige Formen, welche von den Fingern des Lesenden leichter unterschieden werden können, und vermeidet (ausgenommen in dem französischen System) die langen über und unter der Zeile hervorragenden Buchstaben, um dem Lesenden das Aufsuchen der folgenden Zeile zu erleichtern. Der Erfinder dieser Art Druck war der Abbé Hauy (s. d.), welcher große Metalltypen anfertigen ließ, deren Bild gleich Stachelspitzen wesentlich über ihren Körper hervorgehen muß, da es in das Papier einzudringen bestimmt ist; er wandte sie zuerst 1784 in dem Pariser Blindeninstitut an und brachte es bald so weit, daß die blinden Zöglinge ihre Bücher selbst setzen und drucken konnten (s. Blindenanstalten). Hauys Nachfolger Guillié vervollkommte den B., und ähnliche Verfahrungsarten wendeten Klein in Leipzig, Lachmann in Braunschweig, der österreichische Hauptmann Freißauff von Neudegg und Gall in Edinburg an. Am weitesten vorgeschritten ist der B. in den Vereinigten Staaten, wo sich die New England Institution zu Boston das höchste Verdienst um denselben erworben hat. Von den verschiedenen Systemen, bei denen wirkliche Typen, und zwar meist das modifizierte lateinische Alphabet, zur Verwendung kommen, ist das von Alston in Glasgow das einfachste und am weitesten verbreitete. Neben diesen Typensystemen bestehen noch mehrere Zeichenalphabete (Striche, Punkte). Einige der letztern, z. B. das des Engländers Moon und das des Franzosen L. Braille (s. d.), sind von Blinden selbst kombiniert worden. Diese Zeichensysteme erschweren und verteuern den Druck wesentlich dadurch, daß sie beträchtlich mehr Raum einnehmen, die Bücher also voluminöser machen. So umfasst die Bibel in dem Lucasschen Zeichensystem 36 Bände, in dem Bostoner oder amerikanischen Alphabetsystem aber nur 8 Bände. Da jedoch eine gute Zeichenschrift die Arbeit des Lesens und des Schreibens dem Blinden wesentlich erleichtert, was namentlich für den ersten Anfang und für den raschen Verkehr der Blinden untereinander hohe Bedeutung hat, ist eine solche neben der gewöhnlichen Schrift (Uncialen) nicht wohl zu entbehren. In diesem Sinn empfahl der internationale Kongreß der Blindenlehrer zu Berlin 1879 die allgemeine Einführung der Brailleschen Punktierschrift als Weltschrift für Blinde. In dieser Schrift werden sämtliche Sprachlaute durch Gruppen von Punkten bezeichnet, die sich auf drei parallele Linien verteilen. Der Schriftsatz für den B. erfolgt wie der des Hebräischen von der Rechten zur Linken, der Druck aber wird der Hauptsache nach wie Prägedruck (s. d.) behandelt.

Blinder Fleck der Netzhaut, s. Auge, S. 75.

Blinder Schuß, Manöverschuß, ein Schuß ohne Geschoß, im Gegensatz zum scharfen Schuß.

Blindfliege, s. Bremsen.

Blindheim (Blenheim), Dorf im bayr. Regierungsbezirk Schwaben, bei Höchstadt, an der Donau, mit einem Schloß und (1880) 679 Einw.; nach ihm benennen die Engländer die Schlacht von Höchstadt (s. d.) 13. Aug. 1704, da B. den Hauptstützpunkt des von ihnen angegriffenen rechten feindlichen Flügels bildete. Marlborough erhielt dafür von der Königin Anna ein prachtvolles Schloß (Blenheim House) bei Woodstock in Oxfordshire zum Geschenk.

Blindheit (griech. Anopsie, lat. Caecitas), eigentlich vollkommener Mangel des Sehvermögens; doch wird auch schon der Zustand B., aber unvollkommene B. (Amblyopie) genannt, wobei die Betroffenen nur noch Gegenstände wahrzunehmen, dieselben aber nicht mehr zu unterscheiden im stande sind. Die Ursachen der B. sind teils angeboren, teils und zwar in den allermeisten Fällen erworben. Die angeborne B. beruht in der Regel auf Bildungshemmung des Auges und seiner Häute, namentlich auf angeborner Spaltung in den Augenhäuten, Kolobom genannt, wenn dieselbe auf Netzhaut und Aderhaut sich forterstreckt, aus angebornem grauen Star, der jedoch meist operationsfähig ist, auf Stehenbleiben der in der frühsten Epoche des Fötuslebens existierenden Pupillarmembran, eines feinen, zarten Häutchens, das lange vor der Geburt des Menschen schon verschwinden sollte und in der Regel verschwindet, bei einigen Säugetieren aber bekanntlich einige Zeit nach der Geburt noch bestehen bleibt, weshalb neugeborne Hunde, Katzen, Kaninchen etc. blind sind. Solche und andre Hemmungsbildungen des menschlichen Auges treffen aber selten beide Augen zugleich, sondern meist nur eins, und es ist deshalb in der Regel keine vollkommene B. vorhanden. Anders ist dies mit der erworbenen B., die leider nur zu oft schon im zartesten Kindesalter beide Augen zugleich trifft. Die Augenentzündung der Neugebornen (s. Augenpflege) zerstört oft beider Augen Sehvermögen vollkommen, ebenso Entzündung der innern Augengebilde in spätern Lebensaltern, wie z. B. die Entzündungen der Regenbogenhaut, Aderhaut, Netzhaut etc.; ferner gehören hierher die Alterstrübungen der Kristalllinse und die angeborne Wassersucht des Auges; auch werden die Nervengebilde des Auges, der Sehnerv und die Netzhaut, nicht selten von Krankheiten besaßen, welche B. zur Folge haben. Die Heilung der B. ist nur dann möglich, wenn sich die ihr zu Grunde liegende anatomische Störung beseitigen läßt. So ist die durch den grauen Star bedingte B. heilbar, da man die getrübte Kristalllinse entfernen kann; auch Verwachsungen der Regenbogenhaut, die Pupillensperre, werden in neuester Zeit mit Glück durch die Bildung einer künstlichen Pupille gehoben; der ausgebildete sogen. schwarze Star, die Amaurose, aus cerebraler Ursache ist in der Regel unheilbar. Unter mehreren Handwerkern und bei Fabrikanten ist B. sehr verbreitet, besonders bei denen, welche sich schnellen und heftigen Einwirkungen des Feuers und Lichts, z. B. in Schmelzhütten, aussetzen oder bei Lampenlicht feine Arbeit verrichten. Im allgemeinen finden sich in heißen Ländern mehr Blinde als in gemäßigten und kältern Klimaten, aber in den Ländern des höchsten Nordens scheint auch der blendende Schnee die B. zu befördern. In der Zeit von 1860 bis 1870 kamen Blinde in: