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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Boehmeria; Böhmert; Böhmerwald

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Boehmeria - Böhmerwald.

eine Ausgabe des altfranzösischen "Rolandsliedes" ("Roncesval", das. 1872) und die 1871 von ihm begründete Zeitschrift "Romanische Studien", die wertvolle Aufsätze meist lautgeschichtlichen Inhalts von ihm enthält.

Boehmeria Jacq., Gattung aus der Familie der Urtikaceen, kleine Bäume, Sträucher oder Kräuter, welche unsern Nesseln sehr ähnlich sind, aber keine Brennhaare besitzen und sich in etwa 40 Arten in den tropischen und subtropischen Gegenden beider Hemisphären finden. B. nivea Gaud. (Chinagras), eine kleine, strauchartige Pflanze von 1-2 m Höhe, mit langgestielten, auf der untern Seite dicht behaarten und schneeweißen Blättern, wird im ganzen tropischen östlichen Asien, besonders in China, kultiviert und liefert die schöne Bastfaser, welche als Chinagras eine große Rolle spielt. B. tenacissima Gaud. (s. Tafel "Spinnfaserpflanzen"), vielleicht nur eine Abart der vorigen und durch geringere Behaarung auf der Unterseite der Blätter unterschieden, ist in Indien heimisch und wird überall in Südasien, auf den Sundainseln, Molukken, Marianen, in China und Japan seit uralter Zeit als wichtige Gespinstpflanze kultiviert; sie liefert die Raméfaser (s. Chinagras). Mit beiden Pflanzen hat man in Mexiko, Brasilien, Australien, Nordamerika, am Kap, auch in Europa ausgedehnte Kulturversuche angestellt. In China kultiviert man die Böhmerien in gedüngtem trocknen Boden in der Nähe eines Flusses, die jungen Sämlinge von etwa 8 cm Höhe werden auf Beete gepflanzt, fleißig begossen, in der kalten Jahreszeit bedeckt und im nächsten Frühjahr von neuem bewässert. Die Pflanze reift im dritten oder vierten, wenn durch Schößlinge fortgepflanzt, oft schon im zweiten Jahr zur Ernte, welche bei ausgewachsenen Pflanzen dreimal im Jahr vorgenommen werden kann. Man schneidet die Pflanzen, sobald sie etwa 1 m hoch geworden, etwa 3 cm über dem Boden ab und erntet in manchen Gegenden vier, auch fünf Schnitte im Jahr. Eine Pflanzung kann 4-5 Jahre ausdauern. Auch von B. sanguinea Hassk. und von B. frutescens Bl. in Südasien werden die Bastfasern benutzt.

Böhmert, Karl Viktor, Nationalökonom und Statistiker, geb. 23. Aug. 1829 zu Quesitz bei Leipzig, studierte in Leipzig 1848-52 Jura und Nationalökonomie, wendete sich nach kurzer juristischer Thätigkeit der Volkswirtschaftslehre ganz zu, begab sich 1855 nach Heidelberg, um eine von Rau und Roscher mitbegründete volkswirtschaftliche Zeitschrift herauszugeben, folgte 1857 einem Ruf nach Bremen, wo er bis 1860 das "Bremer Handelsblatt" redigierte und dann bis 1866 das Syndikat der Bremer Handelskammer verwaltete. 1866 folgte er einem Ruf als Professor der Volkswirtschaftslehre an die Universität und das Polytechnikum zu Zürich und 1875 einem solchen als Direktor des königlich sächsischen Statistischen Büreaus und Professor der Nationalökonomie und Statistik an das Polytechnikum zu Dresden, in welcher Eigenschaft er die "Zeitschrift des königlich sächsischen Statistischen Büreaus" herausgibt. Als eifriger Verfechter der Gewerbefreiheit und des Freihandels hat er sowohl durch seine Schriften wie als Mitbegründer des deutschen volkswirtschaftlichen Kongresses den seit 1860 eingetretenen Umschwung in der liberalen wirtschaftlichen Gesetzgebung der deutschen Staaten wie später des Deutschen Reichs anregen und fördern helfen. Er schrieb: "Briefe zweier Handwerker", Preisschrift (Dresd. 1854); "Freiheit der Arbeit" (Bremen 1858); "Beiträge zur Geschichte des Zunftwesens" (Leipz. 1861, preisgekrönt); "Untersuchungen über die Lage der Fabrikarbeiter in der Schweiz" (Zürich 1872); "Der Sozialismus und die Arbeiterfrage" (das. 1872); "Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz", im Auftrag der Kommission für die Wiener Weltausstellung (das. 1873); "Enquete über die Reichseisenbahnfrage" (Leipz. 1876); "Die Gewinnbeteiligung. Untersuchungen über Arbeitslohn und Unternehmergewinn" (das. 1878, 2 Tle.) u. a.; mit Gneist gibt er seit 1873 den "Arbeiterfreund" heraus und redigiert seit 1877 die "Sozialkorrespondenz" und das "Volkswohl".

Böhmerwald (neuerdings auch Böhmisch-bayrisches Waldgebirge genannt), ausgedehntes Gebirge (s. Karten "Bayern" und "Böhmen"), welches sich im W. und S. Böhmens, vom Fichtelgebirge bis Oberösterreich südlich und ostsüdöstlich 237 km lang hinzieht und in seinem Kamm auf einer Strecke von 200 km ziemlich genau die Grenze zwischen Bayern und Böhmen bezeichnet, sowie es auch die Wasserscheide des Moldau- und Donaugebiets bildet. Der B. weist einen Wechsel von Rücken, Kämmen, Einzelgipfeln und Bergplateaus auf, denen die deutliche Abzweigung von einem Mittel- oder Hauptrücken fehlt. Zahlreiche kürzere Züge von verschiedener Höhe streichen vollständig parallel, zwischen welchen weite Längenthäler sich ausdehnen, während Querthäler und größere Vertiefungen sie vielfach unterbrechen. Gegen Bayern hin fällt der B. in vielfachen Steilabsätzen zum Nabland ab, nach Böhmen hin ist die Abdachung eine allmählichere. Der B. zerfällt in einen nördlichen, mittlern und südlichen Teil, welche durch die Senke bei Neumark in Böhmen und den Kerschbaumer Paß voneinander geschieden sind. Der nördliche Teil, am Plateau von Waldsassen beginnend, erstreckt sich bis zu der Neumarker Einsenkung und heißt der eigentliche B. (auch Oberpfälzer Wald, tschech. Cesky Les). Die 474 m hohe Senke beim Pfraumberg (835 m) trennt diesen Teil wieder in zwei Abschnitte. Der nördliche, mit abgerundeten Kuppen besetzte Zug gleicht einer gewaltigen Meereswoge, die, plötzlich im Lauf erstarrend, als Scheidewand Böhmens und Bayerns Halt gemacht hat. Der äußerste Punkt dieses Zugs gegen N. ist der 965 m hohe Dillenberg. Dem Zentralknoten des Pfraumbergs im SO. vorgelagert ist das niedrigere Siebengebirge zwischen Mies und Radbusa, im N. der 726 m hohe Michelsberg bei Plan. Jenseit der Pfraumberger Senke umzieht in einem Bogen Bischofteinitz an der obern Radbusa das Klattauer Gebirge, in der Lissa 866 m, im Czerchow 1037 m hoch. Südwärts sinkt dieser Zug mit einer Hügelkette gegen die Chamb ab. Im S. der Neumarker Einsenkung beginnt der hohe Teil des Gebirges, tschechisch Schumawa genannt, aus zwei durch Querriegel verbundenen Parallelketten bestehend; zwischen diesen fließen die Angel und Wotawa nach N., die Moldau nach SO. Die ausgedehnte Bergmasse des Schwarzbergs verbindet inmitten dieser Längenthäler beide Züge. Von ihm aus ziehen sie gegabelt nach WNW. und nach OSO., durchgehends mit dem nordöstlichen Teil auf böhmischem, mit dem südwestlichen auf bayrischem Boden. Die bedeutendsten Erhebungen in dem erstgenannten Teil sind zumeist bayrisch, so der steile Hohe Bogen (1084 m), welcher der Einsenkung von Neumark gegen W. vorliegt, der Arber (1458 m), der Rachel (1454 m) und der Lusen (1369 m) im SW. des Schwarzbergs. Im Grenzzug erheben sich der zweigipfelige Osser (1295 m), die Seewand (1340 m) und der Mittagsberg (1341 m), letzterer ganz auf