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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Boissy d'Anglas; Boite; Boito; Boitout; Boitzenburg

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Boissy d'Anglas - Boitzenburg.

bekleidete. Er starb 8. Sept. 1857 in Passy. B. bearbeitete namentlich die spätere griechische Litteratur: die "Heroica" des Philostratos (Par. 1806), des Marinus "Vita Procli" (Leipz. 1814), Tiberius Rhetor (Lond. 1815), Niketas Eugenianos (Leiden 1819, 2 Bde.), "Herodiani partitiones" (Lond. 1819), Aristänetos (Par. 1822), des Eunapios "Vitae sophistarum" (Amsterd. 1822, 2 Bde.), "Anecdota graeca" (Par. 1829-33, 5 Bde.) nebst den "Anecdota nova" (das. 1844), wichtig für die byzantinische Geschichte und die griechischen Grammatiker; des Theophylakt "Quaestiones physicae et epistolae" (das. 1835), die "Epistolae" des Philostratos (das. 1842), die Fabeln des Babrios (das. 1844), des Choricius Gazäus "Orationes, declamationes, fragmenta" (das. 1846), Tzetzes' "Allegoriae Iliadis" (das. 1851) u. a. Außerdem veranstaltete er eine "Poetarum graecorum sylloge" (Par. 1823-32, 24 Bde.) und lieferte wertvolle Ausgaben französischer Klassiker sowie Vorarbeiten zu einem umfassenden französischen Lexikon. Nach seinem Tod erschien noch "Critique littéraire sous le premier empire" (Par. 1863, 2 Bde.).

Boissy d'Anglas (spr. boassi danglá), François Antoine, Graf von, franz. Staatsmann, geb. 8. Dez. 1756 zu St.-Jean le Chambre (Ardèche) aus einer protestantischen Familie, studierte die Rechte, wurde Advokat und war 1789 Maître d'Hôtel beim Grafen von Provence. In Annonay zum Deputierten des dritten Standes gewählt, gehörte er in der Nationalversammlung zu den Anhängern einer freisinnigen Monarchie. Nach Auflösung derselben ward er zum Generalprokurator des Departements Ardèche ernannt und dann Mitglied des Konvents, wo er zu den Gemäßigten gehörte und gegen den Tod des Königs stimmte. Während der Schreckensherrschaft blieb er gemäßigt, aber fest und nahm an den Arbeiten des Konvents eifrigen Anteil. Nach Robespierres Sturz wurde er Mitglied des Wohlfahrtsausschusses. Als Präsident des Konvents trat er beim Aufstand des 1. Prairial III (20. Mai 1795) dem Pöbel, der in den Saal eindrang und ihm das Haupt des ermordeten Deputierten Férand drohend entgegenhielt, mit Festigkeit und Würde entgegen und vereitelte die Absicht der Insurgenten. Von 72 Departements in den Rat der Fünfhundert gewählt, ward er mehrmals zu dessen Präsidenten ernannt. Als Gegner des Direktoriums wurde er des Einverständnisses mit dem Klub von Clichy beschuldigt und 18. Fructidor V (4. Sept. 1797) zur Deportation verurteilt. Er entzog sich derselben durch die Flucht, ward, 1799 von Bonaparte zurückberufen, Mitglied des Tribunals, 1805 Senator und Graf. Nach Napoleons Sturz erkannte er die Bourbonen an und wurde Pair, schloß sich aber bei Napoleons Rückkehr von Elba diesem wieder an, wurde deshalb nach der zweiten Restauration aus der Pairsliste gestrichen, aber sehr bald wieder aufgenommen und vertrat in der Kammer liberale Ansichten. Er starb 20. Okt. 1826 in Paris. B. war Mitglied der Akademie der Inschriften und schönen Wissenschaften und schrieb: "Recherches sur la vie etc. de Mr. de Malesherbes" (Par. 1819, 3 Bde.) und "Études littéraires et poétiques d'un vieillard, ou Recueil de divers écrits en prose et en vers" (das. 1826, 6 Bde.).

Boite (franz., spr. boatt), Schachtel, Kästchen, Büchse.

Boito, 1) Camillo, ital. Kunstschriftsteller und Kritiker, geb. 30. Okt. 1836 zu Rom, bildete sich auf der Akademie in Venedig zum Architekten aus, ging aber dann noch auf die Universität zu Padua, um sich auch wissenschaftliche und litterarische Bildung anzueignen. Seines politischen Verhaltens wegen aus den österreichischen Provinzen Italiens ausgewiesen, nahm er 1856 seinen Aufenthalt in Toscana und schrieb Kunstkritiken für den "Spettatore". 1860 wurde er zum Professor der Architektur an der königlichen Akademie zu Mailand ernannt, wo er seitdem wirkte. Mit seiner Lehrthätigkeit verband B. aber auch die Lösung praktischer Aufgaben und leitete unter anderm den Bau des Museums in Padua. Seit 1872 ist er zugleich Mitglied des Consiglio superiore per le belle arti im italienischen Unterrichtsministerium. Als Schriftsteller verschaffte er sich ungewöhnliches Ansehen durch die Werke: "Scultura e pittura d'oggi" (Turin 1877); "Leonardo e Michelangelo" (Mail. 1878); "L'architettura del medio evo in Italia" mit einer Einleitung über den Zukunftsstil der italienischen Architektur (das. 1880) und "Gite di un artista" (das. 1884). Außerdem gab er "Ornamenti di tutti gli stili classificati in ordine storico" (Mail. 1880) heraus und schrieb zahlreiche Artikel für den "Politecnico" und die "Nuova Antologia"; auch mit einer belletristischen Leistung: "Storielle vane" (das. 1876-79, 2 Bde.), ist er hervorgetreten. Auf praktisches, fachmännisches Wissen gestützt, gilt die Autorität dieses Kritikers als eine maßgebende in Italien.

2) Arrigo, ital. Komponist und Dichter, geb. 24. Febr. 1842 zu Padua, stammt mütterlicherseits aus einer polnischen Familie (Radolinski) und erhielt seine musikalische Ausbildung am Mailänder Konservatorium besonders durch Mazzucato. Wiederholte Reisen nach Paris sowie nach der Heimat seiner Mutter machten ihn mit der deutschen Musik bekannt und erweckten seine Begeisterung für Wagner, dem er als Komponist nacheifert. Nachdem er sich zuerst mit den Kantaten: "Il quattro giugno" (1860) und "Le sorelle d'Italia" einen Namen gemacht, trat er 1868 mit der Oper "Mefistofele" (nach Goethes "Faust") hervor, welche in Mailand vollständig durchfiel, seitdem aber mehr und mehr Beachtung findet (sie hatte bei einer wiederholten Aufführung 1875 in Bologna großen Erfolg, ebenso 1880 in Hamburg). Weitere Kompositionen von B. sind die Opern: "Ero e Leandro" und "Nerone" (beide noch nicht aufgeführt) und die "Oda all' arte" (1880). Als Dichter gehört B. der in Italien jetzt stark zur Geltung kommenden realistischen oder "veristischen" Schule an und beweist eine große Vielseitigkeit. Er verfaßte außer den Texten für seine Opern und Gesangswerke noch eine Reihe lyrischer Dramen: "La Gioconda", "Pier Luigi Farnese", "Zoroastro", "Iram"; ferner ein "Libro dei versi" (Gedichtsammlung), ein Epos: "Re orso" (1877), sowie eine Anzahl Novellen ("L'alfiero nero", "Il pugno chiuso", "Honor", "Il trapezio", "Iberia" etc.), seltsam und phantastisch wie ihre Titelüberschriften.

Boitout (Boit-tout, franz., spr. boatuh; "trinke alles, trink aus", Tummler), fußloses, halbkugelförmiges Trinkglas, welches man nicht hinstellen kann, daher stets ganz austrinken muß.

Boitzenburg, 1) Stadt im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, am Einfluß der Boitze in die Elbe und an der Berlin-Hamburger Eisenbahn, hat ein Amtsgericht, Eisengießerei, Schiffahrt, lebhaften Handel, Fischerei und (1880) 3614 meist evang. Einwohner. B. erhielt im 14. Jahrh. Stadtrecht. -

2) B. in der Ukermark, Flecken und Gut im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, Kreis Templin, am Fluß Quillow, südwestlich von Prenzlau, hat ein Schloß des Grafen