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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Borsäuresalze; Borsaures Manganoxydul; Börse

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Borsäuresalze - Börse.

calcit und ähnliche Mineralien mit Salzsäure und läßt die B. aus der Lösung kristallisieren. Im kleinen kann man B. bereiten, wenn man Borax in siedendem Wasser löst und starke Salzsäure zusetzt; beim Erkalten scheidet sich B. ab und wird durch Umkristallisieren gereinigt. Sie bildet farb- und geruchlose, glänzende, fettig anzufühlende, schwach bitterlich schmeckende Blättchen, löst sich bei 15° in 25,6 Teilen, bei 100° in 2,9 Teilen Wasser, auch in Alkohol und verflüchtigt sich teilweise beim Verdampfen der wässerigen Lösung; die alkoholische Lösung brennt grün. B. färbt Lackmus weinrot, Kurkumapapier braun; sie bläht sich beim Erhitzen stark auf, verliert bei 100° 1 Molekül Wasser und gibt also HBO2 ^[HBO_{2}]. Aus 4 Molekülen dieser Säure tritt bei Rotglut noch 1 Molekül Wasser aus, und es entsteht Tetraborsäure H2B4O7 ^[H_{2}B_{4}O_{7}], welche endlich wasserfrei wird und Borsäureanhydrid (glasige B., Bortrioxyd) B2O3 ^[B_{2}O_{3}] hinterläßt. Dies bildet ein farbloses, sprödes, durchsichtiges Glas, welches in Rotglut schmilzt, sich zu Fäden ausziehen läßt, nur in der stärksten Hitze des Porzellanofens langsam verdampft und beim Glühen mit Salzen alle flüchtigen Säuren austreibt. B. macht fast alle Körper, mit denen sie sich vereinigt, schmelzbar; ihre Verbindungen sind weit leichtflüssiger als die entsprechenden der Kieselsäure, mit welcher sie in mancher Beziehung Ähnlichkeit besitzt. Sie wirkt fäulniswidrig und wird zur Konservierung der Nahrungsmittel benutzt. Für diesen Zweck kam sie zuerst unter dem Namen Aseptin in den Handel. Sie dient außerdem hauptsächlich zur Darstellung von Borax, dann zu Glasflüssen, Email, Glasuren, als Zusatz zur Masse der Thonwaren, um sie schmelzbar zu machen, als Flußmittel, zur Darstellung von künstlichen Edelsteinen, zum Tränken der Kerzendochte (sie schmilzt beim Brennen derselben zu kleinen Kugeln zusammen, welche die Asche aufnehmen und abfallen), zum Färben des Goldes, zum Ätzen von Eisen und Stahl, zur Darstellung von borsaurem Manganoxydul, welches als Sikkativ dient, und von Guignets Grün (Chromoxydhydrat). Als Arzneimittel benutzte man sie früher bei Fieberdelirien, Nervenleiden und Krämpfen, gegenwärtig nur selten als mildes Beizmittel in schmerzhaften hohlen Zähnen; größere Dosen erzeugen Magen- und Darmentzündung. Gesamtproduktion in Italien über 2,5 Mill. kg.

B. ward 1702 von Homberg aus Borax abgeschieden und Sedativsalz genannt, 1777 entdeckte sie Höfer in den Soffionen Toscanas, und 1815 wurde dort eine Fabrik zur Gewinnung von B. angelegt; doch rentierte dieselbe erst, seit Larderel 1828 die Wärme der Soffionen zum Abdampfen und Trocknen der B. ausnutzte. In ein neues Stadium trat die Borsäuregewinnung in Mittelitalien, seit 1854 Durval künstliche Soffionen erbohrte. In neuester Zeit machte kalifornische B. der italienischen Konkurrenz.

Borsäuresalze (Borate) finden sich in der Natur in vielen Mineralien (s. Bor), und man erhält sie künstlich durch Neutralisation der Borsäure mit Basen oder, soweit sie unlöslich sind, durch doppelte Zersetzung. Die meisten B. sind schwer löslich, aber keins ist ganz unlöslich, so daß die B. niemals vollständig aus ihren Lösungen gefällt werden können. Die Alkalisalze der Borsäure sind leicht löslich, reagieren alkalisch, und ihre verdünnten Lösungen fällen aus Metallsalzlösungen nicht B., sondern Metallhydroxyde. Säuert man sie mit Schwefelsäure an und übergießt sie dann mit Alkohol, so brennt derselbe grün; die sauren Lösungen färben Kurkumapapier braun. Alle B. sind schmelzbar und erstarren zu glasigen, oft charakteristisch gefärbten Massen; sie schmelzen mit den meisten Körpern zusammen und dienen häufig als Flußmittel. Man benutzt mehrere B. in der Technik, einige als Arzneimittel.

Borsaures Manganoxydul MnBO4 ^[MnBO_{4}] wird aus Manganchlorürlösungen (die man aus Chlorbereitungsrückständen erhält) dargestellt, indem man diese in warme Boraxlösung gießt und den Niederschlag mit Ammoniakflüssigkeit mischt. Den hierdurch sehr voluminös gewordenen farblosen Niederschlag läßt man abtropfen, preßt ihn aus und trocknet. Das Präparat kommt als Manganextrakt in den Handel und wird als Sikkativ benutzt. Man braucht nur 1 Lit. Leinöl mit 5 g desselben einige Tage unter öfterm Umschütteln zu digerieren, um das Öl in einen schnell trocknenden Firnis zu verwandeln.

Börse (franz. Bourse, engl. Exchange, Change, ital. Borsa, holländ. Beurs), ein Gebäude, worin in bestimmten Stunden Kaufleute und ihnen gleichstehende Geschäftsleute zur Unterhandlung und Abschließung von Geschäften sich zu versammeln pflegen, in übertragener Bedeutung auch diese Versammlungen selbst. Das Wort B. leitet man vom mittellateinischen bursa ab, welches einen ledernen Geldbeutel bedeutet. Es ist nur zweifelhaft, ob der Ausdruck im Sinn von Genossenschaft, wie er sonst häufige Verwendung findet, auch von den Versammlungen der Kaufleute gebraucht wurde, oder ob das mit drei in Stein gehauenen Börsen geschmückte Haus eines van der Beurs in Brügge, welches zu geschäftlichen Zusammenkünften diente, die Bezeichnung veranlaßt hat. Sicher ist, daß die ältesten Börsen im heutigen Sinn und mit dem heutigen Namen teils in den Niederlanden, teils in Frankreich schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. bestanden, während regelmäßige Vereinigungen der Kaufleute zur Besprechung ihrer Geschäfte auch schon im Mittelalter, namentlich in Italien, ja sogar schon im alten Rom in den Collegia mercatorum vorkommen. Die ältesten Börsen waren außer in Brügge die von Antwerpen (1531), Lyon, Toulouse (1549). Dann verbreitete sich die Einrichtung auch nach England, wo durch den Hofbankier Sir Thomas Gresham 1566 das erste Börsengebäude der Benutzung übergeben wurde, sowie auch nach den deutschen Küstenstädten und zwar zuerst nach Hamburg (1558). In den deutschen Binnenstädten fand das Börsenwesen erst gegen Ende des 18. Jahrh. Eingang und zwar zuerst in Frankfurt a. M. und Leipzig. Die ersten Börsen waren nur Warenbörsen, ihre Hauptwirkung lag darin, daß sie den unmittelbaren Kauf aus der Hand zu gunsten des Kaufs auf Bestellung verdrängten. Als dann mit der Ausdehnung der Handelsbewegung durch den überseeischen Verkehr häufig Preisschwankungen eintraten, bot die B. die einzige Gelegenheit, sich von dem momentanen Wert einer Ware Kenntnis zu verschaffen und daraus durch Kauf oder Verkauf Nutzen zu ziehen, und so mußte der Börsenverkehr mehr und mehr Teilnahme in der Handelswelt finden. Nicht weniger wirkten aber zum Aufschwung desselben die durch das Wachsen der Staatsschulden veranlaßte Kreierung von Staatspapieren sowie die Entstehung großer industrieller Gesellschaften mit, deren Aktien, gleich Waren, Gegenstand der Börsengeschäfte wurden. Der Schwerpunkt der B. beruht auf der möglichsten Konzentration von Angebot und Nachfrage. Der Geschäftsmann lernt in ihr alle sein Interesse berührenden Vorkommnisse der Handelswelt sofort genau kennen und überblickt somit bequem die Strömungen und Schwankungen des Handels. Insofern