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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Borstenfäule - Bortenweberei.

Oberst, 1811 Kommandeur der pommerschen Brigade. Eifrig patriotisch und energisch, trat er im Februar 1813 eigenmächtig den Vormarsch nach der Oder an, kommandierte als Generalmajor unter Bülow, nahm an dem Treffen bei Möckern (5. April) ruhmvollen Anteil und entschied durch sein rechtzeitiges Eingreifen die Siege von Großbeeren und Dennewitz. Nach der Schlacht bei Leipzig, wo er den Sturm auf die Grimmaische Vorstadt befehligte, zum Generalleutnant befördert, blockierte er Wesel und rückte Anfang 1814 in Belgien ein. Hier wirkte er wesentlich zum günstigen Ausfall des Gefechts bei Hoogstraten mit und deckte, nachdem er bei Courtrai mitgefochten, die Belagerung von Antwerpen. 1815 erhielt er das Kommando des 2. preußischen Armeekorps. Noch während er mit der Organisation desselben beschäftigt war, rief der Befehl, die sächsischen Truppen gemäß der Teilung Sachsens zu trennen, den Aufstand mehrerer sächsischer Bataillone in Lüttich hervor. Blücher befahl, die Fahnen der aufständischen Bataillone verbrennen und sieben Rädelsführer erschießen zu lassen. B. hatte aber eigenmächtig versprochen, die Fahnen nicht zu verbrennen, und ließ Blüchers wiederholte Order unbefolgt. Er wurde daher von einem Kriegsgericht zu vierjähriger Festungsstrafe verurteilt, aber Ende 1815 vom König begnadigt und zum Kommandanten von Magdeburg ernannt. Später betraute ihn der König mit dem Generalkommando in der Provinz Preußen und 1825 mit dem des 8. Armeekorps zu Koblenz und ernannte ihn zum General der Kavallerie. Er nahm 1840 seinen Abschied und starb 9. Mai 1844 in Berlin.

Borstenfäule, obsolet gewordene Bezeichnung einer konstitutionellen, mit allmählicher Abmagerung verbundenen Erkrankung der Schweine, bei welcher die Borsten teilweise ausgehen und sich nur in verkümmerter Ausbildung erneuern. Eine solche Erkrankung ist sehr selten und kommt bei guter Pflege der Schweine gar nicht vor.

Borstengras, Pflanzengattung, s. Nardus.

Borstenhirse, s. Setaria.

Borstenigel (Centetidae), s. Insektenfresser.

Borstenwürmer, s. Anneliden.

Borstfedergras, s. Pennisetum.

Borstickstoff (Stickstoffbor) BN entsteht beim Erhitzen von Bor oder von Borsäure mit Kohle in Stickstoff sowie beim Erhitzen von Bor in Ammoniak oder von Borax mit Blutlaugensalz oder Salmiak und bildet ein farbloses Pulver, welches in der mit Sauerstoff angeblasenen Alkoholflamme verbrennt, durch Säuren, Kalilauge und Chlor nicht zersetzt wird, aber mit Wasserdampf bei Glühhitze Borsäure und Ammoniak liefert. Diese letztere Reaktion hat man zur Erklärung des Vorkommens von Borsäure und Ammoniak in den Soffionen Toscanas benutzt. Vgl. Borsäure.

Borszczow (spr. bórschtschow), Stadt in Galizien, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat Ruinen eines vormals festen Schlosses mit weitläufigen unterirdischen Gängen, Branntweinbrennerei, Viehhandel und (1880) 3988 Einw.

Borszék (spr. bórßehg), der berühmteste Kurort Siebenbürgens, liegt im Komitat Csik in einem romantischen engen Karpathenwaldthal, hat 11 vortreffliche Säuerlinge (5 Bade- und 4 Trinkquellen), welche besonders bei Magen- und Halsleiden, Blutmangel, Skrofeln, Rhachitis, Gicht etc. mit Erfolg gebraucht werden. Das Wasser wird weithin versandt. In der Nähe der in die Moldau führende Tölgyeser Paß. Vgl. Eseh, B. (Pest 1873).

Bort (spr. bor), Stadt im franz. Departement Corrèze, Arrondissement Ussel, an der Dordogne und am Fuß eines Basaltfelsens (Orgues de B., 720 m) malerisch gelegen, an einem Zweig der Orléansbahn, mit (1876) 2298 Einw., welche Steinkohlenbergbau, Seidenfilanden, Gerberei, Hutmacherei und ansehnlichen Handel, namentlich mit Wein, betreiben.

Borte (Borde), Einfassung; Besatz eines Kleidungsstücks, besonders bandartiges Gewebe zum Besatz. Bordieren, einfassen, besetzen, säumen.

Bortenweberei, die Verfertigung der Borten, bandförmiger Gewebe, eines Gewerbserzeugnisses des Bortenwirkers oder Posamentiers, stimmt mit den übrigen Zweigen der Weberei, besonders mit der Bandfabrikation, wesentlich überein und geschieht, je nach der zusammengesetztern oder einfachern Art der Borten, auf Webstühlen oder auch auf Mühlstühlen. Gold- und Silberborten werden aus Seide gefertigt, welche mit feinem geplätteten Gold- oder Silberdraht (Platte, Lahn) umsponnen ist, und heißen echte, wenn die Plätte aus echtem Gold (d. h. hier goldplattiertem Silberdraht) oder echtem Silber, unechte oder leonische, wenn sie aus vergoldetem, versilbertem oder gelb zementiertem Kupferdraht besteht. Die am häufigsten gefertigten Sorten der Gold- und Silberborten sind: Tressen, Stickertressen, Bandborten und Lahn- oder Plaschborten. Tressen- oder Treßborten, die vorzüglichste Bortenart, haben auf beiden Seiten das nämliche Dessin und lassen auf keiner Seite Teile der Kette durchblicken. Stickertressen werden mit zwei Schützen so gewebt, daß in regelmäßiger Abwechselung ein- oder zweimal Seide und ein- oder zweimal der Gold- oder Silberfaden durchgeschossen wird, so daß die rechte Seite ein Dessin von Gold oder Silber auf Seidengrund, die verkehrte eins desgleichen von Seide auf Gold- oder Silbergrund zeigt, welche beide in der Zeichnung sich vollkommen gleichen. Bandborten (Halbborten) zeigen, wie gemusterte seidene Bänder, immer nur auf einer Seite das Ketten-, auf der andern das Einschußmuster. Der Einschuß ist hier, wie bei den Stickertressen, zur Ersparung von edlem Metall aus Gespinst und Seide gemischt, so daß mit zwei Schützen gearbeitet und abwechselnd ein Faden Gold- oder Silbergespinst und ein mehrfacher Seidenfaden eingeschossen wird. Bei den Lahn- oder Plaschborten besteht die Kette aus Seide, der Einschuß aus Gold- oder Silbergespinst und aus geplättetem Draht, weil abwechselnd einer oder zwei Fäden Gespinst und ein Faden Lahn eingeschossen werden. Während nun der Lahn die Figur der rechten Seite bildet, hält das Gespinst, indem es die Kettenfäden bindet, das Gewebe zusammen und bildet zugleich an den Stellen, wo keine Figur (also auch kein Lahn) sichtbar ist, den matten Grund für die glänzende Zeichnung. Bei unechten Borten findet man statt solchen Gespinstes oft auch Leoner Draht. Wollene und seidene Borten werden nach dem Gebrauch unterschieden in Militärborten, aus Seide, Wolle oder Kamelhaar tressenartig (d. h. auf beiden Seiten gleich) gewebt, Gurte und Leitseile für Reit- und Wagenpferde, ein Gewebe, auf welchem die Kette (aus Seide oder Wolle, oft auch stellenweise aus Gold- oder Silbergespinst bestehend) zum größten Teil sichtbar ist und Dessins bildet, während der Einschuß aus mehrfachem Leinenzwirn zusammengesetzt ist. Beide Seiten sind hier recht, weil in dem Gewebe der eine Kettenfaden an allen Stellen oberhalb, wo der andre unterhalb der Kette liegt. Dergleichen Gewebe nennt man Arbeit mit Gegenkorden. Bei wirklich tressenartig gewebten