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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bota; Botalli; Botānik

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Bota - Botanik.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Bosworth'

1873) u. a. Die von B. begonnene Neubearbeitung seines großen angelsächsischen Wörterbuchs, nach seinem Tod von der Universität Oxford fortgesetzt, erschien 1882.

Bota (portug. u. span., deutsch Both), Maß für südeurop. Weine und Öl, im Durchschnitt = 4 hl.

Botalli, Leonhard, Leibarzt Heinrichs III. von Frankreich, geboren zu Asti in Piemont, führte den Aderlaß in Frankreich ein und untersuchte die Natur der Schußwunden, die er als Quetschungen betrachtete und als solche behandelt wissen wollte. Nach ihm sind benannt der Botallische Gang (ductus Botalli), ein Gefäß zwischen der Aorta und der Lungenarterie, beim Embryo ein offener Kanal, durch welchen das Blut aus der Lungenarterie in die Körperarterie übergeht, und der nach und nach ein dicker, runder Strang wird, und das Botallische Loch, das eiförmige Loch des Herzens. Seine Werke wurden herausgegeben von J. (Anmerkung des Editors: Johannes) van Horn (Leiden 1660).

Botānik (v. griech. botane, Futter, Kraut; Pflanzenkunde, Phytologie), derjenige Teil der Naturgeschichte, welcher die wissenschaftliche Kenntnis des Pflanzenreichs umfaßt. Sie zerfällt je nach den besondern Gegenständen, welche sie behandelt, in folgende Disziplinen.

1) Die Morphologie der Pflanzen oder Organologie ist die Lehre von der Entwickelung, von der Gestalt und vom innern Bau der Glieder des Pflanzenkörpers, ohne Rücksicht auf die Funktionen, welche diese im Lebensprozeß der Pflanze verrichten. Ist sie vorzugsweise auf die äußern Formen der Pflanzenglieder gerichtet, so heißt sie Morphologie der äußern Gliederung. Sie zeigt, daß das Pflanzenreich nur wenige Grundorgane, nämlich Wurzel, Kaulom, Phyllom und Trichom (s. d.), besitzt, die, nur in der Art und Zahl ihrer Gruppierung, in der zeitlichen Folge ihrer Entwickelung und in untergeordneten Gestaltsverhältnissen variierend, die verschiedenartigen Formen der ganzen Pflanze bedingen; sie findet, daß ein und dasselbe Grundorgan je nach der Lebensweise der Pflanze und den daraus entspringenden Anpassungsbedürfnissen auch sehr verschiedenartige Organisation annehmen kann, die es geschickt macht, hier diesem, dort jenem Zweck im Leben der Pflanze zu dienen. So gelangt sie zu dem Resultat, daß es den morphologischen Charakter eines Pflanzengliedes durchaus nicht berührt, ob dasselbe zu diesem oder jenem physiologischen Organ eingerichtet ist. Mit dieser der Idee der Pflanzenmetamorphose zu Grunde liegenden Erkenntnis ist erst das wahre botanisch-morphologische Prinzip gewonnen, welches uns nicht bloß eine befriedigende Erkenntnis der Pflanzengestalten ermöglicht, sondern zugleich eins der wichtigsten Hilfsmittel zur Auffindung der natürlichen Verwandtschaften der Pflanzen untereinander und somit zum Ausbau des wahren natürlichen Pflanzensystems abgibt. Richtet sich aber die Morphologie mehr auf die Erkenntnis des innern Baues der Pflanzenglieder, d. h. auf die Art ihrer Zusammensetzung aus Zellen und Geweben, so wird sie zur Pflanzenanatomie oder Phytotomie. Eine thatsächliche Scheidung beider Gebiete wird gegenwärtig immer unthunlicher, indem zur morphologischen Begriffsbestimmung der Pflanzenteile oft ein Einblick in die anatomische Struktur derselben unerläßlich ist. Die Betrachtung des Entwickelungsganges, sowohl der äußern Formen als auch des innern Baues, pflegt man die Entwickelungsgeschichte zu nennen. Aus dem Gesagten erhellt jedoch, daß letztere nur ein integrierender Teil der Morphologie der Pflanzen ist. ↔

2) Die Pflanzenphysiologie (Phytophysiologie) beschäftigt sich mit den an den Pflanzen als solchen zu beobachtenden Naturerscheinungen, also sowohl mit den Lebensprozessen der Pflanze, die wir als Ernährung und Fortpflanzung bezeichnen, als auch mit dem Einfluß der physikalischen Naturkräfte, nämlich der Gravitation, des Lichts, der Wärme, des Aggregatzustandes und des Chemismus der äußern Medien auf die Gestaltung, Ausbildung und die Lebensprozesse der Pflanze. Auch mit der Frage nach der Molekularstruktur der Bestandteile der Pflanzenzelle und nach den molekularen Prozessen, die in denselben stattfinden, hat sich die Pflanzenphysiologie, soweit es die Leistungsfähigkeit der in der neuern Zeit vielfach vervollkommten physikalischen Untersuchungsmethoden gestattet, zu beschäftigen, um auch von dieser Seite her Licht in die Natur des Pflanzenlebens zu bringen. Alle diese Fragen pflegt man, insofern ihre Erforschung die Anstellung von Experimenten erheischt, unter der Bezeichnung Experimentalphysiologie zusammenzufassen, während die Schilderung der Lebenserscheinungen als solcher in ihren allgemeinen und je nach den Arten eigentümlichen Formen und in ihrer periodischen Aufeinanderfolge an der einzelnen Pflanze, die auf bloßer, vielfach allerdings auch mikroskopischer Beobachtung beruht, als die Biologie der Pflanzen bezeichnet wird. - Die Pflanzenchemie, welche von den Grundstoffen der Pflanzen und deren verschiedenen Verbindungen handelt, die in den einzelnen Teilen der Pflanzen angetroffen werden, ist eher ein Teil der Chemie als der B., zumal da ihre wichtigsten Thatsachen schon in der Lehre von der Ernährung der Pflanzen, also in einem Abschnitt der Physiologie, zur Sprache kommen. Die durch abnorme Ursachen herbeigeführten, von der gewöhnlichen Art abweichenden Lebenserscheinungen, die Krankheiten der Pflanzen, sind der Gegenstand einer eignen an die Physiologie sich anschließenden Disziplin, der Pflanzenpathologie (Phytopathologie), welche nicht bloß eine Beschreibung derselben zu geben, sondern auch ihre Ursachen zu erörtern hat. Unter Teratologie der Pflanzen versteht man die Lehre von den Bildungsabweichungen. Diese behandelt man am besten im Anschluß an die Pathologie, weil auch diese Erscheinungen die Folgen abnormer Einflüsse oder abnormer Kombinationen an sich normaler Einflüsse sind, obgleich viele Thatsachen der Teratologie auch wichtige Beweismittel bei morphologischen Fragen geworden sind und daher auch dort schon eine gewisse Berücksichtigung finden. Die bisher erörterten Disziplinen unterwerfen jede für ihre Zwecke das Pflanzenreich im allgemeinen, ohne Berücksichtigung des Unterschiedes der einzelnen Arten, ihrer Betrachtung und suchen das allen Arten oder einer Anzahl derselben Gemeinsame aus. Insofern machen sie zusammen die allgemeine B. aus. Im Gegensatz hierzu hat

3) die spezielle (beschreibende oder deskriptive, systematische) B., Pflanzenbeschreibung oder Phytographie, die Aufzählung, Unterscheidung und Beschreibung der einzelnen Pflanzenarten zum Gegenstand. Sie hat es in erster Linie mit den Begriffen der Gattung und Art überhaupt zu thun und daher auch die Frage zu prüfen, ob die existierenden Pflanzenarten von ebenso vielen ursprünglichen Stammeltern sich herleiten, oder ob nach Darwins Lehre die Arten voneinander und in letzter Linie von einer beschränkten Anzahl von Urtypen abstammen, welche im Lauf zahlloser Generationen und langer geologischer Perioden durch die beiden der Pflanze inne-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 258.