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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Botokuden; Botoschan; Botrychium; Botryocymen; Botrys; Botrytis; Botrytisch; Botryum; Botschaft; Botschafter; Botschka

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Botokuden - Botschka.

Geschichte des Grafen B. (Berl. 1874); Schiern, Nyere historiske Studier, Bd. 1: James Hepburn, Jarl af B. (Kopenh. 1875); Derselbe, Life of James Hepburn, Earl of B. (Edinb. 1880).

Botokuden (Botocudos, Guaymores), Indianerstamm in Brasilien, der früher Aymores genannt wurde und längs der Ostküste, in den Thälern der Serra do Mar zwischen dem Rio Pardo und Rio Doce, wohnt. Der jetzige Name stammt wahrscheinlich von dem portugiesischen botoque (Faßspund) wegen der Holzpflöcke, die sie in der Unterlippe tragen (s. unten). Sie selbst nennen sich Engerekmung. Mit den Coroado, Puri und Malali gehören sie zu den Cren. Sie gelten für eins der wildesten der indianischen Völker Brasiliens und stehen auf der untersten Stufe menschlicher Zivilisation. Sie sind wohlgebaut, von mittlerer Größe, stark, breit von Brust und Schultern, mit zierlichen Händen und Füßen; ihr Gesicht hat starke Züge, breite Backenknochen, schwarze, lebhafte Augen; Mund und Nase sind auffallend dick. Ihre Farbe ist rötlichbraun, bald heller, bald dunkler, ihr Kopfhaar schwarzbraun, die Zähne schön geformt und weiß. Ohren und Unterlippen werden im siebenten oder achten Jahr durchstochen und in die Löcher immer größere Pflöcke gesteckt, bis sie Scheiben fassen können, welche bisweilen gegen 10 cm Durchmesser bei 3 cm Dicke haben und aus dem Holz des Barrigadobaums, das leichter als Kork und sehr weiß ist, gefertigt werden (s. Tafel "Amerikanische Völker", Fig. 20, 21). Eine andre ihnen eigentümliche Tracht ist die Haarkrone auf dem sonst glatt geschornen Kopf; im übrigen leben sie in völliger Nacktheit. Ein Hauptcharakterzug dieses Volksstammes ist unbändige Leidenschaftlichkeit, die sie öfters zu den unerhörtesten Grausamkeiten fortreißt. Sie sind ein Wandervolk und bauen sich auf ihren Zügen durch die Wälder Hütten von Palmblättern. Dabei sorgen sie auf ihren Gebieten für Verkehrsmittel, denn sie erbauen schwebende Seilbrücken aus Schlingreben. Einen Kultus haben sie nicht, doch fürchten sie böse Geister und verehren den Mond als den Urheber der Schöpfung. Ihre Geräte sind sehr einfach, ihre Waffe ein bis 2,5 m langer Bogen, mit dem sie gewandt und sicher 1,5-2 m lange Pfeile schießen. Zur Nahrung dient ihnen alles, was das Tier- und Pflanzenreich nur irgend Eßbares und ihnen Erreichbares liefert. Auch weiche Erde pflegen sie zu genießen; früher galten sie für Anthropophagen. Ihre Sprache ist ein besonderer, von denen der andern wilden Völker Brasiliens verschiedener Dialekt. In frühern Zeiten waren die B. sehr gefürchtet; noch jetzt leben sie in beständigem Kampf mit den Brasiliern, von denen sie fortwährend die roheste und schändlichste Behandlung erfahren. Übrigens scheinen sie dem Aussterben entgegenzugehen; ihre jetzige Zahl schätzt man auf höchstens 4000.

Botoschan (Botuschani), Kreisstadt in der Moldau, an der Schiska, durch Zweigbahn mit Veresti an der Bahn Roman-Czernowitz verbunden, hat breite, staubige Straßen mit niedrigen Häusern, 14 griechische und 1 armen. Kirche, 10 Synagogen, ein Gymnasium und (1879) 39,941 Einw. (63 Proz. Juden), welche vornehmlich Handel treiben. B. ist Sitz eines deutschen Konsulats.

Botrychium Sw. (Mondraute), Pflanzengattung aus der Familie der Ophioglosseen, perennierende Kräuter mit einem unterirdischen kurzen Stämmchen und einem einzigen Blatte, dessen einer Abschnitt steril und fiederförmig geteilt ist, während der andre rispig verzweigt erscheint und an seinen Ästen die zweireihigen, kugeligen, durch einen Querriß aufspringenden Sporangien trägt. Von den zehn Arten der Gattung wächst die Mondraute (B. Lunaria Sw.) nicht selten auf Wiesen in Europa, Asien, Nordamerika und Australien. Sie war früher als Herba Lunariae offizinell und als Zaubermittel berühmt.

Botryocymen (griech.), s. v. w. Traubentrugdolden (s. Blütenstand).

Botrys (griech.), die Traube.

Botrytis Link, eine Schimmelpilzform, ausgezeichnet durch baumartig verästelte Fruchthyphen, an deren Astenden Sporenköpfchen abgeschnürt werden. Die genauer bekannten Arten von B. stellen Konidienformen von Pyreno- und Diskomyceten aus der Ordnung der Askomyceten dar. Die auf toten Insekten wachsenden Formen, unter diesen der als B. Bassiana Bals. bekannte Pilz, welcher die Krankheit der Seidenraupe (Muskardine) verursacht, sind als eine Fruktifikationsform einer Pilzgattung zu betrachten, die ihre entwickeltern, durch Sporenschläuche ausgezeichneten Fruktifikationsorgane erst in späterer Periode aus der Leiche des Insekts und nur unter gewissen Umständen hervortreibt. Diese insektenbewohnenden Formen gehören in die Gattung Cordyceps (s. d.). B. cinerea Pers. ist die Konidienform eines Diskomyceten, der Peziza Fuckeliana de By., dessen im Gewebe absterbender Blätter des Weinstocks lebendes Dauermycelium bei Kultur auf feuchtem Boden konidientragende Fruchthyphen von der Form der B. cinerea erzeugt.

Botrytisch (griech.), traubenartig, Bezeichnung eines Blütenstandes, der an einer Hauptachse eine unbestimmte Anzahl von Nebenachsen trägt. Dazu gehören die Formen der Ähre, Traube, Dolde, des Köpfchens u. a. S. Blütenstand.

Botryum, s. v. w. Staphyloma.

Botschaft, im konstitutionellen Staatsleben eine Mitteilung, welche das Staatsoberhaupt, im Deutschen Reich der deutsche Kaiser, direkt an die Volksvertretung richtet, im Gegensatz zu den gewöhnlichen Regierungsvorlagen, welche von dem Ministerium, im Deutschen Reich von dem Reichskanzler, im Namen des Staatsoberhauptes an die Volksvertretung gebracht werden. Da im Verfassungsleben der konstitutionellen Staaten jeder Regierungsakt zu seiner Gültigkeit der Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers bedarf, so muß auch jede B. von einem solchen, also im Deutschen Reich von dem Reichskanzler, kontrasigniert sein. Sie unterliegt infolge davon auch der Besprechung und der Kritik im Schoß der betreffenden parlamentarischen Körperschaft. Die besonders feierliche Form der B. wird nur bei besonders wichtigen Gelegenheiten gewählt, z. B. bei einer Auflösung der Volksvertretung, bei einer Kriegserklärung, bei Eröffnung oder Schließung der parlamentarischen Session u. dgl. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika pflegt der Präsident bei der Eröffnung des Kongresses dem letztern eine B. zugehen zu lassen, in welcher der Gesamtzustand der Union überhaupt erörtert wird. Im Deutschen Reich haben namentlich die kaiserliche B. vom 17. Nov. 1881, mit welcher der Reichstag eröffnet ward, und die B. vom 14. April 1883 eine besondere Bedeutung gewonnen, weil darin die Sozialpolitik der Reichsregierung dargelegt ward. Auch enthielt die B. vom 17. Nov. 1881 die Ankündigung der Tabaksmonopolvorlage. - In einem andern Sinn versteht man unter B. eine Gesandtschaft ersten Ranges.

Botschafter, s. Gesandte.

Botschka ("Tonne"), russ. Hohlmaß, = 40 Wedros (s. d.).