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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brandenburg

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Brandenburg (Provinz: Geschichte).

Mark Nordsachsen der Abhängigkeit vom Herzogtum Sachsen entriß und sich zuerst Markgraf von B. nannte. Er stellte die zerstörten Bistümer wieder her, errichtete Klöster, zog zahlreiche Ritter heran, welche feste Burgen bauten, und besiedelte das flache Land mit Bauern aus Westfalen und den Niederlanden; Kaufleute und Handwerker gründeten städtische Niederlassungen. Durch diese Kolonisation, welche seine Nachfolger fortsetzten, wurde B. bald germanisiert. Albrechts Sohn Otto I. (1170-84) erschien auf dem Reichstag zu Mainz 1182 zum erstenmal als Reichserzkämmerer und erwarb 1181 die Lehnshoheit über Pommern und Mecklenburg. Otto II. (1184-1205) mußte, wegen eines Streits mit dem Erzbischof von Magdeburg von diesem gebannt, alle seine Allodien in der Altmark und im Westhavelland von dem Erzstift Magdeburg zu Lehen nehmen (1196). Der Versuch seines Bruders Albrecht II. (1205-20), die Güter dem Erzbischof wieder zu entreißen, mißlang. Auf Albrecht II. folgten 1220 seine noch minderjährigen Söhne, Johann I. und Otto III., die bis 1226 unter der Vormundschaft ihrer Mutter Mathilde standen, dann 40 Jahre gemeinschaftlich regierten. Sie erweiterten B. durch ansehnliche Erwerbungen und nahmen Barnim und Teltow den Wenden, Stargard in Mecklenburg und die Ukermark den Pommern, welche sie 1244 auch zur Anerkennung ihrer Lehnshoheit zwangen; sie eroberten ferner 1260 die Neumark und kauften Lebus und die Oberlausitz. Die Ansiedelung deutscher Einwanderer wurde befördert und mehrere wichtige Städte gegründet, so Landsberg a. W. in der Neumark, Frankfurt a. O. im Land Lebus. 1232 erhielt das Dorf Köln, 1242 Berlin brandenburgisches Stadtrecht. Ansehnliche Klöster, wie Chorin und Straußberg, wurden erbaut. So blühten die Marken gerade in einer Zeit aus, wo im übrigen Reich das Faustrecht herrschte. Johann und Otto teilten ihr Gebiet erst 1258 und machten Stendal und Salzwedel zu ihren Regierungssitzen, während die Hauptstadt Brandenburg und die Lehnshoheit über die Bistümer B. und Havelberg gemeinsam blieb. Nach ihrem Tod (Johann I. starb 1266, Otto III. 1267) entstanden zwei Linien, die Johanneische oder Stendaler und die Ottonische oder Salzwedeler. Doch herrschte unter ihnen stets gutes Einvernehmen. 1280 zählten die beiden Linien 19 Markgrafen; Haupt der Familie war Otto IV. mit dem Pfeil (1281-1309). Durch Kauf von den Wettinern wurden die Besitzungen noch um die Mark Landsberg, die Pfalzgrafschaft Sachsen und die Niederlausitz vermehrt. Erst unter Waldemar (1309-19) wurden die Länder beider Linien wieder vereinigt und im Kampf gegen die neidischen Nachbarn behauptet.

Mit dem Tod seines minderjährigen Vetters, Heinrich von Landsberg, erlosch aber 1320 die brandenburgische Dynastie der Askanier. Nach heftigen Kämpfen um das herrenlose Land, in welchen ansehnliche Gebietsteile von demselben abgerissen wurden, verlieh Kaiser Ludwig der Bayer dasselbe 1323 seinem unmündigen Sohn, Ludwig dem ältern. Doch lag den Wittelsbachern das Wohl des Landes, welches wegen des Streits zwischen Kaiser und Papst mit dem Interdikt belegt und 1325 von Polen und Litauern verwüstet wurde, sehr wenig am Herzen, um so weniger, als die von Kaiser Karl IV. begünstigte Erhebung des falschen Waldemar (s. d.) zum Aufstand fast des ganzen Landes führte. Während dieser Wirren geriet das Land in den traurigsten Zustand. Gewerbe und Handel lagen danieder, der Landbau wurde vernachlässigt, und bei der so häufig eintretenden Geldnot der Fürsten wurden die meisten landesherrlichen Rechte, Güter und Einkünfte an Private und Städte teils verpfändet, teils um geringen Preis verschleudert. Der Adel trotzte entweder in frechem Übermut der Macht und den Befehlen des Markgrafen, oder er ergab sich der Wegelagerei, welche bald so überhandnahm, daß sich die Städte zur Abschaffung dieses Unwesens durch besondere Bündnisse vereinigen mußten. Die Schwäche der letzten Wittelsbacher (Ludwig der Römer 1351-1365 und Otto der Faule 1365-73) benutzte Kaiser Karl IV., um durch Kauf und Gewalt die Mark, welche 1356 durch die Goldene Bulle im Besitz der Kurwürde bestätigt wurde, an das luxemburgische Haus zu bringen und seine Erwerbung 1373 durch den Vertrag von Fürstenwalde zu sichern. Karl IV., der für seinen Sohn, den Kurfürsten und Markgrafen Wenzel (1373-78), die Regierung führte, bemühte sich, Ordnung, Gewerbfleiß, Handel und Wohlstand wiederherzustellen. Für die Beschäftigung der niedern Stände sorgte er durch bedeutende Bauten, den Städten suchte er durch Erneuerung ihres alten Verhältnisses zum Hansabund wieder aufzuhelfen, der Straßenraub wurde streng bestraft und der Adel durch kaiserliche Verbote gehindert, neue Burgen und Schlösser ohne besondere Einwilligung des Landesherrn anzulegen. Die Fürsten von Pommern und Mecklenburg mußten die Lehnshoheit Brandenburgs anerkennen. Der Tod des Kaisers (1378) führte jedoch die meisten der alten Übel zurück. Siegmund (1378-1415), Karls IV. zweiter Sohn, dem die Marken zufielen, verweilte in denselben nur zweimal und nur, um hier Mittel zur Befriedigung seiner Geldbedürfnisse zu gewinnen. Endlich 1388 verpfändete er B. an den Markgrafen Jost von Mähren, unter welchem die alte Verwirrung wiederkehrte.

Nach Josts Tod ernannte Siegmund 1411 seinen Rat und Feldherrn, den Burggrafen Friedrich von Nürnberg (s. d.) aus dem Haus Hohenzollern, zum Statthalter und 30. April 1415 zum Kurfürsten von B. Die feierliche Belehnung erfolgte 18. April 1417 zu Konstanz. Doch gelang es dem neuen Kurfürsten nur allmählich, sich geltend zu machen, indem er bedeutende Summen aufwenden mußte, um die verpfändeten fürstlichen Rechte einzulösen, und ihm die gewaltsame Demütigung des trotzigen Adels erst nach langwierigen Kämpfen gelang. Sein energisches und staatskluges Auftreten begründete aber für die Mark den Beginn einer bessern Zukunft, und bald fanden sich mit der wiederhergestellten Ordnung die frühere Regsamkeit und der frühere Verkehr wieder ein. Wie Friedrich I. (gest. 14-40) den Adel, so beugte Friedrich II. (1440-70) die Städte, namentlich Berlin (s. d.), unter die landesfürstliche Gewalt. Unter ihm wurden 1450 die Lehnsstreitigkeiten mit dem Erzstift Magdeburg beigelegt. Die Altmark ward von der Lehnshoheit des Erzbistums gegen Abtretung einiger Ortschaften befreit, 1455 die Neumark, die Siegmund 1402 an den Deutschen Orden verkauft hatte, wiedererworben und 1467 ein Teil der Niederlausitz von Böhmen abgetreten. Ein Krieg, den er unternahm, um den Besitz der im Mannesstamm erloschenen Herzöge von Pommern-Stettin zu gewinnen, war dagegen erfolglos. Auf Friedrich H. folgte Albrecht Achilles (1470-86), der sich aber wenig um B. bekümmerte und meist in den fränkischen Besitzungen Ansbach und Baireuth residierte. Nach der von ihm festgesetzten Hausordnung (dispositio Achillea 1473) wurden indes die fränkischen Besitzungen von B. getrennt, so daß Albrechts ältester Sohn, Johann Ci-^[folgende Seite]