Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brasilien

336

Brasilien (Bevölkerung).

Bevölkerung.

Die Zahl der Einwohner betrug nach den Ermittelungen für das Jahr 1883: 12,002,978, darunter 10,684,000 Freie und 1,318,978 Sklaven. Die Bevölkerung verteilt sich in folgender Weise auf den Bezirk der Stadt Rio de Janeiro und die 20 Provinzen:

QKilom. Bevölkerung

im ganzen Sklaven auf 1 qkm

Municipio Neutro 1394 453568 35568 312,40

Provinzen:

Amazonas 1897020 80942 942 0,04

Pará 1149721 343511 23511 0,30

Maranhão 459884 430059 60059 0,93

Piauhy 301797 239691 18691 0,80

Ceará 104250 722000 - 6,92

Rio Grande do Norte 57485 269051 10051 4,68

Parahyba 74731 432817 25817 5,79

Pernambuco 128395 1014700 84700 7,99

Alagoas 58491 397379 29379 6,79

Sergipe 39090 211173 26173 5,40

Bahia 426427 1655403 165403 3,88

Espirito Santo 44839 100717 20717 2,24

Rio de Janeiro 68982 938831 268831 13,61

São Paulo 290876 1058950 168950 3,64

Parana 221319 189668 7668 0,85

Santa Catharina 74156 201043 11043 2,71

Rio Grande do Sul 236553 568704 68703 2,40

Minas Geraës 574855 2449010 279010 4,26

Goyaz 747311 191711 6711 0,27

Matogrosso 1379651 72051 7051 0,05

Zusammen: 8337218 12002978 1318978 1,44

Hierzu kommen noch eine Anzahl (600,000 bis 1 Mill.) wilde Indianer, so daß sich die Gesamtbevölkerung auf 12-13 Mill. Seelen beziffert.

Von den 9,930,478 Einw. im Jahr 1872 gehörten 3,787,289 der kaukasischen, 1,954,452 der afrikanischen und 386,955 der amerikanischen Rasse an, während 3,801,782 Mischlinge waren. Der Nationalität nach zählte man 8,176,191 Brasilier und 243,481 Fremde, darunter 121,246 Portugiesen, 40,829 Deutsche (mit den naturalisierten gegenwärtig etwa 210,000), 44,580 Afrikaner, 6108 Franzosen. Die Neger bilden bei weitem die zahlreichste unvermischte Klasse der Bewohner Brasiliens; sie sind teils frei, teils Sklaven, als letztere zuerst um 1549 in B. eingeführt worden. Die Mehrzahl bilden Neger aus Angola und Mosambik. Der Beitritt der brasilischen Regierung zur Unterdrückung des Sklavenhandels (7. Nov. 1831) hatte in der Wirklichkeit dieses schmachvolle Gewerbe nicht vermindert, jetzt aber befindet sich die Zahl der Sklaven in schnellem Rückgang. 1873 wurden 1,540,796 Sklaven gezählt, gegenwärtig sind nur noch 1,150,000 vorhanden; die Provinz Ceará hat ihren letzten Sklaven 1883 freigelassen. Diese Freilassung geschieht teils durch freiwilligen Entschluß der Sklavenbesitzer und ohne Entschädigung, teils durch Loskauf mittels eines vom Staat gestifteten Emanzipationsfonds. Die von Sklavinnen gebornen Kinder sind schon seit 1871 frei. Es ist aber zu befürchten, daß die schnell wachsende Zahl der Abolitionisten die allgemeine Aufhebung der Sklaverei ungebührlich beschleunigen werde (s. unten, Geschichte). Die Zahl der unvermischten Weißen portugiesischen Ursprungs ist im Verhältnis zu der Zahl der Mischlinge sehr gering. Auch bilden dieselben keine besonders bevorzugte Klasse. Ihre Sprache allerdings ist die einzige im Reich übliche; doch verwischt diese Sprachgemeinschaft nicht die wesentlichen Verschiedenheiten, welche zwischen den einzelnen Elementen der brasilischen Gesellschaft stattfinden. Nur in Rio de Janeiro vermischen sich die provinziellen Färbungen und gehen im Nationalcharakter auf. Allen gemeinsam ist der religiöse Glaube, und ein Hauptmittelpunkt des sozialen Lebens in B. sind die Kirchen, die in gewisser Beziehung die Stelle der europäischen Salons oder Theater vertreten. Der größte Teil der freien Bevölkerung des Landes besteht jedoch aus Mischlingen, die aus der Vermischung von Weißen, Schwarzen und Indianern entstanden sind; man nennt solche Mischlinge von dunkler Hautfarbe allgemein Cariboca oder Cafuso, während unter Mulatten die Nachkommen von Weißen und Negern, unter Mestizen (Mestico) die von Indianern einerseits und Weißen und Negern anderseits verstanden werden; Kreolen (Crioulo) heißen in B. die im Land gebornen Neger. Die Einwanderung ist trotz vieler durch die Regierung gebotener Vorteile (s. unten) eine schwache gewesen; von 1855 bis 1883 wanderten rund 6,000,000 Menschen ein, darunter 215,000 Portugiesen, 65,000 Deutsche, sonst noch Italiener (in zunehmenden Zahlen), Franzosen, Briten, Spanier.

Die Ureinwohner, die Indianer, sind in spärlichen Gruppen über das weite Land zerstreut. Sie sind nur von mittlerer Größe, aber von gedrungenem und muskulösem, ebenso geschmeidigem wie kraftvollem Körperbau. Ihre Farbe wechselt vom tiefen Rot bis zum bräunlichen Weiß, ihre Gesichtsbildung zeigt in manchen Fällen etwas Mongolisches: abgeplattetes, rundes Gesicht, dicke Lippen, eingedrückte Nase, schwarze, kleine, schräg nach außen gezogene Augen und schwarze, schlichte Haare; bei andern Stämmen ist die Gesichtsbildung edler, der Wuchs schlanker. Die Portugiesen teilten sie in zwei Klassen ein: in die Küstenbewohner (Indios mansos oder caboclos) und in die Bewohner des innern Landes (Indios bravos oder Tapuyas). Die bedeutendsten dieser Stämme, die Tupi, die Guarani und die Omagua, bilden ethnographisch ein Ganzes, wie die Übereinstimmung der Sitten und namentlich der von den Stämmen gesprochenen Dialekte zeigt. Die durch die Jesuitenmissionäre aus den verschiedenen Dialekten heraus entwickelte lingoa geral brasilica dient jetzt als das allgemeine Verständigungsmittel mit den Indianern. Die Tupi, welche im NO. wohnen, stehen mit den durch die erfolgreiche Thätigkeit der Jesuiten unter ihnen wohlbekannten Guarani im SO. in engem Verwandtschaftsverhältnis, so daß man sie gern zu einer Gruppe zusammenfaßt, zu welcher die Gualache und Itatine zwischen Paraguay und Parana, die Apiaca am Arinas, die Cabahyba im Quellgebiet des Tapajoz und seiner Zuflüsse und einzelne Stämme an der Ostgrenze des ehemaligen Inkareichs gehören. Zu den Omagua zählen die Omaguasyete oder Omagua im engern Sinn (s. Tafel "Amerikanische Völker", Fig. 19) an der Grenze gegen Peru und Ecuador zwischen Amazonenstrom und Yapura, die Yurumagua am Yurua u. a. Aber zwischen diesen leben noch viele andre Indianerstämme, die durch abweichende Sprachen und Sitten den Beweis liefern, daß sie ethnographisch von jenen getrennt werden müssen und die zersprengten Überreste eines oder mehrerer größerer Stämme bilden. Dahin gehören: die Aymore oder Guaymore, bekannter unter dem Namen der Botokuden (Fig. 20 und 21) im O. des Flusses São Francisco, die Kiriri in der Provinz Bahia in der Nähe von Cachoeira, die Jundiähi und Jacunda am untern Tokantins, die Tikuna (Fig. 22 und 23) und die Miranha (Fig. 24) zwischen den Flüssen Ica und Yapura, die Mura und Parupuru am untern Purus, andrer kleinerer Volksabteilungen nicht zu gedenken. Die ansässig