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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brayera; Braza; Brazlaw; Brazos; Brazos de Santiago; Brazza

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Brayera - Brazza.

an Stelle des Fürsten Hohenlohe zum Ministerpräsidenten und Minister des Auswärtigen ernannt. Als ein Diplomat der ältern Schule, zugleich aber durchaus ehrenhaft und sich gegen die Forderungen der Zeit nicht abschließend, suchte er für Bayern möglichst viel Selbständigkeit zu erhalten, schloß aber im Oktober 1870 zu Versailles die Verträge ab, durch welche Bayern in das neugegründete Deutsche Reich eintrat. Im September 1871 übernahm er wieder den Gesandtschaftsposten zu Wien.

3) Anna Eliza, geborne Kempe, engl. Schriftstellerin, aus Cornwall stammend, um 1800 geboren, war zweimal verheiratet, wurde zweimal Witwe und starb, erblindet, 21. Jan. 1883 in London. Ihren beiden Gatten, dem Maler und Baumeister Charles Stothard und dem Pfarrer B., hat sie biographische Denkmäler gewidmet (1851 und 1859). Ein drittes biographisches Werk aus ihrer Feder betrifft Händel ("Handel, his life, with thoughts on sacred music", 1857); doch erscheint das obschon mit Fleiß gearbeitete Werk ungenügend. Ihre zahlreichen Romane sind zum großen Teil der Geschichte entlehnt, wie "Henry de Pomeroy" (1846), "Warleigh" (1836), "Courtenay of Walreddon" (1844) etc.; sie erschienen gesammelt unter dem Titel: "Novels and romances" 1845 in 10 Bänden. Von ihren verschiedenen historischen Arbeiten seien "The revolt of the Protestants of the Cevennes" (1870) und "Joan of Arc and the times of Charles VII. of France" (1873), von ihren anziehenden Landschafts- und Sittenschilderungen "The mountains and lakes of Switzerland" (1841), "Trials of domestic life" (1848) und "The borders of the Tamar and the Tay" (1879) erwähnt.

Brayera Kunth (Hagenia Lam.), Gattung aus der Familie der Rosaceen, vertreten durch eine Art: B. anthelmintica Kunth (Hagenia abyssinica Willd., s. Tafel "Arzneipflanzen III"), den Kussobaum (Kussala), welcher in der abessinischen Bergregion zwischen 3000 und 4000 m ü. M. heimisch ist, bis 20 m hoch wird und durch geringelte, fast zottig behaarte Zweige, wechselständige, unpaarig gefiederte Blätter, achselständige, große Blütenrispen, grünrötliche Kelchblättchen, weiße Blumenblätter und kurzgeschnäbelte, eiförmige Nüßchen ausgezeichnet ist. Die weiblichen, bereits abgeblühten, mehr oder minder ausgebildete Früchte enthaltenden Rispen, bei denen die ausgewachsenen Kelchblätter dunkel purpurrot geworden sind, bilden das offizinelle Kusso (Kosso). Sie schmecken zuerst schleimig, dann ekelhaft kratzend, anhaltend bitter und adstringierend, riechen schwach holunderartig und enthalten wenig saures ätherisches Öl und ein Harz, von welchem ein Teil saure Eigenschaft besitzt. Dies Kussin ist farblos, kristallinisch, in Alkalien löslich und schmilzt bei 193°. Kusso ist in Abessinien seit langer Zeit bei Menschen und Schafen gegen den Bandwurm im Gebrauch; durch Karawanen kam es an den Nil, nach Ägypten und dann nach Konstantinopel, von wo es der französische Arzt Brayer nach Paris brachte. Seit 1842 fand es allgemeine Verwendung als Bandwurmmittel und wird jetzt in der Regel gepulvert und mit Wasser angerührt gegeben. Zwei Dosen von je 5 g, in ½ oder 1 Stunde gegeben, treiben in der Regel den Wurm mit dem Kopf ab. Die unentwickelten weiblichen und männlichen Blüten sind wenig wirksam, letztere scheinen brechenerregend zu wirken.

Braza (span., "Klafter"), Längenmaß, s. Faden.

Brazlaw, Kreisstadt im russ. Gouvernement Podolien, am Bug, hat 2 katholische und 1 griech. Kirche und (1870) 5525 Einw. B. wurde 1331 gegründet, befand sich wechselnd im Besitz der alten russischen Großfürsten von Kiew und Wladimir, der Litauer, Polen und Tataren und wurde 1795 dem russischen Reich einverleibt. Von den ehemaligen Festungswerken sind noch Wälle und Gräben übriggeblieben.

Brazos, nächst dem Colorado der bedeutendste Fluß im nordamerikan. Staate Texas, entspringt östlich am Llano estacado aus dem salzhaltigen Salt Fork und dem klaren Clear Fork, zwei Hauptflüssen, die sich unterhalb Fort Belknap vereinigen, und ergießt sich nach einem südöstlich gerichteten Laufe von 1046 km bei Velasco in den Golf von Mexiko. Großen Schwankungen des Wasserstandes ausgesetzt, ist er nur nach Regen auf größere Entfernung schiffbar.

Brazos de Santiago, öde Insel mit Zollhaus an der Küste von Texas, unfern der Mündung des Rio Grande. Auf der Reede bei ihr finden auch größere Schiffe sichern Schutz. Einfuhr des Zollbezirks, zu dem Brownsville (s. d.) gehört, 1883-84: 403,513 Doll., Ausfuhr 1,220,647 Doll.

Brazza, die größte und bevölkertste der dalmatischen Inseln im Adriatischen Meer, zwischen der Insel Lesina und der Stadt Spalato, durch den Canale della B. vom Festland geschieden und 396 qkm (7,2 QM.) groß, ist von Bergen durchschnitten, die sich im San Vito zu 786 m Höhe erheben, hat treffliche Oliven-, Feigen-, Mandelbaum- und Weinpflanzungen (der köstliche Vulgavawein wächst auf B.), berühmte Marmorbrüche, aber kein Trinkwasser. Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf (1880) 19,969. Die bedeutendsten Orte sind die Flecken: San Pietro (mit Bezirksgericht), Neresi, Bol und Milna. Im Altertum hieß B. Brattia, bildete dann einen Teil des Gebiets der Republik Venedig und fiel mit diesem im Frieden von Campo Formio an Österreich.

Brazza, Pierre Savorgnan de, Graf, franz. Marineoffizier und Afrikareisender, geb. 1852 zu Rom aus einem alten Geschlecht Italiens, erhielt seine Bildung in einem Jesuitenkolleg zu Paris und auf der Marineschule zu Brest, trat 1870 in die französische Marine ein und diente 1872-74 als Ordonnanzoffizier des Admirals Du Quilio an der Küste von Amerika sowie in den französischen Kolonien am Senegal und Gabun. Berühmt machte er sich zuerst durch seine Reise zur Erforschung des obern Ogowe in Niederguinea, welche er 1876-78 zum Teil in Gesellschaft des Arztes Noël Ballay ausführte. Nach vielen Schwierigkeiten gelang es ihm Ende 1877, bis dorthin vorzudringen, wo der Ogowe aufhört schiffbar zu sein; er glaubt, daß dieser auf der Ostseite derselben Gebirgskette entspringt, von deren Westabhang die Flüsse der Loangoküste kommen. Dann aber setzte er seine Reise ost- und nordwärts fort durch das Quellgebiet der Ströme Alima und Likona, welche bereits dem Congo zufließen, bis Okanga (12° 45' östl. L. v. Gr.), wo ihn das Herannahen der Regenzeit zur Umkehr nötigte. Nach Europa zurückgekehrt, erlangte er von der französischen Regierung zu weitern Reisen in jenen Gegenden und insbesondere zur Anlegung von Stationen daselbst eine Unterstützung von 100,000 Frank; zugleich sollte die Beschiffung des Congo mit französischen Dampfern ins Auge gefaßt werden. B. schiffte sich Ende Dezember 1879 von neuem ein, drang zum Oberlauf des Ogowe vor, errichtete bei Maschogo, am Einfluß des Passa in den Ogowe (2° südl. Br.), die erste Station (Franceville) und erreichte von da 7. Sept. 1880 den Stanley Pool (Congo). Er schloß zu Mbo mit dem König Makoko einen Vertrag ab, wodurch ihm ein Gebiet am nördlichen Ufer des Stanley Pool zur Anlage