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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bremen

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Bremen (Staat).

Spitze gelb, sonst grauweiß, mit rostgelben Beinen und schwarzen Schenkeln, legt ihre Eier vom Juni bis September an die Haare der Rinder; die Larven durchbohren die Haut, entwickeln sich in 9 Monaten im Unterhautzellgewebe, werden über 2,6 cm lang und erzeugen die Dasselbeulen, welche die Größe von Taubeneiern erreichen. Die ausgebildete Larve verpuppt sich auf der Erde, und nach 4-6 Wochen schlüpft die Fliege aus. Manche Tiere werden von mehr als 100 Larven heimgesucht und gehen dann im Ernährungsstand sehr zurück; auch wird ihre Haut für den Gerber fast wertlos. Als Vorbeugungsmittel empfiehlt man Waschungen mit Abkochungen von Walnußblättern in Essig, von Wermutkraut oder Asa foetida-Lösung, überhaupt gute Hautpflege, besonders wenn sich das Biesen zeigt. Als Heilmittel ist allein das Ausdrücken der Larven, wenn nötig unter Zuhilfenahme der Lanzette, und Auswaschen der Stelle, wo sie gesessen haben, zweckmäßig. Vgl. Brauer, Monographie der Östriden (Wien 1863).

Bremen, seit 1815 deutscher Freistaat mit dem offiziellen Titel "Freie Hansestadt B.", ein Glied des Deutschen Reichs, dessen Gebiet aus drei getrennt liegenden, an Größe sehr ungleichen Teilen besteht (s. Karte "Hannover"). Der Hauptbestandteil mit der Stadt B. liegt zwischen 53° 1'-53° 33' nördl. Br. und 26° 13'-26° 40' östl. L. v. Gr. und zu beiden Seiten der untern Weser, 74 km vom Meer entfernt, und wird von der preußischen Provinz Hannover und vom Herzogtum Oldenburg begrenzt. Dicht an der Nordgrenze des Gebiets, aber getrennt davon, liegt am rechten Ufer des Stroms die Stadt Vegesack und weiter nördlich, 52 km von der Stadt B., der dritte Landesteil von 178 Hektar Größe mit der Hafenstadt Bremerhaven (s. d.), am Einfluß der Geeste in die Weser. - Der Boden wird von der Weser und deren Nebenflüssen Wumme (Lesum) und Ochtum nebst zahlreichen Gräben reichlich bewässert und ist zum Teil flache, sandige Vorgeest, zum Teil Flußmarsch. Die Altstadt von B. (auf dem rechten Ufer) liegt auf einer von SO. nach NW. das Gebiet durchstreichenden Düne; Vegesack ist am Rande der hohen Geest (alter Diluvialboden), Bremerhaven auf schwerem Marschboden gelegen. Das Klima ist mild, dabei aber überwiegend feucht und regnerisch; die mittlere Jahrestemperatur beträgt 8,6° C., die des Sommers 16,45°, die des Winters 1,46° C. Vom gesamten Areal, zu 25,556 Hektar berechnet, kommen 7609 Hektar auf Garten-, Acker- und Wechselland, 13,555 auf Wiesen und Weiden, 229 auf Holzungen, 56 auf Ödland, das übrige auf Gebäude, Hofräume, Wege, Wasser etc. Das Gesamtareal Bremens beträgt 255,56 qkm (4,66 QM.) mit den genannten 3 Städten u. 58 Dörfern (worunter 13 Pfarrdörfer), die Gesamtzahl der Einwohner (1883) 160,402, gegen 155,831 in 1880, 123,174 in 1871. Von jener Einwohnerzahl (1883) kommen 114,983 auf die Stadt B., 3811 auf Vegesack, 14132 auf Bremerhaven und 27,476 auf das Landgebiet. Die Vermehrung betrug in der Periode von 1871 bis 1883 im jährlichen Durchschnitt 2,6 Proz., in der Periode von 1867 bis 1871 jährlich 2,8 Proz. Von der Bevölkerung, die zum niedersächsischen Stamm gehört und die plattdeutsche Mundart spricht, sind nur etwa 74 Proz. Staatsangehörige, 26 Proz. dagegen Fremde, vorzugsweise Hannoveraner. In konfessioneller Hinsicht ist die Einwohnerschaft ausgeprägt protestantisch (fast 98 Proz.); am 1. Dez. 1880 wurden 5322 Katholiken, 387 Sektierer und 726 Israeliten gezählt. Es herrscht völlige Rechtsgleichheit der Konfessionsgenossen. Die Katholiken besitzen die Johanniskirche in Bremen und die Marienkirche in Bremerhaven, gehören zur nordischen Mission und stehen unter dem Bischof von Osnabrück. Der Staat teilt sich in die drei Städte Bremen, Vegesack und Bremerhaven sowie das Landgebiet, den sogen. Landkreis B. Von letzterm liegen 15,813 Hektar auf dem rechten, 6739 Hektar auf dem linken Weserufer; jener Teil wird vorzugsweise aus dem Hollerland, dem Blockland, dem Werderland und dem ehemaligen Gericht Borgfeld, dieser aus dem Ober- und Niedervieland zusammengesetzt. Das Landgebiet hat guten Ackerbau, einträgliche Gemüse- und Gartenkultur, ansehnliche, durch schöne Weiden und Wiesen begünstigte Viehzucht und treibt einige Fischerei. Für die Verwaltung zerfällt es in 34 Feldmarken (35 Gemeinden) und 13 Kirchspiele. Die Verfassung des Staats ist gemäßigt-demokratisch. Am 8. März 1849 publiziert, im März 1852 aber durch Einschreiten des Deutschen Bundes teilweise suspendiert, hat sie endlich 21. Febr. 1854 durch Revision ihre gegenwärtige Gestalt erhalten. Nach derselben üben Senat und Bürgerschaft die Staatsgewalt gemeinschaftlich aus. Der von der Bürgerschaft unter gewissen Beschränkungen gewählte Senat, welcher zugleich Magistrat der Stadt B. ist, besteht aus 16 lebenslänglichen Mitgliedern (Senatoren), von denen wenigstens 9 Rechtsgelehrte und 4 Kaufleute sein müssen; zwei Mitglieder desselben sind Bürgermeister, und einer von ihnen ist für die Dauer des Jahrs Präsident des Senats. Die Wahl derselben geschieht vom Senat, und es tritt alle zwei Jahre einer von ihnen zurück. Jeder 30jährige Staatsbürger ist zum Senator wählbar. Der Senat hat die Leitung und Oberaufsicht in allen Staats- und Kirchenangelegenheiten, die vollziehende Gewalt überhaupt, die Vertretung des Staats gegen Dritte und nach außen, das Gnadenrecht und die Polizeiverwaltung. Die Bürgerschaft besteht aus 150 Vertretern der Staatsbürger, die auf sechs Jahre gewählt werden, und von denen alle drei Jahre die Hälfte ausscheidet; davon sind 14 Vertreter derer, welche auf Universitäten sich ausgebildet haben, 42 des Kaufmannskonvents, 22 des Gewerbekonvents, 44 der übrigen Staatsbürger in der Stadt B., 12 Vertreter der Städte Vegesack und Bremerhaven und 16 der Landbezirke. Hierzu wählbar und wahlfähig sind alle 25jährigen Staatsbürger. Ein Ausschuß der "Bürgerschaft", das Bürgeramt, bestehend aus dem Geschäftsvorstand und 18 Vertretern, hat fortwährend auf Aufrechterhaltung der Verfassung, Gesetze und Staatseinrichtungen zu achten, Übertretungen und Mißbräuche in den in der Regel öffentlichen Sitzungen der Bürgerschaft zu rügen und im allgemeinen den verfassungsmäßigen Verkehr zwischen Bürgerschaft und Senat zu vermitteln. An der Spitze der einzelnen Verwaltungen stehen Deputationen von Senatoren und Bürgern; die Rechnungsführung ist immer in den Händen eines Bürgers. Die kirchlichen Angelegenheiten verwaltet eine Senatskommission. Für die Rechtspflege bestehen im bremischen Staat zwei Amtsgerichte (zu Bremen und Bremerhaven) und ein Landgericht (zu Bremen); die höhere Instanz wird durch das hanseatische Oberlandesgericht zu Hamburg gebildet. Die Richter der bremischen Gerichte werden durch ein Wahlkollegium, welches aus 4 Senatoren, 4 Mitgliedern der Bürgerschaft und 3 Richtern besteht,