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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bremen

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Bremen (Geschichte der Stadt; Herzogtum, bez. Erzstift B.).

Geschichte.

Unter dem Namen Bremon (später Brema) wird die Stadt zuerst 788 urkundlich erwähnt, in welchem Jahr Karl d. Gr. daselbst ein Bistum gründete (s. unten). Bis 967 von einem königlichen Vogt verwaltet, kam die Stadt danach unter die Herrschaft des Erzbischofs. Die Vogtei wurde 1088 dem Grafen von Supplingenburg übertragen und verblieb bis 1219 dem Haus der Welfen. Doch erlangte die Stadt im 11., 12. und 13. Jahrh. so zahlreiche Freiheiten, daß sie 1276 dem Hansabund beitreten und sich der landesfürstlichen Hoheit allmählich ganz entziehen konnte. Sie galt offiziell als bischöfliche Stadt und erlangte erst durch Kaiser Ferdinand III. 1646 die Reichsfreiheit. Nach außen hin wurde B. durch seine Abhängigkeit vom Bischof wenig behindert; es schloß Handelsverträge, erwarb Privilegien, namentlich in Norwegen und England, und gründete Kolonien, so 1158 Riga in Livland. Doch zeigte sich B. für die gemeinsamen Interessen der Hansa nicht sehr eifrig und wurde mehrmals mit Ausschließung aus dem Bund bestraft. Die Reformation fand in B. eifrige Anhänger; 1532 trat die Stadt dem Schmalkaldischen Bund bei und hielt auch nach der Schlacht bei Mühlberg trotz kaiserlicher Acht und Belagerung die Sache des Protestantismus mit Erfolg aufrecht. Wenige Jahre später erbitterte der Fanatismus lutherischer Geistlichen, vor allen des Predigers Timann, die Bürgerschaft so sehr, daß sie die calvinistische Lehre offiziell annahm. Auch gegen Schweden, welches 1648 das Bistum B. erhalten hatte, behauptete die Stadt ihre Selbständigkeit, doch unter schweren Kämpfen; 1666 verdankte sie ihre Rettung nur der Fürsprache der benachbarten Fürsten. 1803 blieb B. freie Reichsstadt und erhielt sogar eine Gebietsvergrößerung. Napoleon I. zog die Stadt 1810 zum französischen Reich und machte sie zur Hauptstadt des Departements der Wesermündungen. Nach der Leipziger Schlacht von den Alliierten eingenommen, ward B. 1815 zur Freien Stadt des Deutschen Bundes erklärt. Von dieser Zeit an begannen in B. heftige innere Kämpfe. Die frühere Verfassung war trotz verschiedener Versuche, eine Demokratie herzustellen, im wesentlichen aristokratisch gewesen: das Regiment war durch die "Neue Eintracht" von 1534 dem Rat anheimgegeben worden, der nach freiem Ermessen die Angesehensten und Wohlhabendsten aus der Bürgerschaft zur Mitberatung einlud. Nach dem Sturz Napoleons und der Herstellung der Reichsfreiheit bewilligte der Rat 23. Febr. 1816 aus freien Stücken der Bürgerschaft eine geregelte Teilnahme an der Wahl des Rats an Stelle der Kooptation. An der Spitze des Staats standen nun der Senat (4 Bürgermeister und 24 Senatoren) und die Bürgerschaft (500 Mitglieder nebst den aus 20 Großkaufleuten bestehenden Ältermännern). Die Stadt schloß sich 1828 dem Mitteldeutschen Handelsverein an, der sich jedoch schon 1831 auflöste.

Im März 1848 kam es in B. zu stürmischen Auftritten, die zur Folge hatten, daß durch den verstärkten Bürgerkonvent ein Wahlmodus festgestellt, dann eine wirkliche Vertretung der Bürgerschaft gewählt und von dieser in Gemeinschaft mit dem Senat eine neue Verfassung ausgearbeitet wurde. Dieselbe trat zwar 18. April 1849 ins Leben, als aber im übrigen Deutschland die Reaktion die Oberhand gewann, versuchte auch der bremische Senat, eine Revision der Verfassung durchzusetzen. Unter dem Schutz eines Bundeskommissars, des hannöverschen Generals Jakobi, wurden im Februar 1852 die Gesetze über Presse und Vereinsrecht suspendiert, die Bürgerschaft ward aufgelöst und mittels eines oktroyierten Wahlgesetzes die Vertretung der Bürgerschaft auf 150 Mitglieder beschränkt, mit denen sich der Senat über wesentliche Beschränkungen der Märzerrungenschaften einigte. Die neuen Bestimmungen wurden 21. Febr. 1854 publiziert; seitdem wird die Gesetzgebung von Senat und Bürgerschaft ausgeübt (s. oben). Die militärische Verteidigung Bremerhavens wurde 1853 vertragsweise von Hannover gegen Entschädigung übernommen. Trotz dieses Vertrags war Hannover ein sehr unbequemer Nachbar, namentlich seit es durch die großartigen Hafenanlagen von Geestemünde einen Teil des Handelsverkehrs von B. abzuziehen suchte. Dagegen erstarkte in B. die nationale Partei, welche schon vor 1866 wenn nicht geradezu die Annexion, so doch den Anschluß an Preußen wünschte. In die neue Gestaltung Deutschlands trat B. bereitwillig ein, sandte bisher stets national gesinnte Vertreter in den Reichstag, beteiligte sich auch am französischen Krieg in opferfreudiger Weise und gab 1884 auch seine Zustimmung zur Aufhebung seiner Freihafenstellung. Vgl. Buchenau, Die freie Hansastadt B. (2. Aufl., Brem. 1882); das amtliche "Staatshandbuch der freien Hansastadt B." (jährlich) und das "Jahrbuch für die amtliche Statistik des Bremer Staats"; Roller, Versuch einer Geschichte der Stadt B. (Brem. 1799-1804, 4 Bde.); ferner Rynesberg und Schene, Bremer Chronik (hrsg. von Lappenberg, 1841); Donandt, Geschichte des Bremer Stadtrechts (das. 1830, 2 Bde.); "Bremisches Urkundenbuch" (hrsg. von Ehmck und v. Bippen, das. 1853-83, Bd. 1-4) und die vom Künstlerverein herausgegebenen Werke: "Bremisches Jahrbuch" (historischen Inhalts, das. 1864-82, 12 Bde.) und "Denkmale der Geschichte und Kunst der freien Hansastadt B." (das. 1864-70, 3 Bde.); v. Bippen, Aus Bremens Vorzeit (das. 1885).

Bremen, ehemaliges Herzogtum (säkularisiertes Erzstift), jetzt ein Bestandteil der preußischen Provinz Hannover, das mit dem Hochstift Verden und dem Land Hadeln den Regierungsbezirk Stade bildet und im N. an die Nordsee und die Elbe (Grenze von Holstein), im O. an Lüneburg und Verden, im S. an Hoya und das braunschweigische Amt Thedinghausen, im W. an das Gebiet der Freien Stadt B. und das Land Hadeln grenzt. Die 5176 qkm (94 QM.) große Landschaft bildet eine Heide- und Moorebene, die von ihren zwei Hauptströmen, Elbe und Weser, mit einem Besatz von fruchtbarem Marschland beschenkt worden ist. Der westliche Küstenstrich längs der Watte der Nordenweser heißt: das Land Wursten, der Strich zwischen Oste und Elbmündung, im N. von Stade: Kehdingen (im W. durch das große Kehdinger Moor begrenzt) und das Uferland von Hamburg an der Estemündung: das Alte Land. Die noch etwa 275 qkm (5 QM.) umfassenden Moorstrecken werden allmählich durch Kolonisation in Wiesen und Ackerland verwandelt. Der hauptsächlichste Erwerb besteht in Ackerbau und Viehzucht (treffliche Pferde) nebst Torfstecherei und Schiffahrt. Die Landschaft zählt etwa 246,000 Einw. Landeswappen: zwei kreuzweise gelegte silberne Schlüssel in Rot. - Die bremischen Ebenen, im Mittelalter häufig Wigmodien genannt, wurden von Karl d. Gr. erobert, der die Verwaltung einem Gaugrafen übertrug und 788 einen Bischof für diese Gegenden ernannte. Doch bekam das Bistum größere Bedeutung erst durch Ansgar, den Apostel des Nordens, welcher nach Zerstörung seines Sitzes in Hamburg das Bistum zu B. übernahm (849). Papst Nikolaus I. schied 864 das Bistum B. aus dem Köl-^[folgende Seite]