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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Brückenschanze - Brüdergemeinde.

man jetzt die an demjenigen Ausgang eines Defilees, welcher dem Feind zugekehrt ist, angelegte Verschanzung, die den eignen Truppen entweder den Rückzug durch das Defilee oder das Debouchieren aus demselben angesichts des Feindes sichern soll, einen B.

Brückenschanze, s. Brückenkopf.

Brückenschiff, s. Ponton.

Brückenthal, Samuel, Freiherr von, österreich. Staatsmann, geb. 26. Juli 1721 zu Leschkirch (Siebenbürgen), studierte in Halle und Leipzig, trat sodann in den Staatsdienst, ward Gubernialrat in Siebenbürgen, Provinzialkanzler, dann Vorstand der siebenbürgischen Hofkanzlei und 1774 Gouverneur von Siebenbürgen. Wegen seiner Einwendungen gegen Josephs II. gewaltsame Reformen 1787 pensioniert, starb er 9. April 1803 in Hermannstadt. Er hinterließ dieser Stadt das Brückenthalsche Museum, eine Bibliothek, Münzen- und Mineraliensammlung und Gemäldegalerie.

Brückenwage, s. Wage.

Brucker, Johann Jakob, Geschichtschreiber der Philosophie, geb. 22. Jan. 1696 zu Augsburg, bezog 1715 die Universität Jena, wo der damals berühmte Theolog und Philosoph Franz Buddeus ihn für das Studium der Geschichte der Philosophie gewann, gab zu Augsburg (1723) seine "Historia philosophicae doctrinae de ideis" heraus, wurde 1724 Rektor der Schule zu Kaufbeuren, 1731 Mitglied der Berliner Akademie und starb 26. Nov. 1770 in seiner Vaterstadt als Senior der protestantischen Pfarrei St. Ulrich. Den Vorläufern seines Hauptwerks, "Kurze Fragen aus der philosophischen Historie" (Leipz. 1731-36, 7 Bde.) und "Erste Anfangsgründe der philosophischen Geschichte" (das. 1736, 1751), folgte dieses selbst unter dem Titel: "Historia critica philosophiae a mundi incunabulis ad nostram usque aetatem deducta" (das. 1742-44, 5 Bde.; neue Aufl. 1766, mit einem Appendix von 1767). Der von ihm veranstaltete Auszug unter dem Titel: "Institutiones historiae philosophicae" (Leipz. 1747) ist mehrmals gedruckt und auch ins Englische (von Enfield, Lond. 1791, 2 Bde.) übersetzt worden. Das Werk zeichnet sich zwar nicht durch Geistesfreiheit, aber durch für seine Zeit umfassende Gelehrsamkeit bei vorherrschend Wolfscher Richtung und vor allem dadurch aus, daß es als das erste Werk seiner Art die oft mehr benutzte als eingestandene Grundlage aller folgenden geworden ist. Außerdem schrieb B. noch: "Miscellanea historiae philosophicae, litterariae, criticae" (Augsb. 1748, 5 Bde.), einen "Bildersaal berühmter Schriftsteller" (das. 1741-55, 10 Dekaden mit Kupfern), einen "Ehrentempel der deutschen Gelehrsamkeit" (das. 1747-49, 8 Dekaden mit Kupfern) und bearbeitete für das sogen. englische Bibelwerk das Neue Testament (Leipz. 1766-70, 6 Bde.).

Brückner, 1) Benno Bruno, protest. Theolog und Kanzelredner, geb. 9. Mai 1824 zu Roßwein, studierte in Leipzig und erhielt hier die Stelle eines Nachmittagspredigers an der Universitätskirche, ward 1850 Pfarrer in Hohburg, 1853 außerordentlicher Professor und zweiter Universitätsprediger zu Leipzig, 1855 ordentlicher Professor der Theologie, 1856 Universitätsprediger und Direktor des Seminars für praktische Theologie, 1860 Domherr des Hochstifts Meißen und Konsistorialrat, 1870 Generalsuperintendent und Propst, auch Mitglied des Oberkirchenrats in Berlin. Außer Sammlungen von Predigten veröffentlichte er neue Bearbeitungen der Kommentare De Wettes über das Evangelium Johannis (4. u. 5. Aufl., 1852 u. 1863) und über die katholischen Briefe (3. Aufl. 1867).

2) Alexander, russ. Historiker, geb. 5. Aug. 1834 zu St. Petersburg, studierte, nachdem er sechs Jahre Kaufmann gewesen, in Heidelberg, Jena und Berlin, war 1861-67 Professor der Geschichte an der kaiserlichen Rechtsschule in St. Petersburg, dabei einige Zeit Privatdozent an der Universität, seit 1867 Professor an der Universität Odessa und wirkt seit 1872 als Professor der Geschichte Rußlands in Dorpat, wo er 1876 zum Wirklichen Staatsrat ernannt wurde. Von seinen Schriften sind zu erwähnen: "Finanzgeschichtliche Studien; Kupfergeldkrisen" (Petersb. 1867); "Geschichte des Kriegs zwischen Rußland und Schweden 1788-90" (in russischer Sprache, das. 1869); "Iwan Possoschkow, Ideen und Zustände im Zeitalter Peters d. Gr." (Leipz. 1878); "Die Familie Braunschweig in Rußland 1741-1806" (Petersb. 1874); "Kulturhistorische Studien: die Russen im Ausland; die Ausländer in Rußland im 17. Jahrhundert" (Riga 1879); "Der Zarewitsch Alexei" (Heidelberg 1880). Für Onckens "Weltgeschichte in Einzeldarstellungen" schrieb er den Band über Peter d. Gr. (Berl. 1879) und den über Katharina II. (das. 1883).

Bruder, in der eigentlichen Bedeutung eine Person männlichen Geschlechts, die mit einer andern von einerlei Vater und Mutter abstammt (rechter, vollbürtiger B., frater germanus); dann auch eine solche, die mit einer andern bloß denselben Vater oder dieselbe Mutter hat (Halbbruder, Stiefbruder, frater uterinus oder consanguineus, je nachdem die Mutter oder der Vater gemeinschaftlich ist). Fälschlich werden auch Kinder aus ganz verschiedenen Ehen, die gar nicht blutsverwandt miteinander sind, Brüder (Stiefbrüder) genannt, wenn sich der Vater des einen mit der Mutter des andern ehelich verbunden hat (zusammengebrachte Kinder).

Brüder der christlichen Lehre, s. Brüderschaften, religiöse.

Brüder des gemeinsamen Lebens oder vom guten Willen (Fratres vitae communis oder bonae voluntatis, Kollatienbrüder), eine freie christliche Genossenschaft, gestiftet von Gerhard Groot (s. d.) zu Deventer, welche in dem Zusammenleben, in der Gemeinschaft des Erwerbs, der Arbeit und der Erbauung eine wahre Brudergemeinschaft darzustellen suchte. Die B., weiter ausgebildet durch Florentius Radewin (gest. 1400) und Gerhard Zerbolt (geb. 1367), breiteten sich in den Niederlanden und in Norddeutschland aus; unter den Brüderhäusern sind berühmt Windesheim bei Deventer und Agnetenberg bei Zwolle. Die Thätigkeit der B. richtete sich auf das Sammeln und Abschreiben der Bibel und andrer Bücher, den Unterricht der Jugend etc. Aus denselben ging eine Reihe der bedeutendsten Männer, wie Thomas a Kempis und Wessel, hervor; andre, wie Erasmus, verdanken ihnen ihre Bildung. Die Genossenschaft, von den Dominikanern heftig angefeindet, erlosch allmählich, als durch den Humanismus und die Reformation ihr Streben in weitern Kreisen aufgenommen ward. Vgl. Ullmann, Reformatoren vor der Reformation, Bd. 2 (2. Aufl., Gotha 1866); Acquoy, Het klooster te Windesheim (Utrecht 1875); Bonet-Mauri), Gérard de Groote (Par. 1878).

Brüder des Leidens Jesu, s. Serviten.

Brüdergemeinde (Brüderunität, Herrnhuter), die von den Nachkommen der Böhmischen und Mährischen Brüder gestiftete Religionsgesellschaft, deren Hauptsitz und Mittelpunkt Herrnhut ist. Steter Druck veranlaßte den Rest der Mährischen Brüder (s. d.) zu Anfang des 18. Jahrh., ihr Vaterland zu verlassen. Sie fanden Aufnahme bei dem Grafen Ludwig Niko-^[folgende Seite]