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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brutfäule; Brutkamp; Brutknospen; Brutkoppeln; Brütmaschinen; Brutpest der Bienen; Brutpflege; Bruttii

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Brutfäule - Bruttii.

und Römern bekannt. Im vorigen Jahrhundert wurde das künstliche B. in Frankreich und England wieder aufgenommen, und kurz vor der französischen Revolution benutzte Bonnemain einen mit Wasserheizung versehenen Brütapparat und versorgte den Markt von Paris mit vortrefflichem Federvieh in Jahreszeiten, wo sonst keine jungen Hühner zu haben waren. Im J. 1825 gelang es d'Arcet, zu Vichy Hühnchen und Täubchen mittels der dasigen heißen Mineralwässer künstlich ausbrüten zu lassen. Er legte die Eier in einen kleinen Korb, hing diesen in einem durch das heiße Mineralwasser erwärmten Badezimmer auf und drehte die Eier alle Tage einmal um. Man hat seitdem sehr zahlreiche Apparate (Brütmaschinen) konstruiert, welche dem Zweck mehr oder weniger vollkommen entsprechen. Ein brauchbarer Apparat muß den Eiern während der ganzen Brütezeit eine konstante Wärme durch direkte Berührung, um der durch Ausdünstung sonst entstehenden Trockenheit vorzubeugen, von oben mitteilen; die Eier müssen sich in einer feuchten Atmosphäre befinden und hinlänglich mit frischer Luft versehen werden; man muß sie ohne Mühe jederzeit wenden und untersuchen können, und schließlich muß der Apparat, welcher möglichst einfach sein soll, Räume für die ausgeschlüpften Küchlein enthalten, die anfangs noch einer erhöhten Wärme bedürfen. Versieht man die Brütmaschine mit einem Thermostat (s. d.), so werden sie unabhängig von der Sorgsamkeit des Wärters. Manche von den vorgeschlagenen Apparaten funktionieren sicher und billig. Baumeyer in Dresden hat besonders günstige Resultate erzielt. Er läßt warmes Wasser in Gummischläuchen zirkulieren und legt die Eier unmittelbar unter letztere. Kleine Brütapparate werden mit Petroleum, größere mit Koks oder Braunkohle geheizt. Auch die Aufzucht der jungen Hühner ist ihm gelungen. Dieselben eignen sich für den Markt und auch für die fernere Zucht ebenso gut wie von Hennen ausgebrütete Küchlein. Trotz aller Erfolge aber sind bisher nur wenig Brütmaschinen in der Praxis benutzt worden, weil die Aufzucht ohne Mutter stets viel schwieriger ist. Man hat die Brütapparate hauptsächlich in zoologischen Gärten für wissenschaftliche Zwecke und, in besondern Fällen, zum Ausbrüten seltener Rassentiere benutzt; aber in großen Hühnerzüchtereien zog man immer noch das Ausbrüten durch Hennen vor und bediente sich dazu, um die Hühner nicht vom Eierlegen abzuhalten, der Truthennen, welche zwei, drei, selbst vier Portionen Hühnereier hintereinander ausbrüten. Dies geschieht besonders mit sehr gutem Erfolg in Frankreich. Wenn beim B. 1-2 Tage über die normale Brütezeit verstrichen sind, so kann man die Eier, um sie zu prüfen, in lauwarmes Wasser legen. Diejenigen, welche lebende Junge enthalten, zeigen dann eine hüpfende Bewegung und müssen sofort der Brüterin oder der Maschine wieder untergelegt werden. Vgl. Öttel, Der Hühner- oder Geflügelhof (6. Aufl., Weim. 1879); Derselbe, Über künstliche Brut von Hühnern etc. (das. 1874); Krantz, Praktische Anleitung zur künstlichen Ausbrütung (2. Aufl., Berl. 1874); Baumeyer, Das künstliche Ausbrüten und die Hühnerzucht (Hamb. 1876, 2. Aufl. 1887); Grünhaldt, Die künstliche Geflügelzucht (2. Aufl., Dresd. 1880).

Brutfäule, s. Faulbrut.

Brutkamp, s. Gräber.

Brutknospen, bei vielen Leber- und Laubmoosen und den Gefäßkryptogamen auf dem Thallus, den Wurzelhaaren, dem Stamm oder den Blättern auftretende celluläre Ausgliederungen, die unter geeigneten Umständen auf ungeschlechtlichem Weg sich zu neuen Pflanzen entwickeln können.

Brutkoppeln, s. Gräber.

Brütmaschinen, s. Brüten.

Brutpest der Bienen, s. Faulbrut.

Brutpflege, die Sorge um die Nachkommenschaft (Brut), ist in sehr verschiedenem Grad entwickelt und äußert sich manchmal bei hoch organisierten Tieren kaum, bei niedern in merkwürdigster Weise. Meist wird sie vom Weibchen ausgeübt, indem es die Eier in einem besondern Behälter (Bruttasche, Brutsack) mit sich trägt und auch die ausgeschlüpften Jungen noch eine Zeitlang darin beherbergt (viele Krebse, Beuteltiere) oder letztere nur mit Futter versorgt und in Gefahr beschützt, sonst aber sich frei bewegen läßt (Vögel, manche Säugetiere). Jedoch gibt sich in seltenen, noch gänzlich unaufgeklärten Fällen ausschließlich das Männchen der B. hin. So nimmt es bei dem Seepferdchen (Hippocampus) und den ihm verwandten Gattungen (Syngnathus etc.) die vom Weibchen abgelegten Eier in einen an der Brust befindlichen Hautsack auf und entläßt die Jungen erst, nachdem sie schon munter umherschwimmen können; so tragen einige andre männliche Fische die Eier im Mund umher; so ist bei dem Frosch Rhinoderma Darwinii der mächtig anschwellende Kehlsack des Männchens der Aufenthaltsort für die jungen Kaulquappen (andre Beispiele s. bei Amphibien); so befestigen ganz allgemein bei den Pantopoden (s. d., Abteilung der Arthropoden) die Männchen die Eier an ihre Beine etc. Unter den Echinodermen (Seeigel u. a.), deren Junge gewöhnlich in der Gestalt kleiner und dem Muttertier durchaus unähnlicher Larven ausschlüpfen und längere Zeit an der Oberfläche der See leben, haben die arktischen und antarktischen Arten eine B. derart, daß die Metamorphosen nicht im stürmischen Meer, sondern unter dem Schutz eines besondern Teils der mütterlichen Schale durchgemacht werden.

Bruttii (griech. Brettioi), altital. Volk aus dem südwestlichen Ausläufer Italiens, nördlich von Lukanien begrenzt, von dem es durch den Laus getrennt war (s. Karte "Altitalien"). Ihr Gebiet (Bruttius ager, erst bei den Neuern Bruttium) war die älteste "Italia" oder die jetzige Landschaft Calabria. Vom Apennin durchzogen, der hier den fichtenreichen Sila bildete und in verschiedene Vorgebirge, wie Crimisa, Lacinium, Zephyrium, Heracleum, Leucopetra etc., auslief, hatte es wasserreiche Thäler und Schluchten, aus welchen viele Küstenflüsse sich ins Meer ergossen. Der unebene und zum Teil rauhe Boden wurde zu trefflicher Viehzucht sowie zu Wein-, Oliven-, Obst- und Getreidebau benutzt, ein Hauptprodukt war Pech. Städte waren: Consentia, Vibo (Hipponium), Medma, Rhegium, Locri, Scylacium, Croton etc. Die Einwohner an der Küste waren eingewanderte Griechen, die hier blühende Kolonien (Hipponium, Croton, Rhegium, Locri etc.) hatten; die des Binnenlandes sollen teilweise hellenisierte Lukaner gewesen sein, welche sich von ihren Landsleuten getrennt und unabhängig gemacht hätten und von den Lukanern Bruttier ("Rebellen") genannt worden wären. Die Bruttier, gegen die Römer mit Pyrrhus verbündet, wurden seit 277 v. Chr. von jenen bekriegt und 272 unterjocht. Weil sie im zweiten Punischen Krieg zu Hannibal hielten, wurden sie nach dessen Abzug von Rom durch schweren Gebietsverlust und dadurch gestraft, daß sie nicht mehr als Bundesgenossen angesehen und für unfähig zum Waffendienst erklärt wurden. Das Land geriet