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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Buchhaltung

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Buchhaltung (handelsrechtliche Bestimmungen).

geschrieben wird, so muß die Summe aller Debetseiten derjenigen aller Creditseiten des Hauptbuches gleich sein. Dieses Summieren erfolgt allmonatlich durch Probeabschluß oder die sogen. Probe-, Monats-, Roh- oder Bruttobilanz in einem besondern Buch, dem Bilanzbuch, in welches auch die Schluß- oder Jahresbilanz eingetragen zu werden pflegt. Zur Verrechnung von Gewinn und Verlust, der sich entweder unmittelbar, z. B. durch Berechnung von Provision, Zinsen etc., oder beim Bücherschluß auf den einzelnen Konti ergibt, dient das Verlust- und Gewinnkonto, welches für jeden Verlust debitiert, für jeden Gewinn kreditiert wird. Neben ihm können, zur besondern Nachweisung der verschiedenen Arten des einen wie des andern, Hilfskonti, wie Zinsenkonto, Handlungsunkostenkonto, Agiokonto etc., errichtet werden, welche sodann beim Bücherschluß ihren Saldo an das Verlust- und Gewinnkonto abgeben. Weil das Kapitalkonto von einem Bücherschluß zum andern unverändert bleiben soll, so kann der Geschäftsinhaber für das, was ihm das Geschäft durch Barzahlungen, Lieferungen von Waren etc. leistet, nicht aus dem Kapitalkonto, sondern auf dem sogen. Kontokorrent debitiert werden, eine Form, welche sich nur dann empfiehlt, wenn nur ein Inhaber vorhanden ist; sind dagegen zwei oder mehrere Socii vorhanden, so empfiehlt sich, alle Belastungen oder Kreditierungen direkt auf dem Kapitalkonto vorzunehmen, d. h. die Firmeninhaber wie fremde Kreditoren zu behandeln. Beim Bücherschluß werden ihm auf diesem Konto (vermittelst des Verlust- und Gewinnkontos oder des Zinsenkontos) auch die Zinsen auf das Kapital sowie der Geldwert dessen gutgeschrieben, was er etwa an das Geschäft durch besondere Leistungen, z. B. Beköstigung des Geschäftspersonals, Gewährung von Wohnung an dasselbe, zu fordern hat, ferner der an den Geschäften gemachte reine Gewinn, während dieses Konto für den etwanigen reinen Verlust zu debitieren ist. Seinen Saldo gibt dieses Konto an das Kapitalkonto ab.

Zum Abschluß der Bücher, den man zunächst in einem Brouillon vornimmt, bedarf man ebenfalls des Inventariums sowie der letzten Probebilanz. Man stellt das aus dieser sich ergehende Debet und Credit eines jeden Kontos aus, bringt den laut Inventarium sich ergebenden Bestand gehörig ein, und die Differenz, welche sich dann zwischen beiden Seiten ergibt, ist entweder Gewinn und Verlust. Diese einzelnen Gewinn- und Verlustposten sammelt man, um das Verlust- und Gewinnkonto für den Gesamtbetrag der erstern zu kreditieren, für den der letztern zu debitieren. Der Saldo, welchen dieses Konto liefert, ist dem Kontokorrent gutzuschreiben, sobald er reiner Gewinn, zur Last zu bringen, sobald er reiner Verlust ist; das Kontokorrent selbst ist, wie oben beschrieben, zu behandeln. Hierauf sind die Konti abzuschließen, welche einen Bestand zur Inventur geliefert haben, also entweder die Aktiva oder die Passiva sowie das reine Kapital darstellen. Dieser Abschluß erfolgt durch das sogen. Bilanzkonto, welches als Debitor auftritt denjenigen Konti gegenüber, welche in ihrem Saldo einen Bestandteil des Aktivums liefern, als Kreditor gegenüber den Konti, deren Saldo einen Bestandteil des Passivums ausmacht, sowie gegenüber dem Kapitalkonto, dessen Saldo natürlich dem Unterschied zwischen den Aktiven und Passiven gleich sein muß. Ist auf diese Weise die Richtigkeit des Abschlusses dargethan, so bringt man alle provisorisch entworfenen Posten in das Journal oder, wenn man ein solches nicht führt, in das Memorial und überträgt von da auf das Hauptbuch. Hierauf schließt man alle Konti des letztern ab, und soweit sie einen Saldo geliefert haben, trägt man denselben auf neue Rechnung vor. - Die Vorzüge der doppelten B. vor der einfachen bestehen darin, daß, während letztere durch Vergleich der jetzigen mit der letzten Inventur nur einen Aufschluß über das Gesamtergebnis einer abgelaufenen Geschäftsperiode gewährt, ohne nachzuweisen, wie Gewinn und Verlust entstanden sind, während sie ferner nur die Veränderungen von Forderungen und Schulden darlegt, die doppelte B. nicht allein mit den einzelnen Konti die Veränderungen zeigt, die an allen einzelnen Bestandteilen des Vermögens stattgefunden haben, sondern auch Gewinn und Verlust in der Gesamtheit wie in den einzelnen Teilen und damit deren Ursprung nachweist; auf dem Warenkonto beruht speziell die sehr wichtige Überzeugung, ob der sich ergebende Bruttogewinn dem Kalkül entspricht. Außerdem aber bietet die doppelte B. auch noch durch die stete doppelte Auszeichnung der Beträge eine wesentliche Garantie gegen Irrtümer dar.

Handelsrechtliche Bestimmungen.

Über B. in handelsrechtlicher Beziehung, namentlich über die Beweiskraft der Handelsbücher, ist folgendes zu erwähnen. Von jeher hat man es als eine der wichtigsten Pflichten des Kaufmanns angesehen, daß er Bücher führe, aus denen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens, insbesondere das Verhältnis zu jedem einzelnen seiner Geschäftsfreunde, zu ersehen sind. Diese Verpflichtung ist daher in alle neuern Handelsgesetzgebungen aufgenommen und findet auch im Artikel 28 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs Ausdruck. Höchst zweckmäßig ist es, daß dasselbe nicht verfügt, welche Bücher der Kaufmann führen soll; dergleichen Bestimmungen, die sich in den Handelsbüchern andrer Länder finden, erweisen sich als unzweckmäßig und werden in der Regel auch nicht berücksichtigt. In jedem Fall aber muß, wenn die Bücher den oben bezeichneten Zweck: eine klare Übersicht über die Vermögenslage zu bieten, erreichen sollen, bei der Führung derselben die größte Ordnung und Pünktlichkeit herrschen. Diese Ordnung, die sich bei ausgedehntem Geschäftsverkehr mit Kreditgeben und Kreditnehmen von selbst gebietet, während der Privatmann sich nur zu häufig auf sein Gedächtnis verläßt, hat der kaufmännischen Buchführung schon frühzeitig solches Vertrauen erworben, daß die kaufmännisch geführten Bücher in Streitigkeitsfällen über Handelssachen vor Gerichten sogar Glaubwürdigkeit und Beweiskraft erhielten. Die ältesten Statuten, in denen den Büchern der Kampsoren in Italien Beweiskraft beigelegt wurde, sind die von Piacenza von 1391 und die von Bologna von 1454. Wir befanden uns hier lange Zeit in direktem Widerspruch mit dem zivilrechtlichen Grundsatz, nach welchem Schriftstücke, Aufzeichnungen oder Urkunden wohl gegen, aber nicht für den Verfasser beweisen können. Dennoch gestehen fast alle frühern Handelsgesetze den Büchern der Kaufleute bald volle, bald halbe Beweiskraft zu. Sollen die Bücher eines Kaufmanns aber als Beweis für seine Beziehungen zu Geschäftsfreunden dienen, so verlangen die Gesetze gewisse Vorbedingungen, durch deren Erfüllung die Glaubwürdigkeit konstatiert wird. Diese sind: Unbescholtenheit und öffentliche Glaubwürdigkeit des Geschäftseigentümers sowie kaufmännische Führung der Bücher, ferner daß die Bücher in einer lebenden Sprache und in den Schriftzeichen einer solchen geführt werden, und daß bei deren