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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Canon; Canonicae virgines; Canonici; Canonicus; Cañons; Canosa di Puglia; Canossa; Canova

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Canon - Canova.

Canon, Johann (eigentlich Johann von Straschiripka), Maler, geb. 13. März 1829 zu Wien, ward von Jugend auf zum Soldaten erzogen, widmete sich aber daneben der Malerei unter Waldmüller und dem Einfluß Rahls. Von 1848 bis 1855 diente er als Kürassierleutnant, wandte sich aber nach dem Tod seines Vaters ganz der Malerei zu, in welcher er trotz der größten Schwierigkeiten die raschesten Fortschritte machte. Durch sein 1858 ausgestelltes großes Bild: das Fischermädchen wurde sein Name zuerst bekannt. Der Verkauf seiner Bilder gewährte ihm die Mittel, Studienreisen nach Italien, Frankreich, England und dem Orient auszuführen. 1860-1869 lebte er in Karlsruhe und siedelte dann nach Stuttgart und von da nach Wien über, wo er 12. Sept. 1885 starb. Von seinen historischen und Genrebildern und seinen dekorativen Malereien sind die bedeutendsten: Cromwell vor der Leiche Karls I., Decken- und Wandgemälde für den großherzoglichen Wartesaal in Karlsruhe, afrikanische Löwenjagd, Flamingojagd, Waffenhändler, Erdenglück, der moderne Diogenes, Fischmarkt, Bajadere, Loge des Johannes (Belvedere in Wien), Decken- und Wandbilder für Graf Wilczek, Gutmann etc. Der Schwerpunkt seiner künstlerischen Thätigkeit lag jedoch in der Porträtmalerei. Eingehende Studien nach Rubens, van Dyck und Tizian hatten ihn mit dem Stil dieser Meister so vertraut gemacht, daß er bald in der Manier des einen, bald in der des andern arbeitete, wozu ihn seine große Herrschaft über die Farbe befähigte. Den Mangel an Originalität suchte er durch Vornehmheit der Auffassung zu ersetzen, weshalb er der begünstigte Bildnismaler der Aristokratie war.

Canonicae virgines, s. Kanonissinnen.

Canonici, s. Kanoniker.

Canonicus (lat.), in der alten röm. Kirche nach Einführung des Choralgesangs der Vorsänger, der die Regel oder Melodie (canon) genau kennen mußte.

Cañons (span., spr. kanjohns, "Röhren"), im span. Amerika und im W. der Vereinigten Staaten Name der tief eingeschnittenen Flußbetten mit fast senkrechten Uferwänden, wie dergleichen an vielen Punkten der Erde vorkommen, z. B. im Jura, wo sie Cluses (s. d.), in den Alpen, wo sie Klausen genannt werden, am Var, ebenso in Ebenen und auf Tafelländern. Am großartigsten und merkwürdigsten treten diese Spaltenthäler in Texas und besonders in New Mexico, am westlichen Colorado und seinen Quellflüssen auf dem hohen Plateau zwischen den Rocky Mountains und der Sierra Nevada auf. Das längste ist dort der sogen. Große Cañon des Colorado, 383 km lang und mit 800-1300 m hohen, fast senkrecht aufsteigenden Wänden. Jeder der C. hat Seitencañons, und diese haben wiederum Seitenschluchten. An einigen Stellen drängen sich die Seitenschluchten bei ihren Mündungen in den Hauptcañon so zusammen, daß sie nur von senkrechten, 700-1000 m hohen Felsmauern getrennt sind, die oben kaum breit genug zu sein scheinen, um den Fuß darauf zu setzen. Die Uferwände bestehen zum größten Teil aus horizontalen oder wenig geneigten Sandsteinschichten, unter denen Marmor und an einigen Stellen sogar Granit noch tief eingeschnitten worden ist. Vgl. Ives, Report upon the Colorado River explored 1857 and 1858 (Washington 1862); Bell, New tracks in North America (Lond. 1869); Geikie in der Zeitschrift "Nature" 1870.

Canosa di Puglia (spr. pullja), Stadt in der unterital. Provinz Bari, Kreis Barletta, auf einem Hügel unfern des Ofanto, hat eine gotische Hauptkirche (1101 gegründet) mit dem Grabmal des Normannenhelden Bohemund (gest. 1111) und ein verfallenes Kastell (1270 von Karl I. erbaut). Aus der antiken Zeit stammt ein Triumphbogen, Reste eines Amphitheaters u. a. Zahlreiche Altertümer wurden von hier ins Museum von Neapel geschafft. Die Stadt zählt (1881) 18,422 Einw., welche vorzüglich Wein- und Ölbau betreiben. C. ist das alte von Griechen gegründete Canusium, damals eine der beträchtlichsten Handelsstädte Italiens, welche nach der Schlacht von Cannä, welche zwischen C. und dem Meer stattfand, die Trümmer der römischen Armee aufnahm, aber im zweiten Punischen Krieg um ihren Wohlstand kam und dann in den Kämpfen der Griechen und Sarazenen immer tiefer sank.

Canossa, verfallenes Bergschloß in der ital. Provinz Reggio nell' Emilia, auf steilem, isoliertem Felsen, wurde 951, als die Königin Adelheid dorthin geflüchtet war, von Berengar II. vergeblich belagert. Das Schloß kam dann in den Besitz der Markgrafen von Tuscien. Besonders berühmt wurde es durch die Demütigung des Kaisers Heinrich IV. vor Papst Gregor VII., der sich dorthin zur Markgräfin Mathilde von Tuscien begeben hatte, 25.-28. Jan. 1077 (worauf sich der bekannte, den Anmaßungen der Ultramontanen gegenüber 14. Mai 1872 gethane Ausspruch Bismarcks bezieht: "Nach C. gehn wir nicht"). 1209 kam C. mit den übrigen Besitzungen der Markgräfin unter päpstliche Herrschaft.

Canova, Antonio, ital. Bildhauer, geb. 1. Nov. 1757 zu Possagno im Trevisanischen, zeigte früh ein hervorragendes künstlerisches Talent. Eine Eurydice, die er im 17. Lebensjahr zu Venedig aus weichem Stein bildete, verriet zwar den spätern Künstler noch nicht; doch gewann er hier mehrere Preise und wurde 1779 vom Senat zu seiner weitern Ausbildung mit 300 Ducati Pension nach Rom geschickt. Hier schuf er seinen Kentaurenbesieger Theseus, der bei dem damaligen Verfall der Kunst infolge des verderblichen Einflusses der Berninischen Schule als Anfang einer reinern Stilperiode mit Freuden begrüßt wurde. Die Gruppe, jetzt in Wien, ist in karrarischem Marmor ausgeführt und gehört zu Canovas bedeutendsten Schöpfungen. Leider verfolgte C. den mit seinem Theseus betretenen Weg nicht lange. In seiner Psyche mit dem fliegenden Amor entfernte er sich wieder vom Geschmack der Alten. Von da an steht er schon nicht mehr neben Thorwaldsen, den er übrigens im Basrelief nie erreichte. Gleichwohl trug man kein Bedenken, ihn nicht nur über alle Bildhauer der Neuzeit zu erheben, sondern ihn sogar mit den größten Meistern der Alten zu vergleichen und seine Arbeiten neben den Denkmälern des Altertums im vatikanischen Museum aufzustellen; ja, man meinte in seinem Perseus vollen Ersatz zu haben für den von den Franzosen geraubten Apollo von Belvedere. In den Jahren 1798 und 1799 bereiste C. Österreich und Preußen, und 1802 rief ihn Napoleon I. nach Paris, wo ihn die Akademie der Künste als Mitglied aufnahm. Im J. 1815 kam C., vom Papst abgesandt, zum zweitenmal nach Paris, um die reklamierten Kunstschätze abzuholen, und begab sich dann nach England. Bei seiner Rückkunft verlieh ihm der Papst den Titel eines Präfekten der schönen Künste, ernannte ihn zum Marquis von Ischia mit einem jährlichen Ehrengehalt von 100 römischen Thalern und ließ seinen Namen in das goldene Buch des Kapitols eintragen. Als Mensch steht C. durch liebenswürdigen Charakter und unbegrenzten Wohlthätigkeitssinn nicht minder hoch denn als Künstler. Seine Wohlthätigkeit erstreckte sich na-^[folgende Seite]

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