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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Carnet; Carni; Carnifex; Carniprivium; Carnis delicta; Carnivora; Carnot

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Carnet - Carnot.

Carnet (franz., spr. -nä), kaufmännisches Notiz-, Taschenbuch, insbesondere ein Auszug aus dem Einkaufsbuch, welcher einen raschen Überblick über Höhe und Fälligkeit zu machender Zahlungen ermöglicht.

Carni, s. Karner.

Carnifex (lat., Carnufex), bei den Römern der Scharfrichter, welcher die Hinrichtung (gewöhnlich Kreuzigung) der verurteilten Sklaven und Fremden zu vollziehen hatte, während römische Bürger vom Liktor hingerichtet wurden. Er war kein römischer Bürger und wohnte als ehrlos vor der Porta Media (Esquilina) jenseit des Cälius.

Carniprivium (Carnisprivium) novum et vetus (lat.), die Sonntage Estomihi und Invokavit, da vor dem 9. Jahrh. das Fasten erst mit diesen und nicht mit Aschermittwoch begann.

Carnis delicta (lat., "fleischliche Vergehen"), s. Unzuchtsverbrechen.

Carnivora (lat., "Fleischfresser"), Ordnung der Säugetiere, s. v. w. Raubtiere.

Carnot (spr. -no), 1) Lazare Nicolas Marguerite, Graf, franz. Staatsmann, geb. 13. Mai 1753 zu Nolay (Côte d'Or) als Sohn eines Advokaten, ward in der Klosterschule zu Autun und seit 1769 in der Ingenieurbildungsanstalt zu Paris gebildet, trat in das Ingenieurkorps und veröffentlichte, doch ohne Gehör zu finden, Ideen zur bessern Verteidigung fester Plätze. Eine Lobrede auf Vauban vor der Akademie zu Dijon trug ihm den Preis und die Mitgliedschaft dieser Akademie ein. Beim Ausbruch der Revolution Kapitän, wurde er für Calais 1791 in die Gesetzgebende Versammlung gewählt und trat aus dieser in den Nationalkonvent über. Pflichttreu, redlich und gerade, wenn auch kalt, nüchtern und einseitig, widmete er seine ganze Kraft dem Dienste der Republik. Er teilte nicht die Ansichten der Jakobiner, ja er verachtete sie; aber er stimmte mit ihnen, weil er im Bewußtsein, Frankreich militärisch retten zu können, im Besitz von Macht und Einfluß sein wollte. Er ward wiederholt mit wichtigen Aufträgen an die Armeen geschickt, leitete 1792 die Aushebungen in den nördlichen Departements, wurde mit der Untersuchung gegen Dumouriez beauftragt und bekam im August 1793 als Mitglied des Wohlfahrtsausschusses die gesamte Leitung des Kriegswesens in die Hand. Von jetzt an übte er auf die Kriegführung den größten Einfluß aus, organisierte die Aushebung und Ausrüstung von 14 Armeen (levée en masse) und entwarf die Operationspläne. Als Gegner Robespierres angeklagt, wurde er freigesprochen, als eine Stimme im Konvent rief: "Wie kann man C. verurteilen, der den Sieg organisiert hat?" Auch als Mitglied des Direktoriums, in welches er nach anfängliche Opposition eintrat, war C. die Seele der militärischen Operationen. Dennoch wurde er als Royalist verdächtigt und als Barras' Gegner 4. Sept. 1797 zur Deportation verurteilt, flüchtete aber nach Deutschland. Er begab sich nach Augsburg und Nürnberg und verfaßte hier die berühmte "Réponse de L. N. M. C. etc. au rapport fait sur sa conjuration du 18 fructidor an V au conseil des Cinq Cents par Bailleul, au nom d'une commissson spéciale" (Lond. 1799), welche die gegen ihn wegen royalistischer Umtriebe erhobene Anklage schlagend widerlegte. Nach dem Staatsstreich des 18. Brumaire (9. Nov. 1799) vom Ersten Konsul Bonaparte zurückgerufen, wurde C. Direktor des Kriegsmaterials und im Mai 1800 an Berthiers Stelle Kriegsminister, in welcher Stellung er Ordnung und Sparsamkeit in die Administration einführte. Nach dem Frieden (1801) nahm er den Abschied und ward 1802 zum Mitglied des Tribunats ernannt. Hier stimmte er gegen das lebenslängliche Konsulat und sprach dann auch allein gegen Bonapartes Erhebung auf den erblichen Kaiserthron. Unbeugsam verharrte er bei seinen republikanischen Grundsätzen, kehrte nach der Aufhebung des Tribunats in seine Heimat zurück und lebte hier eingezogen. Erst sieben Jahre später erhielt er eine Pension von 10,000 Frank. 1814 bot er Napoleon wieder seine Dienste an und ward zum Gouverneur von Antwerpen ernannt, das er bis nach dem Sturz des Kaisers behauptete. Von Ludwig XVIII. kalt empfangen, zog er sich zurück, verfaßte jedoch eine Denkschrift, die allein in des Königs Hände kommen sollte, aber wider seinen Willen unter dem Titel: "Mémoire adressé au roi en juillet 1814, etc." erschien. Die Polizei überwachte ihn, besonders nach Napoleons Landung, aufs strengste. Napoleon ernannte ihn nach seiner Rückkehr von Elba zum Minister des Innern, zum Grafen und Pair des Reichs, darauf zum Kommandeur und endlich zum Großoffizier der Ehrenlegion. Nach der Schlacht bei Waterloo bekämpfte er vergeblich Napoleons Abdankung und trat dann in die provisorische Regierung, zog sich nach der Rückkehr der Bourbonen zurück, wurde von der Regierung zu Blois unter polizeiliche Aufsicht gestellt und entfloh daher über die Niederlande und Deutschland nach Warschau. Auch von den Kammern verbannt und angewiesen, sich nach Preußen zu begeben, wählte er Magdeburg zum bleibenden Aufenthaltsort, wo er in stiller Zurückgezogenheit den Wissenschaften und der Erziehung seiner Söhne lebte und 3. Aug. 1823 starb. Als Schriftsteller war C. vorzugsweise im historisch-politischen und im mathematisch-militärischen Fach und außerdem als Dichter thätig. Seine berühmtesten Werke sind: "Éloge de Vauban" (Lyon 1783); "Essai sur les machines en général" (das. 1784, neue Aufl. 1810); "OEuvres ^[Œuvres] mathématiques" (Bas. 1796); "Réflexions sur la métaphysique du calcul infinitésimal" (Par. 1797, 4. Aufl. 1860; deutsch von Hauff, Frankf. a. M. 1800); "Traité de la corrélation de figures de géométrie" (Par. 1801); "Géométrie de position" (das. 1801; deutsch von Schuhmacher, Altona 1808-10, 2 Tle.); "De la défense des places fortes" (Par. 1809, 3 Bde.; 3. Aufl., das. 1812; deutsch von Bressendorf, Stuttg. 1820), wozu nachträglich erschien: "Mémoire sur la fortification primitive, pour servir de suite au traité de la défense des places fortes" (Par. 1823). Auch schrieb er ein komisches Heldengedicht: "Don Quichote" (Leipz. 1820). Seine Memoiren wurden von seinem Sohn Hippolyte herausgegeben (Par. 1861-64, 2 Bde.). Vgl. "Correspondance de Napoléon Buonaparte avec le comte C., pendant les cent-jours" (Par. 1819); Arago, Biographie de C. (das. 1850); Picaud, C., l'organisateur de la victoire (das. 1885).

2) Nicolas Léonard Sadi, Sohn des vorigen, geb. 1. Juni 1796 zu Paris, trat 1812 in die polytechnische Schule und 1814 in das Geniekorps, wurde aber seiner politischen Gesinnung wegen erst 1826 zum Kapitän befördert, nahm 1828 seinen Abschied und starb 24. Aug. 1832 an der Cholera. Seine Arbeiten über die dynamische Theorie der Wärme sind in den "Réflexions sur la puissance motrice du feu et sur les machines propres à développer cette puissance" (Par. 1824) enthalten. Er wies darin nach, daß die in der Dampfmaschine geleistete Arbeit der Menge der aus dem Kessel in den Kondensator überfließenden Wärme proportional ist, und daß die Wärme überhaupt nur Arbeit leisten könne bei dem Übergang von

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]