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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Carocha; Carole; Carolina; Carolina, La; Carolini libri; Carolus

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Carocha - Carolus.

eines Professors der Philosophie, studierte auf der École normale zu Paris, lehrte darauf Philosophie in den Lyceen von Angers, Rennes, Rouen und an der Litteraturfakultät zu Douai und kam 1857 als Konferenzmeister wieder an die Normalschule. Zehn Jahre später wurde er Professor an der Sorbonne, bald darauf Mitglied der moralischen und politischen Wissenschaften und 1876 Mitglied der Académie française. Seine philosophische Lehre ist die eines milden, nach den Bedürfnissen der Zeit gedämpften, aber, wenn es opportun erscheint, auch unversöhnlich strengen Spiritualismus; er ist überhaupt der Diplomat unter den französischen Philosophen, der sich unter allen Regimes glücklich auf der Oberfläche zu erhalten gewußt hat. Seine Mittwochsvorlesungen in der Sorbonne ziehen mit den besten Fastenpredigern von Notre Dame um die Wette die "wohlgesinnten" Damen der adligen Faubourgs an. Seine schriftstellerische Laufbahn begann mit dem Werk "Saint-Dominique et les dominicains" (1850) und mit einer unter dem Pseudonym Saint-Hermel erschienenen "Vie de Pie IX". Dann folgten: "Le Mysticisme au XVIII. siècle" (1852-54), eine Darstellung der Lehre des Mystikers Saint-Martin; "L'idée de Dieu et ses nouveaux critiques" (1864, 7. Aufl. 1883); "La philosophie de Goethe" (1866); "Le matérialisme et la science" (1868, 4. Aufl. 1883); "Les jours d'épreuve", eine Gelegenheitschrift über die Ereignisse von 1870/71 (1872); "Problèmes de morale sociale" (1876); "Le pessimisme au XIX. siècle" (1878); "Les femmes au XVIII. siècle" (1881); "La fin du XVIII. siècle" (1881, 2 Bde.); "M. Littré et le positivisme" und viele Beiträge für Zeitschriften, die zum Teil gesammelt erschienen als "Études morales sur le temps présent" (1855, 4. Aufl. 1879) und "Nouvelles études" (1869, 2. Aufl. 1879). Pailleron hat in dem bekannten Lustspiel "Le monde ou l'on s'ennuie" die Gestalt des süßlichen Philosophen und Salonhelden C. für die Mit- und Nachwelt gezeichnet.

3) Jakob, deutscher Geschichtschreiber, geb. 2. Febr. 1836 zu Gnesen von jüdischen Eltern, studierte in Berlin und Leipzig und erhielt, durch das Buch "Das Interregnum Polens im Jahr 1586, oder die Häuser Zborowski und Zamojski" (Gotha 1861) bekannt geworden, die Fortsetzung der von Röpell begonnenen Geschichte Polens in der Heeren-Ukertschen Sammlung (Band 2-4, 1300-1455, Gotha 1865-75) übertragen. Nachdem er im Interesse dieser Arbeit 1862 Galizien und Südrußland bereist, habilitierte er sich 1863 als Dozent in Jena, folgte darauf 1864 einer Einladung der Großfürstin Helene von Rußland und begleitete dieselbe auf einer Reise nach dem Süden und dann nach Petersburg. Nach Jena zurückgekehrt, wurde C. daselbst außerordentlicher Professor und folgte dann 1868 einem Ruf als Professor nach Breslau. Er schrieb ferner: "Johannes Longinus. Ein Beitrag zur Litteraturgeschichte" (Jena 1863); "Liber cancellariae Stanislai Ciolek. Ein Formelbuch der polnischen Königskanzlei aus der Zeit der hussitischen Bewegung" (Wien 1872-74, 2 Bde.); "Lessing und Swift, Studien über Nathan den Weisen" (Jena 1869); "Aus der Kanzlei Kaiser Siegmunds" (Wien 1879); "Das Bündnis zu Canterbury" (Gotha 1880); "Beata und Halszka" (Bresl. 1880) u. a.

Carocha (portug., spr. -röscha; span. Coroza), eine hohe, cylinderförmige Ketzermütze aus Papier oder Pappe, mit allerlei Teufelsgestalten darauf, welche die von der Inquisition zum Feuertod Verurteilten während des Autodafees trugen; vgl. Sanbenito.

Carole (franz., spr. -oll, v. mittellat. carola), ehemals der Reihen- und Rundtanz, bei dem die Tanzenden, sich bei den Händen haltend, einen Kreis bildeten und mehr herumgingen, als eigentlich tanzten. Die Liedchen, die man dabei sang, hießen ebenfalls Caroles oder Chansons de carole. Auch in England nannte man anfangs ähnliche Tänze und Tanzlieder Carols; erst später gebrauchte man das Wort für geistliche Jubelgesänge (z. B. Christmas carols). Ebenso hieß in Italien diese Tanzweise la Carola, unter welchem Namen sie schon bei Boccaccio erwähnt wird.

Carolina, abgekürzt für Constitutio C. criminalis, Kaiser Karls V. Halsgerichtsordnung (s. d.).

Carolina, Landschaft im östlichen Teil der Vereinigten Staaten von Nordamerika, wurde schon 1497 von Sebastian Caboto entdeckt, aber erst 1512 von dem spanischen Statthalter Ponce de Leon im Namen Kaiser Karls V. in Besitz genommen und Florida genannt. Nachdem mehrere Kolonisationsversuche der Spanier mißlungen waren und dieselben das Land verlassen hatten, setzten sich die Franzosen 1562 daselbst fest und nannten das Land zu Ehren ihres Königs Karl IX. C., wurden indessen von den Spaniern bald wieder vertrieben, worauf das Land ohne Niederlassung blieb, bis König Karl II. von England durch Patent vom 24. März 1660 alles Land zwischen 34 u. 36° nördl. Br. als ein Lehen vom königlichen Schloß Greenwich an acht Briten verlieh, welche nun Pflanzer aus Narsemond in Virginia dahinführten und auf der Ostseite des Chowan den Ort Albemarle gründeten. Die vom Philosophen Locke 1670 für die Kolonie entworfene Konstitution erwies sich als so unpraktisch, daß sie, nachdem ein Pflanzeraufstand ausgebrochen war, wieder aufgehoben und durch eine andre ersetzt werden mußte. 1729 nahm die britische Regierung ihr Verleihungspatent gegen Zahlung einer Entschädigungssumme von 17,500 Pfd. Sterl. zurück und teilte das Land in zwei Kolonien, Nord- und Südcarolina, wovon jede einen besondern Statthalter und Rat erhielt. Volksmenge und Wohlstand nahmen hier so zu, daß beide Kolonien 1769 sich unter den ersten mit gegen die Regierung des Mutterlandes auflehnen und nach dem Sieg der Revolution als besondere Staaten in die Union eintreten konnten. S. Nordcarolina und Südcarolina.

Carolina, La, Bezirksstadt in der span. Provinz Jaen (Andalusien), im S. der Sierra Morena, mit Tuch- und Leinweberei und (1878) 7782 Einw., ist die wichtigste der unter Karl III. (1769) daselbst gegründeten schwäbischen Kolonien. In der Nähe das durch seine Schlacht berühmte Dorf Navas de Tolosa (s. d.).

Carolini libri (lat., Karolinische Bücher), eine auf Veranlassung Karls d. Gr. in vier Büchern verfaßte Schrift zur Beantwortung und Widerlegung der vom Papst Hadrian I. eingesandten Akten des zweiten nicäischen Konzils und seiner Lehre von der Bilderverehrung. Sie hat der Frankfurter Synode 794 vorgelegen. Die Polemik darin ist weitschweifig und rücksichtslos, gibt aber interessante Aufschlüsse über die damalige Lehre der fränkischen Kirche über Heiligenverehrung, Trinität u. a.

Carolus (C.-Dollar, C.-Piaster), der ältere spanische oder Säulenpiaster (s. d.), insbesondere der unter Karl III. und Karl IV. geprägte Piaster. Die vor 1772 geprägten waren gesetzmäßig 4,4318 deutsche Goldmark, die nach dem Gesetz von 1772 geprägten 4,3979 Mk. Diese ältern spanischen Piaster sind meist nach Afrika, Ostindien und namentlich nach China und Japan ausgewandert, wo sie C., auch Alt-^[folgende Seite]

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