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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Cercina - Ceres.

Cercina, kleine Insel an der afrikanischen Küste, am Eingang der Kleinen Syrte, bekannt dadurch, daß E. Marius, als er durch Sulla aus Rom vertrieben worden war, den Winter 88-87 v. Chr. sich dort aufhielt. Heute Kerkena.

Cercis L. (Judasbaum, Judaslinde), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, Sträucher und Bäume mit einfachen, herzförmigen Blättern, welche erst nach den büschelförmigen, roten oder weißen Blüten hervorbrechen. Drei in Kanada, China und Südeuropa heimische Arten. C. Siliquastrum L., ein mäßig hoher Baum mit nierenförmigen, langgestielten, glatten Blättern, schönen roten oder weißen, zahlreichen Blüten in dichten Büscheln und fingerlangen, breiten, rötlichen Hülsen mit linsenförmigen Samen, wächst in Südeuropa und im Orient an sonnigen Stellen, an den Ufern der Bäche, gedeiht aber auch bei uns und erträgt, wenn er über die erste Jugend hinaus ist, die härtesten Winter; mit seinen im März oder April erscheinenden Blüten bildet er eins unsrer reizendsten Gehölze. Die scharf schmeckenden Blütenknospen werden in Essig eingelegt und wie Kapern genossen, das grün und schwarz geäderte Holz (Cercisholz) nimmt eine gute Politur an und wird von den Tischlern gesucht. Die Türken pflanzen den Baum auf ihre Totenäcker. An diesem Baum soll sich Judas Ischariot erhängt haben. C. canadensis L., in Virginia und Kanada, dem vorigen sehr ähnlich, hat festes, grün geädertes Holz, welches sich vortrefflich zu Tischlerarbeiten eignet, und ist ebenfalls eine Zierde unsrer Gärten.

Cercle (franz., spr. sserkl), Zirkel, Kreis; vornehmer Gesellschaftskreis, besonders die Hofgesellschaft.

Cercopithecus, Meerkatze.

Cercottes (spr. sserkott), franz. Dorf, 6 km nördlich von Orléans, an der Eisenbahn, denkwürdig durch den heftigen Kampf, der 4. Dez. 1870 zwischen dem 9. deutschen Korps und der französischen Loirearmee daselbst stattfand.

Cerda, de la, span. Adelsfamilie, gegründet von Fernando de la C., ältestem Sohn Alfons' X., Königs von Kastilien und Leon, C. genannt von einem Haarbüschel (cerda, span., s. v. w. Pferdehaar), den er auf der Schulter hatte. Er heiratete 1269 eine Tochter Ludwigs IX. und starb auf einem Feldzug gegen die Mauren 1275. Seinen Söhnen Fernando und Alfonso de la C. entriß 1284 der jüngere Bruder, Sancho IV., die königliche Gewalt. Sie entsagten endlich gegen Entschädigung dem Thron, und Alfonso ging nach Frankreich zu Philipp dem Schönen, der ihn mit der Baronie Lunel belehnte und zum Statthalter von Languedoc ernannte. Von ihm und seiner Gemahlin, Gräfin Mahaut von Clermont, stammt das Haus Medina-Sidonia. Sein ältester Sohn, Louis de la C., berühmter französischer Seeheld, zeichnete sich zuerst in den Kriegen Philipps des Schönen gegen England aus, ward dann Admiral, kämpfte siegreich gegen England, z. B. bei Guernsey und Morbihan, und ward 1344 vom Papst zum Fürsten der Kanarischen Inseln ernannt.

Cerdagne (spr. -dannj, span. Cerdana), Landschaft in den östlichen Pyrenäen, spanischerseits zu den Provinzen Barcelona, Gerona und Lerida (mit der Hauptstadt Puycerda), französischerseits zum Departement Ostpyrenäen (mit dem Hauptort Mont-Louis) gehörend. C. war in alten Zeiten Wohnsitz der Cerretaner, die sich schon früh durch ihre bedeutende Viehzucht (namentlich Schweine) auszeichneten und mit Schinken und geräuchertem Fleisch ausgebreiteten Handel trieben. Cäsar erteilte ihnen das römische Bürgerrecht, und Augustus erweiterte ihr Gebiet bis zum Lande der Vaskonen. Später ward die C. mit der Grafschaft Barcelona vereinigt. Der französische Teil der C. kam mit der Grafschaft Roussillon im Pyrenäischen Frieden 1659 an Frankreich.

Cerealia (Cereris ludi), die zu Ehren der Ceres (s. d.), der Göttin des Ackerbaues, gefeierten Spiele und Feste.

Cerealien (lat., "Gaben der Ceres"), alle den Gramineen angehörigen Nutzpflanzen, welche ihres Samens wegen zur Nahrung der Menschen und Haustiere angebaut werden. Vgl. Getreide.

Cerealin, angeblich ein Bestandteil der Samenschale der Getreidekörner, welche die dunkle Färbung des aus nicht gesiebtem Mehl bereiteten Brots bewirken soll.

Cerealis, Quintus Petilius, röm. Feldherr, führte unter Kaiser Vespasian den Oberbefehl gegen die unter Civilis aufgestandenen und längere Zeit siegreichen Bataver und besiegte diese nach längern Kämpfen. Er war darauf Statthalter von Britannien und bewies als solcher große Tüchtigkeit.

Cereawachs, s. Copernicia.

Cerebellum (lat.), das Kleinhirn (s. Gehirn).

Cerebral, auf das Gehirn (cerebrum) bezüglich; Cerebralaffektion, Gehirnleiden.

Cerebralsystem (lat.), derjenige Teil des gesamten Nervensystems, welcher das Gehirn und die von demselben ausgehenden oder in dasselbe mündenden Nerven begreift. Das C. und das Spinalsystem (das Rückenmark und die von demselben ausgehenden Nerven) zusammen nennt man Cerebrospinalsystem.

Cerebrospinalflüssigkeit, s. Seröse Flüssigkeiten.

Cerebrospinalmeningitis, s. v. w. Genickkrampf.

Cerebrospinalsystem, s. Cerebralsystem.

Cerebrum (lat.), das Gehirn.

Ceremoniale Romanorum (lat.), Beschreibung des am päpstlichen Hof üblichen Zeremonielle, vom päpstlichen Zeremonienmeister auf Befehl Innocenz' VIII. (1484-92) verfaßt (hrsg. von Ch. Marcellus, Vened. 1516).

Ceremonie, s. Zeremonie.

Cereopsis, s. Gänse.

Ceres (wahrscheinlich s. v. w. die Schaffende), eine altitalische Göttin des Ackerbaues, die in Rom jedoch sehr bald mit der griechischen Demeter (s. d.) verschmolz. Der Kultus der letztern wurde unter dem einheimischen Namen zusammen mit dem des Dionysos (Liber) und der Persephone (Libera) 496 v. Chr. bei einer Hungersnot auf Anordnung der Sibyllinischen Bücher eingeführt. Derselbe war so griechisch, daß der 493 am Abhang des Aventin über dem Eingang zum Zirkus geweihte Tempel nach griechischer Weise und von griechischen Künstlern aufgeführt und der Dienst der Göttin von italischen Griechinnen in griechischer Sprache und mit völliger Anlehnung an die griechische Sage der Demeter und Persephone versehen wurde. Die Göttin wurde fast ausschließlich von den Plebejern verehrt. Ihr Tempel stand unter der Aufsicht der plebejischen Ädilen, die als Aufseher des Kornmarktes in oder bei demselben ihr Amtslokal hatten; die von ihnen auferlegten Strafgelder fielen dem Heiligtum zu, ebenso das Vermögen derer, die sich gegen sie und die Volkstribunen vergangen hatten. An den mit der Gründung des Tempels eingesetzten Festspielen der C. (ludi Cereris oder Cerialia), die später vom 12. bis 19. April und zwar gleichfalls von den Ädilen gegeben wurden, bewirteten sich die Plebejer gegenseitig, wie an den Megalesien (s. d.) vom 4. bis 10. April die Patrizier. Ein andres, schon vor

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