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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Chamberlain; Chambers

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Chamberlain - Chambers.

Chamberlain (engl., spr. tschämberlen), Kammerherr; Lord C. (Oberkammerherr), hoher Würdenträger in England, Vorsteher des königlichen Hofstaats.

Chamberlain (spr. tschamberlen), 1) Sir Deville Bowles, brit. General, geb. 18. Jan. 1820 zu Rio de Janeiro, wo sein Vater englischer Generalkonsul und Geschäftsträger war, trat 1836 in die indische Armee ein, machte als Subalternoffizier den ersten Krieg gegen Afghanistan mit, ward 1842 zur Leibgarde des Generalgouverneurs von Indien versetzt und 1843 einer der Stellvertreter des Generalquartiermeisters. 1848 wurde er Adjutant des Lords Dalhousie und kommandierte ein irreguläres Kavallerieregiment im Pandschab. Während des indischen Aufstandes fungierte C., inzwischen zum Obersten avanciert, als Generaladjutant der bengalischen Armee und wurde beim Ausfall aus Dehli 18. Juli 1855 schwer verwundet. Er zeichnete sich dann in den Kämpfen gegen die Bergstämme aus, ward 1872 Generalleutnant, 1875 Mitglied des Regierungsrats von Madras und erhielt in demselben Jahr das Kommando der Armee von Madras. 1878 wurde er zum Chef der englischen Gesandtschaft nach Kabul ernannt, die 21. Sept. von einem Offizier des Emirs Schir Ali zur Umkehr genötigt wurde.

2) Joseph, engl. Staatsmann, geb. 1836 zu London, erzogen in der University College School daselbst, war anfangs in einem von seinem Vater begründeten großartigen Fabrikgeschäft in Birmingham thätig, zog sich aber 1874 nach dem Tod seines Vaters von den Geschäften zurück und widmete sich der politischen Laufbahn. In Birmingham war er schon früh wegen seiner radikalen Gesinnungen und seiner fließenden Beredsamkeit zu lokaler Berühmtheit gelangt; seit 1868 war er Mitglied des Stadtrats, später Alderman und 1874-76 drei Jahre hintereinander Bürgermeister (Mayor) der Stadt. Namentlich in Unterrichtsfragen war er thätig und verfocht seine Ansichten, die auf Entstaatlichung der Kirche und gesetzliche Einführung des Schulzwanges und des Laienunterrichts hinausgingen, sowohl schriftstellerisch in mehreren Aufsätzen in der "Fortnightly Review" wie in der Schulbehörde seiner Vaterstadt und als Präsident der Nationalen Erziehungsliga. 1874 trat er in Sheffield als Bewerber um einen Parlamentssitz auf, wurde aber von Roebuck geschlagen. Im Juni 1876 aber ward er in Birmingham ins Unterhaus gewählt und wurde hier bald einer der Führer der radikalen Partei. Nach dem Wahlsieg der Liberalen im April 1880, welchen C. an der Spitze des "Caucus" besonders betrieben hatte, wurde er von Gladstone als Präsident des Handelsamts in das neugebildete Ministerium berufen. In demselben vertrat C. die am meisten nach links gehenden Anschauungen und verlangte insbesondere die Aufhebung der Zwangsmaßregeln gegen Irland. Im Juni 1885 trat er mit Gladstone von seinem Amt zurück.

Chambers (spr. schehmbers), 1) Ephraim, Herausgeber und größtenteils auch Verfasser eines der ersten encyklopädischen Wörterbuchs der Künste und Wissenschaften, geboren um 1680-85 zu Kendal in Westmoreland, faßte als Handwerkslehrling den Plan zu seiner "Cyclopaedia, or universal dictionary of arts and sciences", die zuerst zu London in 2 Bänden erschien und Geographie und Geschichte ausschloß. C.' Streben fand Anerkennung, man ernannte ihn zum Mitglied der Royal Society, und er erlebte noch drei Auflagen des Buches. Mit der siebenten erschienen zwei Supplementbände. Die beste Ausgabe kam 1778-85 und 1786 in 5 Bänden heraus. Außerdem hatte C. an dem "Litterary Magazine" teil und an der abgekürzten Übersetzung der Memoiren der Akademie der Wissenschaften zu Paris: "Philosophical history and memoirs of the Royal Academy of Sciences at Paris" (1742, 5 Bde.). Er starb um 1740 in Canonbury House bei Islington. In anbetracht der Schwierigkeiten, welche C. damals bei der alphabetischen Zusammenstellung aller Gegenstände des menschlichen Wissens zu überwinden hatte, ist sein Verdienst nicht gering anzuschlagen.

2) Sir William, engl. Architekt und Gartenkünstler, aus dem alten schottischen Geschlecht der Chalmers oder C., geboren um 1726 zu Stockholm, kam 1728 nach England, wo er in Ripon (Yorkshire) erzogen wurde. Mit 16 Jahren trat er in den Dienst der Schwedisch-Ostindischen Kompanie und kam so nach China. Hier studierte er die chinesische Bau- und Gartenkunst und ward nach seiner Heimkehr für lange Zeit in beiden Tonangeber in England. Er wurde Zeichenlehrer des Prinzen von Wales, des nachmaligen Königs Georg III., und bethätigte seine eigentümliche Geschmacksrichtung in der Umgestaltung der königlichen Gärten von Kew. Die Zeitgenossen erhoben allerdings ihre Stimme gegen den "Pagodengeschmack", der Hof dagegen huldigte ihm, und die berühmtesten Akademien Europas ernannten C. zu ihrem Mitglied. Mit Ehren überhäuft, starb er als Generalkontrolleur in Bausachen 8. März 1796 und wurde im Poetenwinkel der Westminsterabtei beigesetzt. C.' litterarische und Kunstprachtwerke sind: "Designs for chinese buildings" (Lond. 1757; franz., Par. 1776); "Treatise on civil architecture" (Lond. 1759, 1768); "Plans, elevations, section and perspectives of the garden and building of Kew in Surrey" (das. 1763, 2. Aufl. 1769); "Dissertation on oriental gardening, dissertation sur le jardinage de l'Orient" (das. 1772; deutsch von S. F. Ewald, Gotha 1775); "Treatise on the decorative part of architecture" (3. Aufl., Lond. 1791). Zu den bedeutendsten Bauwerken C.' gehört das Somerset House, einer der großartigsten Paläste Londons.

3) William, schott. Buchhändler und Schriftsteller, geb. 16. April 1800 zu Peebles, begann, vom Glück anfangs keineswegs begünstigt, 1819 einen Buchhandel in Edinburg, dem er später eine Druckerei hinzufügte, gab 1827 das "Book of Scotland", eine Schilderung der öffentlichen Einrichtungen Schottlands, 1828 den "Gazetteer of Scotland" heraus und gründete darauf (1832) das seiner Zeit sehr berühmte und jetzt noch erscheinende "Chambers' Edinburgh Journal", womit er 1832 als Pionier jenes großen Zweigs englischen Schriftentums auftrat, welcher in wohlfeilen, dem Parteitreiben fern stehenden Zeitschriften allgemeine Bildung zu verbreiten bezweckt. Der Erfolg des Unternehmens wurde durch die zahlreichen moralphilosophischen und humoristischen Beiträge seines Bruders Robert wesentlich gefördert, und von dieser Zeit an verband sich C. mit dem letztern zu gemeinsamer Thätigkeit als Verleger und Schriftsteller (s. unten). Durch seine geschäftlichen Erfolge allmählich auch mit Glücksgütern gesegnet, erwarb er sich 1849 ein Landgut (Glenormistan) in der Nähe von Peebles und gründete daselbst 1859, ebenfalls zu dem Zweck der Volksbildung, eine Anstalt, die "Chambers Institution" (mit umfangreicher Bibliothek, Lesezimmer, Museum, Bildergalerie und Vortragshalle), die er in der Folge seiner Vaterstadt zum Geschenk machte. Seine spätern Werke sind: "Things as they are in America" (1853), welches Buch, gegenüber den von Dickens nach sei-^[folgende Seite]

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