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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Chemnitz; Chemnitzer; Chemsin; Chemulpo; Chenavard

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Chemnitz - Chenavard.

und ist (Chemn. 1823); K. Limmer, Geschichte des gesamten Pleißnerlandes (Gera 1830-31, 2 Bde.); "Urkundenbuch der Stadt C." (hrsg. von Ermisch, Leipz. 1879); die "Mitteilungen des Vereins für Chemnitzer Geschichte" (seit 1876).

Chemnitz, 1) Martin, der bedeutendste luther. Theolog aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., geb. 1522 zu Treuenbrietzen in der Mittelmark, mußte das Studium der Mathematik und Astrologie dreimal durch Annahme einer Schulstelle unterbrechen, um die Mittel zur Fortsetzung desselben zu gewinnen. Als er Königsberg, wo er seit 1549 sich der Theologie zugewandt hatte, infolge seiner Parteinahme gegen Osiander verlassen mußte, siedelte er 1553 nach Wittenberg über und wurde 1554 Pfarrer und 1567 Superintendent in Braunschweig. Sein theologischer Ruhm gründet sich auf sein Hauptwerk: "Examen concilii Tridentini" (1565-73, 4 Bde.; neu hrsg. von E. Preuß, Berl. 1862). Einflußreich war seine Thätigkeit bei der Feststellung des lutherischen Lehrbegriffs. In Königsberg verfaßte er mit Mörlin 1567 das "Corpus doctrinae Pruthenicum", in Wittenberg seine "Loci theologici" (hrsg. von Leyser, 1591), in Braunschweig 1569 das "Corpus doctrinae Julium" und beteiligte sich an der Abfassung der Konkordienformel. Er starb 8. April 1586. Vgl. Lentz, Dr. Martin C. (Gotha 1866); Hachfeld, Martin C. nach seinem Leben und Wirken, insbesondere nach seinem Verhältnis zum Tridentinum (Leipz. 1867).

2) Philipp Bogislaw von, Geschichtschreiber, Enkel des vorigen, geb. 9. Mai 1605 zu Stettin, trat 1627, nachdem er in Rostock und Jena die Rechte studiert hatte, in holländische, dann in schwedische Kriegsdienste, ward von der Königin Christine 1644 zum Rat und deutschen Reichshistoriographen ernannt, 1648 geadelt, 1675 Hofrat und starb im Februar 1678 auf seinem Gut Hallstad in Schweden. Er schrieb unter dem Pseudonym Hippolytus a Lapide: "Dissertatio de ratione status in imperio nostro romano-germanico" (Freist. 1640, 2. Aufl. 1647), worin er unter leidenschaftlichen Angriffen auf das Haus Habsburg die zu weit ausgedehnten kaiserlichen Gerechtsame in ihre Schranken zurückwies und einer freiern Behandlung des Staatsrechts Bahn brach. Sein Geschichtswerk "Der königlich schwedische in Deutschland geführte Krieg" (neu hrsg. Stockh. 1855-59, 6 Bde.) ist wegen der ausführlichen Darstellung der Kriegsgeschichte und des zahlreichen wertvollen Urkundenmaterials eine wichtige Quelle zur Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs; es reicht bis 1636, wozu eine Darstellung der Feldzüge Torstenssons 1641-46 kommt. C. selbst hat nur den ersten und zweiten Teil, 1630-36, herausgegeben (Stettin 1648 u. Stockh. 1653).

3) Matthäus Friedrich, der Dichter des Liedes "Schleswig-Holstein meerumschlungen", geb. 10. Juni 1815 zu Barmstedt, studierte die Rechte, ließ sich als Advokat in Schleswig nieder, führte später eine Zeitlang die Redaktion der "Hamburger Nachrichten" und starb 14. April 1870 in Altona. Das oben genannte, in den Jahren 1848-49 und wieder 1863-64 in ganz Deutschland gesungene Lied wurde 1844 in den "Itzehoer Nachrichten" veröffentlicht, von dem Organisten C. G. Bellmann komponiert und auf dem Sängerfest zu Schleswig 24. Juli 1844 zum erstenmal vorgetragen.

Chemnitzer, Iwan Iwanowitsch, russ. Fabeldichter, geb. 5. Jan. (a. St.) 1745 zu Jenotajewsk im Gouvernement Astrachan, wo sein Vater, der aus Freiberg in Sachsen gebürtig war, die Stelle eines Stabsarztes innehatte, siedelte mit diesem 1755 nach Petersburg über und wurde gleichfalls für die medizinische Karriere bestimmt, trat jedoch 1757, noch nicht dem Knabenalter entwachsen, in den Militärdienst und machte den preußischen und türkischen Feldzug mit. Im J. 1769 verließ er die Militärkarriere und ward Hüttenverwalter bei dem Petersburger Bergkadettenkorps, bereiste dann 1776 Deutschland, Frankreich und Holland, nahm 1781 als Kollegienrat seinen Abschied, ging jedoch im folgenden Jahr als Generalkonsul nach Smyrna, wo er in Melancholie verfiel und 20. März 1784 starb. Als Dichter ein Schüler Lomonossows, zugleich aber auch ein Verehrer Gellerts und Lafontaines, übertraf er den russischen Dichter an Einfachheit der Süjets und der Sprache wie an Wärme der Diktion und Natürlichkeit der Gedanken. Selbst Dmitrijew und Krylow, wiewohl sie ihn an Geschmeidigkeit des Versbaues, Schwung und scharfer Zuspitzung der Gedanken übertrafen, konnten seine kindliche Naivität nicht in Schatten stellen. So ist C. noch gegenwärtig ein in seinem Vaterland vielgelesener Dichter, der aber erst nach seinem Tod Anerkennung gefunden hat. Seine "Fabeln und Erzählungen" erschienen zuerst anonym (1779), dann unter seinem wahren Namen und mit seiner Biographie (Petersb. 1799, 3 Tle.) und erlebten seitdem zahlreiche Auflagen. Zu den besten Ausgaben gehören die von Smirdin (Petersb. 1847) und die von J. ^[Jakov] Grot veranstaltete (mit den Briefen des Dichters, das. 1873).

Chemsin (arab., "die fünf Finger"), die fünf Tagesgebete der Mohammedaner.

Chemulpo (Ningseng, Jinsen), Hafenplatz an der Westküste von Korea, am südlichen Mündungsarm des Hanflusses, 40 km westlich von der Hauptstadt Soul, als dessen Hafen es gilt, wurde 1883 dem auswärtigen Handel eröffnet, der durch die Ansiedelung fremder, namentlich japanischer, Kaufleute so schnell wuchs, daß die Stadt unter den drei dem auswärtigen Handel geöffneten Hafen bereits die erste Stelle einnimmt, obschon bei dem außerordentlich hohen Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser (10 m) der Mangel an Schiffahrtszeichen und einer Landungsbrücke dem Verkehr sehr hinderlich ist. Die Einfuhr wertete 1883: 1,024,310, die Ausfuhr 382,804 Dollar; es liefen 32 Dampfer und 31 Segelschiffe ein. Die Anzahl der Ausländer betrug 482, darunter 400 Japaner, 72 Chinesen, 4 Russen, 3 Deutsche, je 1 Engländer, Holländer, Italiener. Dampferverbindung hat C. mit Fusan, Gensan, Nagasaki, Wladiwostok und Schanghai.

Chenavard (spr. sch'nawár), Paul Joseph, franz. Maler, geb. 9. Dez. 1808 zu Lyon, wohnte als achtjähriger Knabe der Hinrichtung zweier aufrührerischer Bonapartisten bei, wodurch die Grundlage zu seinem Haß gegen die Bourbonen gelegt wurde. Er wollte Mathematik studieren; als er aber 1825 nach Paris kam, fühlte er sich zur Malerei hingezogen und kam von Hersent zu Delacroix und von diesem zu Ingres, der dem schwankenden Talent des jungen C. eine Reise nach Italien anriet. Er ging 1827 nach Mailand, wo er die Köpfe des Abendmahls mit wunderbarer Geschicklichkeit kopierte, und von da nach Florenz, Rom und Venedig, überall mit dem größten Eifer arbeitend. Nach Paris zurückgekehrt, trat er im Stil der neuen Romantiker mit einem Luther auf dem Reichstag in Worms auf, der aber keinen Erfolg hatte. Nach einem abermaligen Aufenthalt in Italien, wo er den Plan faßte, die ganze Weltgeschichte in einem Cyklus großartiger philosophischer Kompositionen zu malen, beteiligte er sich 1833 an einer

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]